Hans Schärer
Madonnen
Hans Schärer (Bern 1927 – 1997 St. Niklausen Luzern) beschäftigt sich zwischen 1967 und 1981 obsessiv mit Madonnenbildern. Seine Madonnen sind Ausdruck archaischer Vorstellungen. Die «Madonnenphase» verhilft seinem Werk zu Bekanntheit und Anerkennung. Die Gleichsetzung von Künstler und Werk läuft sogar so weit, dass sie ihm einen eigenen Namen einträgt: der «Madonnenschärer». 1965 wird Schärer erstmals im Kunstmuseum Luzern in der Ausstellung «Junge Kunst» gezeigt. 1969 reiht ihn Jean-Christophe Ammann in die Ausstellung «Kunst der Abseitigen» ein. Das neue Kunstmuseum Luzern richtet den Blick nun auf die Madonnenbilder. Die konzentrierte Auswahl macht die differenzierte Andersartigkeit und auratische Ausstrahlung jeder einzelnen Madonna im versammelten Ensemble augenfällig.
Die ersten Madonnenbilder entwickeln sich aus zeichenhaften, pastosen Materialbildern der 60er Jahre. Unmittelbarer Anlass zur Beschäftigung mit dem Thema war ein Besuch in Torcello und der Kirche Santa Maria Assunta. Das Apsismosaik der Madonna auf Goldgrund wirkt beeindruckend und hinterlässt Spuren. Die Schärermadonnen stellen jedoch nicht etwa die heilige Gottesmutter dar, sondern verkörpern Urbilder. Heidnische oder mythologische Frauenfiguren klingen an: Gorgonen, Hekaten, Astarten, Medusen. Es ist wichtig zu betonen, dass zeitgleich mit den Madonnen auch ein bedeutendes Œuvre auf Papier entsteht. Nach den Madonnen gibt sich Schärers Werk erzählerischer und ausufernder. Diese Zäsur in Schärers Gesamtwerk bedeutet einen Aufbruch in formal freieres Terrain.