Der am 4. August 1836 geborene Niklaus Pfyffer von Altishofen entstammt einer angesehenen Luzerner Patrizierfamilie. Sein Berufswunsch Maler werden zu wollen, wird von dessen kunstaffinem Vater – er ist Mitglied im Vorstand der Kunstgesellschaft Luzern und in der Freizeit malerisch tätig – bereitwillig unterstützt. Nach Abschluss der Realschule 1855 ermöglicht er seinem Sohn ersten Zeichen- und Malunterricht beim bekannten Innerschweizer Alpenmaler Jakob Josef Zelger (1812–1885), dessen seit 1858 bezogenes Atelier neben dem Grandhotel Schweizerhof sich zu einem mondänen Treffpunkt kunstinteressierter Touristen entwickelt. 1856 begibt sich Pfyffer durch Vermittlung seines Lehrmeisters nach Genf zu Alexandre Calame (1810–1864), wo er hauptsächlich mit der Anfertigung von Kopien nach Gemälden und Studien beschäftigt ist. In der Zeitspanne von 1859 bis 1862 besucht Pfyffer die Klasse für Landschaftsmalerei unter der Leitung des Direktors Johann Wilhelm Schirmer an der Karlsruher Kunstschule. Im darauf folgenden Jahr studiert er an der Akademie in Düsseldorf, einer der führenden Malschulen Deutschlands. Pfyffer kehrt 1863 mit einem gut bepackten akademischen Rucksack in seine Geburtsstadt zurück und richtet ein eigenes Atelier ein.
Der Vierwaldtstättersee mit seiner umliegenden Umgebung gehört zu den bevorzugtesten Motiven innerhalb Pfyffers Kunstschaffen. Die in warmen Tönen gehaltenen, atmosphärisch aufgeladenen und auf wenige Staffage-Figuren reduzierten Landschaftsbilder erfreuen sich bei den Touristen, welche ein gemaltes Souvenir ihres Zentralschweizer Besuches mit nach Hause nehmen wollen, grosser Beliebtheit. Dies erklärt, warum sich die Mehrheit der Pfyffer’schen Werke in ausländischem Besitz befinden. Parallel zu den bei Schweizer Reisenden Anklang findenden Ansichten entstehen einige Gemälde mit unprätentiösen Landschaftssujets, die sich topographisch nicht benennen lassen.
Über seine veräusserten Arbeiten führt der Maler akribisch Buch. In Pfyffers „Verzeichnis verkaufter Bilder“ (1860–1908), das für die Rekonstruktion seines Oeuvres ein unerlässlicher Fundus darstellt, finden sich nebst Bleistift- oder Tuschzeichnungen der jeweiligen Ölbilder auch Angaben zu Werknummer, Motiv, Preis und Käufer.
Zu den prominentesten Kunden zählt Königin Victoria von Grossbritannien (1819–1901), die nach langer Trauerzeit um ihren in jungem Alter verstorbenen Mann im Spätsommer 1868 den Entschluss fasst, eine einmonatige Reise in die Schweiz zu unternehmen. Während ihres Aufenthaltes logiert die britische Regentin mit ihrer Entourage in der von einem Landsmann geführten „Pension Wallis“ auf dem Gütsch, von wo aus sich ein unvergessliches Panorama über die Stadt Luzern, hin zur Rigi und den innerschweizerischen Alpen bietet. Fasziniert vom wunderbaren Ausblick tritt die Queen – jedoch erst knapp ein Jahr nach ihrer Abreise – mit der schriftlich formulierten Bitte an Pfyffer heran, er möge diesen in einem in Öl ausgeführten Albumblatt festhalten. Vom künstlerischen Können des Luzerners beeindruckt, lädt sie ihn 1874 nach Edinburgh ein, um dort das Schloss und die nähere Umgebung zu malen. Aufgrund einer Typhuserkrankung kann Pfyffer die Reise in den Norden allerdings nicht antreten. Der Kontakt zur englischen Krone bricht indes nicht ab: Als 49-Jähriger fertigt er in königlichem Auftrag sieben Ansichten in Albumformat aus der Gegend von Aix-les-Bains an, wo Victoria einen Teil ihres Frühjahrsurlaubes verbringt.
Obwohl sich Luzern als ausgesprochen lukrativer Standort für seine stimmungsreichen Landschaftsabbildungen erweist, verlegt Pfyffer 1871 für sieben Jahre den Wohnsitz nach München, wo er freundschaftliche Beziehungen mit künstlerisch tätigen Landsleuten, wie dem Genremaler Konrad Grob (1828–1904) sowie den bedeutendsten Deutschschweizer Vertretern des „paysage intime“ Otto Frölicher (1840–1890) und Adolf Stäbli (1842–1901), pflegt. In die Münchner Zeit fällt die 1875 stattfindende, standesgemässe Hochzeit mit Theresia Göldlin von Tiefenau, mit der Pfyffer sieben Kinder hat. Im Zeitraum von 1878 bis 1884 weilt er mit seiner Familie in Basel. Nebst seiner Tätigkeit als Maler tritt Pfyffer als Pädagoge in Erscheinung; er erteilt einigen Damen und Herren aus dem Basler Patriziat Unterricht im Zeichnen. Ab 1885 bis zu seinem Tod am 22. Mai 1908 lebt Pfyffer zurückgezogen in dem nicht unweit von Sursee gelegenen, sich in Familienbesitz befindenden „Schloss Buttisholz“.
Nebst seinem malerischen Schaffen zeigt Pfyffer ein ausgeprägtes Interesse für kulturpolitische Themen und Fragestellungen. Tatkräftig setzt er sich beispielsweise für die Realisierung von permanenten Ausstellungsräumen in Luzern ein. Pfyffers unermüdliches Engagement trägt Früchte: im Jahr 1873 überlässt die Stadt der Kunstgesellschaft Luzern das Erdgeschoss des Rathauses zur musealen Nutzung.
Aufgrund seiner zu einer süsslichen Stimmung hin tendierenden Werke mit repräsentativen Innerschweizer Landschaftsmotiven, die gänzlich dem damalig vorherrschenden touristischen Gusto entsprechen, gilt Pfyffer als eine der zentralen Repräsentanten der Luzerner Landschaftsmalerei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Obwohl ihm finanzieller Erfolg beschieden ist und ihm Ausstellungsmöglichkeiten im In- und Ausland zuteil werden – seine Gemälde sind zum Beispiel an der Internationalen Kunstausstellungen in London (1873), am Pariser Salon (1882) und an der Ersten Nationalen Kunstausstellung der Schweiz (1890) zu sehen – bleibt Pfyffer bis in die heutigen Tage die künstlerische Anerkennung über die engeren Grenzen seiner Heimat hinweg versagt.
Cathrine Fassbind
Gelfingen, Schloss Heidegg (Ausst.-Kat.), Niklaus Pfyffer - Landschaftsmaler der Königin Victoria, mit Beiträgen von André Rogger und Dieter Ruckstuhl, Gelfingen: Vereinigung Pro Heidegg, 2007
Zelger, Franz, "Niklaus Pfyffer", in: Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Robert Zünd in seiner Zeit, Luzern: Kunstmuseum Luzern, S. 245-253