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Josephine Troller, 33 Einträge

Josephine Frieda Margerithe Zwimpfer kommt am 21. Juni 1908 in Luzern zur Welt. Mit 16 Jahren beginnt sie, offenbar eher widerwillig, eine Berufslehre als Modistin. Erst 1946 kann sie ein eigenes Hutatelier in der Luzerner Altstadt eröffnen; bald darauf vermählt sie sich mit Otto Troller, der am Luzerner Theater als Sänger und Schauspieler engagiert ist. Im Jahre 1947 wird ihr Sohn Urs geboren. In dieser Zeit der privaten Veränderungen beginnt Josephine Troller mit dem Malen und Zeichnen. Von ihrer beruflichen Tätigkeit her mit gestalterischen Arbeiten vertraut, erhält sie Unterstützung von einem Freund. Dieser, ein Schüler des Tiefenpsychologen Carl Gustav Jung, schenkt ihr einen Malkasten und animiert sie zum künstlerischen Arbeiten, nachdem sie ihm von ihren Träumen erzählt. Der Künstler Max von Moos, Professor an der Kunstgewerbeschule Luzern – ein Freund des Ehepaars Troller – steht der ambitionierten Debütantin als Ratgeber zur Seite.

Schon in ihren künstlerischen Anfängen findet Troller zu einer eigenen Bildsprache: Zunächst vornehmlich abstrakt-flächig, später dann vor allem figurativ-perspektivisch, zeugen die Arbeiten auf Papier und auf Leinwand von einer Beharrlichkeit und vom Willen zu einem eigenständigen künstlerischen Ausdruck. Von einem „Frühwerk“, das lediglich als Vorstufe und Vorarbeit zu den späteren Werken Bedeutung erhält, lässt sich nicht eigentlich sprechen – verschiedene motivische und allgemein formale Muster verfolgt Josephine Troller während ihrer gesamten Schaffenszeit, beispielsweise das Motiv der Schlange und die vielfältigen „Rahmungen“. Jean-Christophe Ammann, damals Konservator des Kunstmuseums Luzern, präsentiert die Zeichnungen und Gemälde Trollers zum ersten Mal prominent 1970 in einer Doppelausstellung zusammen mit Werken Irma Ineichens. Anfangs meist mit dem pejorativ konnotierten Ausdruck „naive Kunst“ versehen, erhielten Trollers Arbeiten im Zusammenhang mit den Schlagworten „neue Innerlichkeit“ und „Mentalitätsraum Innerschweiz“, die eine Tendenz im lokalen Kunstschaffen hin zu „individuellen Mythologien“ bezeichnen sollten, grössere Anerkennung – jedoch wurde das Schaffen trotz dieser Wertschätzung nie über die Zentralschweiz hinaus rezipiert.

Eine „durch subjektive biographische Wertigkeiten und Erlebnisse geprägte Weltsicht, die stark auf emotionalen, metaphysischen Fundamenten gründet“ (Theo Kneubühler) vermitteln auch viele Werke Josephine Trollers. Manche Gemälde, die scheinbar eine phantastisch-märchenhafte Szenerie abbilden, präsentieren tatsächlich Ausschnitte aus Trollers unmittelbarer Lebenswelt, so zum Beispiel die Orgelpfeifen aus dem Luzerner Kongresshaus in KML 175x. Eine beträchtliche Anzahl von Bleistiftskizzen und Gemälden ab Anfang der 1950er Jahre zeigt fein skizzierte Landschaften, teils Ausblicke auf einen See, aber insbesondere Ansichten von kleinen Dörfern. Die Tessiner Gegend, wo Josephine Troller zu dieser Zeit ihren Familienurlaub verbringt, bildet die reale Vorlage für zahlreiche Darstellungen von Aussenräumen, in denen „Natur“ und „Kultur“ aufeinander treffen (vgl. KML 95.139y). Eine weitere Gruppe von Arbeiten präsentiert erkennbar künstlich angelegte Gartenparks, meist deutlich von der Umwelt isolierte begrünte und gelegentlich von Tieren bevölkerte Anlagen, die an den kunsthistorischen Topos des Paradiesgartens bzw. des „Hortus conclusus“ erinnern.

Der klar begrenzte Aussenraum wird in einem anderen wiederholt auftretenden Bildtyp im Werk von Josephine Troller zu einem streng zentralperspektivisch und symmetrisch angelegten Bühnenraum. Diese Bildordnung findet sich sowohl in querformatigen Ölgemälden und den entsprechenden diese vorbereitenden Bleistiftskizzen seit Ende der 1960er Jahre, als auch in zahlreichen kleinformatigen Kugelschreiberzeichnungen, die vornehmlich um 1973 und zu Beginn der 1980er Jahre entstehen. Die Deutung dieser Raumstruktur als Bühne liegt nicht nur wegen des biografischen Bezugs der Künstlerin zum Theater nahe – ihr Ehemann war Sänger am Luzerner Theater, ihr Sohn machte später Karriere als Theaterregisseur und Dramaturg – auch die „Inszenierung“, wie die Hervorhebung durch das Motiv des Rahmens, einer in Bildmitte auftretenden Figur oder eines Objekts – exemplarisch wäre die Blume oder der Blumenstrauss zu nennen – lassen an die theatrale Bühnensituation als Folie für diese Darstellungen denken (vgl. KML 175x).

Josephine Trollers spätere Selbst- und Fremdbildnisse, Arbeiten in Öl auf Leinwand, zeigen die dargestellte Person in Frontalansicht, meist als Brustbild oder Halbfigur, umgeben von gemalten ornamental verzierten Rahmungen. Hier lässt sich ein Muster ausmachen, das schon in früher entwickelten anderen Bildtypen angelegt ist. Ebenso offenkundig ist vor allem in den Bildnissen der letzten Schaffensjahre, die alle wesentlich einem Typus zu entsprechen scheinen, die Referenz an die kunsthandwerkliche Berufstätigkeit Trollers. Die gelernte Hutmacherin verwendet für ihre Porträtarbeiten auf Seiden- oder Zeitungspapier durchgepauste „Schnittmuster“ – ihr Vorgehen hat die Künstlerin mit der Aufbewahrung dieser Vorlagen dokumentiert. Unter das Schema der „variierten Wiederholung des Gleichen“ lässt sich beispielhaft auch eine ganze Gruppe von Leinwandbildern subsumieren, die ab zirka 1980 entstanden ist: eigene Gemälde werden in neuen Arbeiten zitiert. Mit dem Bildtitel wird zumindest im Fall von „Erinnerung“ aus den Jahren 1989/93 auf das eigene Schaffen in der Vergangenheit rekurriert und so die Kontinuität in der künstlerischen Arbeit unterstrichen.

Josephine Troller stirbt am 19. August 2004 in Luzern.

Isabel Fluri
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