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Werkbeschrieb
Alexandre Calame sei vor allem ein Geschäftsmann gewesen, ist Arnold Böcklin überzeugt. Mit dieser Aussage spielt er auf den Umstand hin, dass Calame von vielen seiner Gemälde Repliken angefertigt hat, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Auch von dem vorliegenden kleinen Ölbild existieren zwei fast identische Versionen.
Das Gemälde zeigt im Mittelgrund eine Gruppe von Kastanienbäumen, die fast die gesamte Fläche der Holztafel einnehmen und den Blick in die Tiefe versperren. Der Vordergrund, der aus einer geröllübersäten Bodenwelle besteht, dient der Veranschaulichung der Perspektive und soll einen gewissen Freiraum zwischen Betrachter und Baumgruppe schaffen, die so in ihrer ganzen Höhe abgebildet werden kann.
Solche Baumporträts hat Calame häufig gemalt, denn schliesslich bilden einzelne und zu Gruppen arrangierte Bäume einen wichtigen kompositorischen Bestandteil seiner Landschaftsbilder. Calames lithographierte Baumstudien hatten ein autoritatives Ansehen und wurden zu seiner Zeit häufig als Lehrmittel im Zeichenunterricht verwendet.
Regine Fluor-Bürgi
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung, 1933 Ankauf
Eingangsjahr:1933
Provenienz/ Provenance
Zwei ältere Damen, Wuppertal
Walter Westfeld, Elberfeld
Bernhard Eglin-Stiftung
Bibliografische Referenz/ Bibliographical References Stefan Koldehoff: Die Bilder sind unter uns. Das Geschäft mit der NS-Raubkunst, Frankfurt am Main,2009.
Unmittelbare Quellen (Dokumente mit unmittelbarem Bezug zum Objekt)/ Primary Sources
Korrespondenz Bernhard Eglin Stiftung, Stadtarchiv Luzern
Korrespondenz Landesarchiv Nordrhein-Westfalen
Begegnungsstätte Synagoge Wuppertal
Stadtarchiv Wuppertal
Weitere konsultierte Quellen/ Further sources
• Korrespondenz Landesarchiv Nordrhein-Westfahlen
• Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Berlin
• Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg: Database of Art Objects at the Jeu de Paume
• Database “Central Collecting Point München” Database “Kunstsammlung Hermann Göring”
• Getty Provenance Index, German Sales Catalogs
• Lootedart.com Lost Art
• Répertoire des Biens Spoliés
• Verzeichnis national wertvoller Kunstwerke (“Reichsliste von 1938”)
Zusammenfassung/ Conclusion
Über das Dokument «Inventar der Sammlungen der Bernhard Eglin-Stiftung von 1933-1945» aus der Korrespondenz der Bernhard Eglin-Stiftung im Stadtarchiv Luzern, konnten wir in Erfahrung bringen, dass das Gemälde am 24. Dezember 1933 von Walter Westfeld an die Bernhard Eglin-Stiftung verkauft wurde.
Durch die weitere Recherche in den Unterlagen der Bernhard-Eglin-Stiftung, stiessen wir auf die Korrespondenz zwischen dem damaligen Direktor des Kunstmuseums und dem damaligen Präsidenten der Bernhard Eglin-Stiftung, woraus hervorgeht, dass Walter Westfeld bei diesem Verkauf als Vermittler fungierte für «zwei ältere Damen». Weitere Informationen zu den beiden Besitzerinnen konnten leider nicht gefunden werden.
Walter Westfeld war deutscher Kunsthändler jüdischer Abstammung. Nach dem Ausschluss aus der Reichskulturkammer war Westfeld 1936 gezwungen seine Galerie in Wuppertal-Elberfeld zu schliessen. 1938 wurde Westfeld wegen Vergehen gegen die Devisenbestimmungen festgenommen, nachdem er im Hinblick auf die geplante Emigration Geld in die USA überwies. Westfeld verstarb nach seiner Deportation 1943 im KZ Auschwitz.
Die tragische Geschichte Westfelds stellt eine Problematik für die Provenienz unseres Gemäldes dar und bedurfte einem besonderen Verständnis der Situation Westfelds zum Zeitpunkt des Verkaufs.
Zunächst nahmen wir Kontakt mit dem Landesarchiv Nordrhein-Westfahlen, der Begegnungsstädte Alte Synagoge Wuppertal und dem Stadtarchiv Wuppertal auf, die uns zu Inhalten über Walter Westfeld in den jeweiligen Archiveinheiten Auskunft geben konnten. Konkret zu unserem Gemälde liess sich nichts finden. Jedoch konnten wir uns ein Bild zu Westfelds Tätigkeit in den letzten Jahren als Galerist machen. Die Tatsache, dass Westfeld noch 1935 eine Ausstellung zu Adolph von Menzel in seiner Galerie realisieren konnte, spricht beispielsweise dafür, dass Westfeld noch keine starken Einschränkungen in seiner Tätigkeit unterworfen gewesen sein dürfte. Auch Stefan Koldenhoff beschreibt die Geschäfte des Elberfelder Kunsthauses als florierend bis ins Jahr 1936. Die Situation zwei Jahre zuvor dürfte dementsprechend unproblematisch gewesen sein, insbesondere für ein Gemälde, das nicht direkt aus Westfelds Besitz stammt, sondern für das er lediglich als Vermittler gewirkt hat.
Die Herkunft des Gemäldes konnte demnach bis 1933 zurückverfolgt werden, wenngleich nicht bekannt ist, um wen es sich bei den beiden älteren Damen handelt. Zumal die öffentlichen Einrichtungen früher unter den Restriktionen zu leiden hatten, kann davon ausgegangen werden, dass das Gemälde aus einem Privatbesitz noch nicht unter Zwangseinwirkung veräussert wurde.
Kategorie B
Ausstellungsgeschichte
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
Die Erwerbungen der Bernhard-Eglin-Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 15.12.1935 - 08.01.1936
Waldspaziergang. Der Wald in der europäischen Malerei, Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum, 16.04.1989 - 04.06.1989
A. Calame, 1810-1864, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 22.09.1935 - 20.10.1935
A. Calame, E. Martin, R. Domenjoz, Basel, Kunsthalle Basel, 02.06.1945 - 08.07.1945
Alexandre Calame, 1810-1864, Winterthur, Kunstverein Winterthur, 27.10.1935 - 24.11.1935
Terrain. Von Robert Zünd bis Tony Cragg – Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts und zeitgenössische Skulptur aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 02.03.2007 - 05.08.2007
Literatur
Fluor-Bürgi, Regine, "Alexandre Calame", in: Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Meister / Swiss Masters, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli 2008, S. 51-55
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Meister / Swiss Masters. Publikation zum 75-Jahr-Jubiläum der Bernhard Eglin-Stiftung / Publication for the 75-year Jubilee of the Bernhard Eglin Foundation, hrsg. von Peter Fischer und Christoph Lichtin, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli, 2008
Fluor-Bürgi, Regine, "Alexandre Calame", in: Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Meister / Swiss Masters, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli 2008, S. 51-55
Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum (Ausst. Kat.), Waldspaziergang. Walddarstellungen in der europäischen Malerei, hrsg. von Willy Rotzler und Martin Küper, 1989
Anker, Valentina, Alexandre Calame. Vie et oeuvre. Catalogue raisonné de l'oeuvre peint, Fribourg: Office du Livre, 1987
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Europäische Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts aus Luzerner Privatbesitz, Luzern: Kunstmusem Luzern, 1961
Reinle, Adolf, Das Luzerner Kunstmuseum. Ein Führer durch die Sammlung, hrsg. vom Stadtarchiv Luzern und einer vom Stadtrat bestellten Kommission, Luzern: Kommissionsverlag Eugen Haag, 1958
Meyer-Rahn, Hans, Gesamtbericht über die Gründung und Tätigkeit der Bernhard Eglin-Stiftung von 1933-1946, Luzern: Bernhard Eglin-Stiftung, 1946
Basel, Kunsthalle Basel (Ausst.-Kat.), A. Calame, E. Martin, R. Domenjoz, Basel: Kunsthalle Basel, 1945
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), A. Calame, 1810-1864. Katalog der Ausstellung, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1935
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Die Erwerbungen der Bernhard-Eglin-Stiftung, mit einem Vorwort von Paul Hilber, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1935
Winterthur, Kunstverein Winterthur, Alexandre Calame, 1810-1864, Winterthur: Kunstverein Winterthur, 1935