Augusto Giacometti, 2 Entries
Augusto Giacometti kommt am 16. August 1877 als erster von drei Söhnen in Stampa im Bergell zur Welt. In Chur besucht er die Kantonsschule und lässt sich zwischen 1894 und 97 an der Kunstgewerbeschule in Zürich zum Zeichenlehrer ausbilden. Gegen Ende seiner Lehrzeit entdeckt er in der Schulbibliothek Eugène Grassets Buch "La plante et ses applications ornamentales". Der junge Zeichenlehrer ist so tief davon beeindruckt, dass er beschliesst, seine Studien unmittelbar nach Abschluss der Zürcher Kunstgewerbeschule in Paris fortzusetzen. Dort besucht er tagsüber die Ecole Nationale des Arts Decoratifs, abends die Akademie Colarossi. Im Louvre und in anderen Pariser Museen begeistert er sich für die italienischen Maler der Frührenaissance sowie für Puvis de Chavannes (1824–1898). Ab Herbst 1897 nimmt er sein Studium bei dem von ihm verehrten Jugendstilkünstler Eugène Grasset (1845–1917) auf. Dessen Grundsatz folgend, dass das Naturstudium Grundlage, aber nicht Ziel der künstlerischen Tätigkeit sei, benutzt Giacometti Pflanzen- und Tierskizzen als Ausgangsmaterial für seine Arbeiten. Erste abstrakte Farbkompositionen entstehen. In seinem berühmt gewordenen Radiovortrag "Die Farbe und ich" von 1933 erklärt Giacometti den Zuhörern die Entstehung seiner ungegenständlichen Kompositionen folgendermassen: "Über die Flügel der Schmetterlinge […] zog ich ein Netz aus ganz kleinen Quadraten. […] Auf diese Weise konnte ich ablesen, wieviel Quadrate Rot der Schmetterlingsflügel enthielt. Diese Quadrate zeichnete ich dann grösser, füllte sie mit der betreffenden Farbe aus und liess den Umriss des Schmetterlingsflügels weg; so hatte ich tatsächlich eine farbige Abstraktion ohne Gegenstand."
Mitte Januar 1902 bricht der Künstler nach Florenz auf, wo er sich für 13 Jahre niederlässt. Erneut setzt er sich mit dem Quattrocento auseinander und ist tief bewegt von Fra Angelico und dessen Schüler Benozzo Gozzoli. Ein Lehrauftrag für figürliches Zeichnen an einer privaten Akademie in Florenz verschafft ihm die nötige finanzielle Grundlage. Er schliesst Freundschaft mit den Malern August Babberger (1885–1936) und Wilhelm Balmer (1865–1922), trifft sich aber auch mit Künstlern der italienischen Avantgarde, den Futuristen. Nach Kriegseintritt Italiens wird die Akademie, an der Giacometti unterrichtet, geschlossen, und der Maler sieht sich gezwungen, in die Schweiz zurückzukehren. Er zieht nach Zürich, wo er sich an der Rämistrasse ein Atelier einrichtet. Dort erreichen ihn zahlreiche Aufträge für Fresken und Glasmalereien an öffentlichen Profan- und Sakralbauten. Abgesehen von einigen Reisen in verschiedene nordeuropäische Städte und von regelmässigen Sommeraufenthalten im Bergell lebt und arbeitet er bis zu seinem Tod in Zürich.
Die Jahre zwischen 1912 und 1917 gehören zu den innovativsten in Giacomettis Laufbahn. Eine aus dem Neo-Impressionismus weiterentwickelte Auffassung lässt ihn die Farben mit dem Spachtel wie Mosaiksteine nebeneinander setzen. Zunehmend löst sich die Farbe dabei vom Gegenstand und es entstehen grosse, ungegenständliche Ölbilder. 1917 lernt er die Dadaisten kennen, die seit einem Jahr im Cabaret Voltaire zusammenkommen, diskutieren und musizieren. Er verkehrt unter anderem freundschaftlich mit dem Gründungsmitglied Hugo Ball, bleibt der Dadabewegung aber innerlich fremd. Ab 1934 ist er Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission, die er ab seinem 62. Altersjahr bis zum Tod präsidiert. Nach einer schweren Krankheit stirbt er am 9. Juni 1947 in Zürich. Beigesetzt wird er im Friedhof der Kirche San Giorgio bei Borgonovo-Stampa.
Augusto Giacomettis malerisches Werk ist in der Nachfolge von Jugendstil und Symbolismus anzusiedeln, zwei Stilrichtungen, die dem Künstler bereits während seiner Ausbildung zahlreiche Anregungen geliefert haben. Er gilt ausserdem als Erneuerer der Glasmalerei und als wichtiger Exponent der monumentalen Wandmalerei. Seine wichtigste Leistung ist indessen in der bis zur Ungegenständlichkeit reichenden Abstraktion zu finden. Als Pionier der abstrakten Malerei und dadurch eine Zeit lang zur Avantgarde gehörend sowie als erfolgreicher, offiziell anerkannter Künstler verfügt er über ein breites, vielfältiges Publikum. Dadurch ist es ihm gelungen, neben seinem Vetter zweiten Grades, Giovanni Giacometti, und dessen weltberühmten Sohn Alberto einen eigenen Platz in der Geschichte der Kunst zu behaupten.
Regine Fluor-Bürgi
Mitte Januar 1902 bricht der Künstler nach Florenz auf, wo er sich für 13 Jahre niederlässt. Erneut setzt er sich mit dem Quattrocento auseinander und ist tief bewegt von Fra Angelico und dessen Schüler Benozzo Gozzoli. Ein Lehrauftrag für figürliches Zeichnen an einer privaten Akademie in Florenz verschafft ihm die nötige finanzielle Grundlage. Er schliesst Freundschaft mit den Malern August Babberger (1885–1936) und Wilhelm Balmer (1865–1922), trifft sich aber auch mit Künstlern der italienischen Avantgarde, den Futuristen. Nach Kriegseintritt Italiens wird die Akademie, an der Giacometti unterrichtet, geschlossen, und der Maler sieht sich gezwungen, in die Schweiz zurückzukehren. Er zieht nach Zürich, wo er sich an der Rämistrasse ein Atelier einrichtet. Dort erreichen ihn zahlreiche Aufträge für Fresken und Glasmalereien an öffentlichen Profan- und Sakralbauten. Abgesehen von einigen Reisen in verschiedene nordeuropäische Städte und von regelmässigen Sommeraufenthalten im Bergell lebt und arbeitet er bis zu seinem Tod in Zürich.
Die Jahre zwischen 1912 und 1917 gehören zu den innovativsten in Giacomettis Laufbahn. Eine aus dem Neo-Impressionismus weiterentwickelte Auffassung lässt ihn die Farben mit dem Spachtel wie Mosaiksteine nebeneinander setzen. Zunehmend löst sich die Farbe dabei vom Gegenstand und es entstehen grosse, ungegenständliche Ölbilder. 1917 lernt er die Dadaisten kennen, die seit einem Jahr im Cabaret Voltaire zusammenkommen, diskutieren und musizieren. Er verkehrt unter anderem freundschaftlich mit dem Gründungsmitglied Hugo Ball, bleibt der Dadabewegung aber innerlich fremd. Ab 1934 ist er Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission, die er ab seinem 62. Altersjahr bis zum Tod präsidiert. Nach einer schweren Krankheit stirbt er am 9. Juni 1947 in Zürich. Beigesetzt wird er im Friedhof der Kirche San Giorgio bei Borgonovo-Stampa.
Augusto Giacomettis malerisches Werk ist in der Nachfolge von Jugendstil und Symbolismus anzusiedeln, zwei Stilrichtungen, die dem Künstler bereits während seiner Ausbildung zahlreiche Anregungen geliefert haben. Er gilt ausserdem als Erneuerer der Glasmalerei und als wichtiger Exponent der monumentalen Wandmalerei. Seine wichtigste Leistung ist indessen in der bis zur Ungegenständlichkeit reichenden Abstraktion zu finden. Als Pionier der abstrakten Malerei und dadurch eine Zeit lang zur Avantgarde gehörend sowie als erfolgreicher, offiziell anerkannter Künstler verfügt er über ein breites, vielfältiges Publikum. Dadurch ist es ihm gelungen, neben seinem Vetter zweiten Grades, Giovanni Giacometti, und dessen weltberühmten Sohn Alberto einen eigenen Platz in der Geschichte der Kunst zu behaupten.
Regine Fluor-Bürgi
Chur, Bündner Kunstmuseum (Ausst.-Kat.), Augusto Giacometti. Wege zur Abstraktion, hrsg. von Beat Stutzer, mit Texten von Beat Stutzer und Raimund Meyer, Chur: Bündner Kunstmuseum; Zürich: Scheidegger & Spiess, 2003
Stutzer, Beat/Windhöfel, Lutz, Augusto Giacometti. Leben und Werk, Chur: Verlag Bündner Monatsblatt, 1991
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), August Babberger. Zum 100. Geburtstag und 50. Todesjahr. Ein Zwiegespräch mit Hodler, Kirchner, Pechstein, Amiet, Augusto Giacometti und Danioth, mit Texten von Martin Kunz, Hans H. Hofstätter und Adolf Reinle, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1986