Wilhelm Balmer, 1 Entries
Wilhelm Balmer wird am 18. Juni 1865 als Sohn eines Mathematikers und Architekten in Lausen bei Basel geboren. Nach dem Abitur und abgebrochener Lehre als Zimmermann besucht er die Kunstgewerbeschule Basel bei Fritz Schider, bei welchem er schon während der Schulzeit Zeichenunterricht erhalten hatte. 1884 wird Balmer Schüler an der Münchner Akademie und erhält Unterricht bei Gabriel von Hackl und Ludwig von Löfftz, vorwiegend in traditioneller Akt- und Bildnismalerei. Besonders Löfftz fördert seinen Schüler und wirkt auf Themenwahl und Malweise prägend. Balmers Werke gehen in den Bedürfnissen seines bürgerlichen Publikums auf: er bevorzugt das Gefällige und handwerklich solide Arbeit. Er erkennt jedoch schon früh, dass seine Stärke nicht wie die des Lehrers in der Erfindung von Bildthemen liegt, sondern in der genauen Beobachtung von Modellen. Es entsteht ein eigenständiges Oeuvre, das durch einem gemässigten Naturalismus verpflichtete Kompositionen überzeugt und teilweise symbolistische Züge annimmt. Die regelmässigen Besuche in den beiden Pinakotheken oder der Galerie Schack und Begegnungen mit Arnold Böcklins poetischer Vision oder Franz von Lenbachs Porträts, wie auch die freundschaftlichen Beziehungen zu Albert Welti und Ernst Kreidolf prägen Balmers Werk entscheidend. Zeitlebens gilt seine Hauptaufmerksamkeit der Porträtmalerei.
Nach Studienabschluss begibt sich Balmer auf Reisen, die ihn nach Frankreich, England, Belgien, Holland und Italien führen. An allen wichtigen Kunstplätzen erstellt er Kopien alter Meister, wie Rembrandt, Holbein, van Dyck, Tizian oder Fra Angelico. In Italien entstehen zudem Bildnisstudien nach Volkstypen und die ersten plastischen Versuche. Balmer ist nun regelmässig an Ausstellungen im In- und Ausland beteiligt. Bei einem erneuten Aufenthalt in Paris lernt er Cuno Amiet kennen, mit dem er fortan befreundet ist und für dessen Werk er sich später einsetzt. Zum ersten Mal entstehen Freilichtlandschaften und er kann 1892 zwei seiner Bilder im Salon des Champs Elysées ausstellen.
Ein Jahr darauf, nach Basel zurückgekehrt, gründet Balmer eine Familie. Er erfüllt Radier- und Bildnisaufträge und erstellt für das Basler Jahrbuch verschiedene Bildtafeln und beweist in seinen Radierungen einen ausgeprägten Sinn für die Wirkung des Lichts. Als Auftragsarbeiten, aber auch aus eigenem Interesse fertigt er weiter Porträts an und dem Kinderporträt kommt eine grosse Aufmerksamkeit zuteil. Seine liebsten Motive sind seine vier Söhne und seine Frau. Die Familiendarstellungen belegen Balmers Fähigkeit, Porträt mit Interieurs und Bewegung zu kombinieren, ohne der anekdotischen Genremalerei zu verfallen.
Br gründet in Basel ein von Künstlern und Kunstschülern vielbesuchtes Atelier und beteiligt sich an den Künstlerbewegungen in seiner Geburtsstadt. Es ist ihm ein besonderes Anliegen, talentierte Berufskollegen, besonders Cuno Amiet und Albert Welti, durch von ihm initiierte Ausstellungen bekannt zu machen. 1896 wird er Jurymitglied der Schweizerischen Landesausstellung in Genf.
Auf Empfehlung seines ehemaligen Lehrers Löfftz, zieht Balmer mit seiner Familie wieder nach München. Auch dort setzt er sich für das Bekanntmachen seiner Künstlerfreunde ein: er ergreift Initiative, um ihnen die Teilnahme an einer internationalen Ausstellung in München zu ermöglichen. Daraufhin wird er Mitglied des Auswahlgremiums. 1900 erhält Balmer den Auftrag die Fassadenmalerei von Hans Bock am Basler Rathaus zu renovieren und den neuen Nordflügel zu gestalten und auszuführen.
1902 zieht es Balmer mit seiner Familie nach Florenz, wo wieder Familienbilder im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens stehen. Er arbeitet aber auch regelmässig für Porträtaufträge in der Schweiz und erstellt im Auftrag Kopien von Gemälden alter Meister. Während dieser Zeit treten an die Stelle von Einzelporträts vermehrt figurenreiche Kompositionen und die Farbigkeit der Werke der Frühitaliener, wie Frau Angelico oder Boticelli, finden den Weg in das Werk Balmers. Die anfänglich tonig gebundene Malweise bekommt nun zunehmend eine koloristische gelöste, heitere Note und einen dekorativen Einschlag. Die liebliche toskanische Landschaft mit von Olivenbäumen und Zedern übersähten Hügeln und von der Sonne erleuchteten Dörfer schmeicheln Balmers Blick, und so gewinnt die Landschaftsmalerei eine erhöhte Bedeutung. In dieser Zeit entsteht auch Balmers Werk „Paradiesgarten“ (KML C 4x). Es stellt eine fröhliche Szene spielender Kinder und wachsamer Mütter in einem Garten mit einer toskanisch anmutenden Landschaft im Hintergrund dar. Obwohl das Gemälde eine sehr figurenreiche Szene zeigt, mit meist typisierten Gesichtern, lässt sich bei einzelnen Figuren durchaus Porträtcharakter feststellen. So beim blonden, mit seinen Zehen spielenden Jungen im Vordergrund, der Balmers jüngstem Sohn Max nachempfunden ist. Hier vereinigt der Künstler Bildnis und Familienbild und zeigt beispielhaft die Verbindung von Porträt- und Landschaftsmalerei, die sich in seinem Werk in jener Zeit zu vermischen beginnt.
Sechs Jahre später erfordert die Mitarbeit am Fresko „Landsgemeinde“ für den Ständeratssaal im Bundeshaus Bern von Albert Welti die Rückkehr in die Schweiz, nach Rörswil. Beide Künstler fertigen zahlreiche Studien von Volkstypen an und Balmer vollendet nach Weltis Tod bis 1914 mit der selbständigen Übertragung zweier Entwurfsfelder das Werk seines Freundes.Im letzten Jahrzeht malt Balmer zurückgezogen im Kreise der Familie Bildnisse und Interieurs als stimmungsreiche Lichträume. Am 1. März 1922 stirbt Wilhelm Balmer nach schwerer Krankheit.
Balmer leistet einen eigenen Beitrag zur Schweizer Malerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts, auch wenn er nicht zu den Neuerern wie Ferdinand Hodler, Cuno Amiet oder Giovanni Giacometti zählt. Seine Kunst ist fest verankert mit der seiner Vorgänger. So ist die Auseinandersetzung mit dem malerischen Vorbild Arnold Böcklin wegweisend. Der Einfluss Böcklins äussert sich insbesondere in Balmers italianisierenden figurenreichen Kompositionen ab 1902: Er greift die märchenhaften Motive und idyllischen Frühlingsdarstellungen auf, in denen Wirkliches und Unwirkliches verflochten werden und in denen der dargestellte Ort zur Utopie wird, die einzig in der Phantasie des Malers existiert. Im Vergleich zu Böcklin bedient sich Balmer aber nicht des Themas der Vergänglichkeit, oder eines Arkadiens, wo die zum wirklichen Leben gehörige Präsenz des Todes inmitten eines glücklichen Lebens vorhanden ist, sondern vermeidet Schweres oder Kontroverses und verleiht seinen Werken eher eine heitere Note. Deshalb hat Balmers Kunst nichts Revolutionäres, sondern eher Reaktionäres: in seinen Anschauungen ist Balmer insofern unmodern, dass ihn der Gegenstand mehr interessiert als das rein Malerische. Er bleibt der Gegenständlichkeit und der Tradition des soliden Handwerks treu, vermeidet in Thema, Motiv und Form alles Extreme und Schwerlastige.
Stefanie Gschwend
Nach Studienabschluss begibt sich Balmer auf Reisen, die ihn nach Frankreich, England, Belgien, Holland und Italien führen. An allen wichtigen Kunstplätzen erstellt er Kopien alter Meister, wie Rembrandt, Holbein, van Dyck, Tizian oder Fra Angelico. In Italien entstehen zudem Bildnisstudien nach Volkstypen und die ersten plastischen Versuche. Balmer ist nun regelmässig an Ausstellungen im In- und Ausland beteiligt. Bei einem erneuten Aufenthalt in Paris lernt er Cuno Amiet kennen, mit dem er fortan befreundet ist und für dessen Werk er sich später einsetzt. Zum ersten Mal entstehen Freilichtlandschaften und er kann 1892 zwei seiner Bilder im Salon des Champs Elysées ausstellen.
Ein Jahr darauf, nach Basel zurückgekehrt, gründet Balmer eine Familie. Er erfüllt Radier- und Bildnisaufträge und erstellt für das Basler Jahrbuch verschiedene Bildtafeln und beweist in seinen Radierungen einen ausgeprägten Sinn für die Wirkung des Lichts. Als Auftragsarbeiten, aber auch aus eigenem Interesse fertigt er weiter Porträts an und dem Kinderporträt kommt eine grosse Aufmerksamkeit zuteil. Seine liebsten Motive sind seine vier Söhne und seine Frau. Die Familiendarstellungen belegen Balmers Fähigkeit, Porträt mit Interieurs und Bewegung zu kombinieren, ohne der anekdotischen Genremalerei zu verfallen.
Br gründet in Basel ein von Künstlern und Kunstschülern vielbesuchtes Atelier und beteiligt sich an den Künstlerbewegungen in seiner Geburtsstadt. Es ist ihm ein besonderes Anliegen, talentierte Berufskollegen, besonders Cuno Amiet und Albert Welti, durch von ihm initiierte Ausstellungen bekannt zu machen. 1896 wird er Jurymitglied der Schweizerischen Landesausstellung in Genf.
Auf Empfehlung seines ehemaligen Lehrers Löfftz, zieht Balmer mit seiner Familie wieder nach München. Auch dort setzt er sich für das Bekanntmachen seiner Künstlerfreunde ein: er ergreift Initiative, um ihnen die Teilnahme an einer internationalen Ausstellung in München zu ermöglichen. Daraufhin wird er Mitglied des Auswahlgremiums. 1900 erhält Balmer den Auftrag die Fassadenmalerei von Hans Bock am Basler Rathaus zu renovieren und den neuen Nordflügel zu gestalten und auszuführen.
1902 zieht es Balmer mit seiner Familie nach Florenz, wo wieder Familienbilder im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens stehen. Er arbeitet aber auch regelmässig für Porträtaufträge in der Schweiz und erstellt im Auftrag Kopien von Gemälden alter Meister. Während dieser Zeit treten an die Stelle von Einzelporträts vermehrt figurenreiche Kompositionen und die Farbigkeit der Werke der Frühitaliener, wie Frau Angelico oder Boticelli, finden den Weg in das Werk Balmers. Die anfänglich tonig gebundene Malweise bekommt nun zunehmend eine koloristische gelöste, heitere Note und einen dekorativen Einschlag. Die liebliche toskanische Landschaft mit von Olivenbäumen und Zedern übersähten Hügeln und von der Sonne erleuchteten Dörfer schmeicheln Balmers Blick, und so gewinnt die Landschaftsmalerei eine erhöhte Bedeutung. In dieser Zeit entsteht auch Balmers Werk „Paradiesgarten“ (KML C 4x). Es stellt eine fröhliche Szene spielender Kinder und wachsamer Mütter in einem Garten mit einer toskanisch anmutenden Landschaft im Hintergrund dar. Obwohl das Gemälde eine sehr figurenreiche Szene zeigt, mit meist typisierten Gesichtern, lässt sich bei einzelnen Figuren durchaus Porträtcharakter feststellen. So beim blonden, mit seinen Zehen spielenden Jungen im Vordergrund, der Balmers jüngstem Sohn Max nachempfunden ist. Hier vereinigt der Künstler Bildnis und Familienbild und zeigt beispielhaft die Verbindung von Porträt- und Landschaftsmalerei, die sich in seinem Werk in jener Zeit zu vermischen beginnt.
Sechs Jahre später erfordert die Mitarbeit am Fresko „Landsgemeinde“ für den Ständeratssaal im Bundeshaus Bern von Albert Welti die Rückkehr in die Schweiz, nach Rörswil. Beide Künstler fertigen zahlreiche Studien von Volkstypen an und Balmer vollendet nach Weltis Tod bis 1914 mit der selbständigen Übertragung zweier Entwurfsfelder das Werk seines Freundes.Im letzten Jahrzeht malt Balmer zurückgezogen im Kreise der Familie Bildnisse und Interieurs als stimmungsreiche Lichträume. Am 1. März 1922 stirbt Wilhelm Balmer nach schwerer Krankheit.
Balmer leistet einen eigenen Beitrag zur Schweizer Malerei des ausgehenden 19. Jahrhunderts, auch wenn er nicht zu den Neuerern wie Ferdinand Hodler, Cuno Amiet oder Giovanni Giacometti zählt. Seine Kunst ist fest verankert mit der seiner Vorgänger. So ist die Auseinandersetzung mit dem malerischen Vorbild Arnold Böcklin wegweisend. Der Einfluss Böcklins äussert sich insbesondere in Balmers italianisierenden figurenreichen Kompositionen ab 1902: Er greift die märchenhaften Motive und idyllischen Frühlingsdarstellungen auf, in denen Wirkliches und Unwirkliches verflochten werden und in denen der dargestellte Ort zur Utopie wird, die einzig in der Phantasie des Malers existiert. Im Vergleich zu Böcklin bedient sich Balmer aber nicht des Themas der Vergänglichkeit, oder eines Arkadiens, wo die zum wirklichen Leben gehörige Präsenz des Todes inmitten eines glücklichen Lebens vorhanden ist, sondern vermeidet Schweres oder Kontroverses und verleiht seinen Werken eher eine heitere Note. Deshalb hat Balmers Kunst nichts Revolutionäres, sondern eher Reaktionäres: in seinen Anschauungen ist Balmer insofern unmodern, dass ihn der Gegenstand mehr interessiert als das rein Malerische. Er bleibt der Gegenständlichkeit und der Tradition des soliden Handwerks treu, vermeidet in Thema, Motiv und Form alles Extreme und Schwerlastige.
Stefanie Gschwend
Balmer, Wilhelm, Wilhelm Balmer. In seinen Erinnerungen, hrsg. Kervin, Francis, Erlenbach-Zürich, Leipzig: Rotapfel-Verlag, 1924
Kreidolf, Ernst, Wilhelm Balmer Mappe, Erlenbach-Zürich, Leipzig, München: Rotapfel, 1923
Mandach, Conrad de, "Wilhelm Balmer", in: Pages d'art, Octobre, 1922, S. 261-288