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Jochen Gerz, 8 Entries

Der 1940 in Berlin geborene Künstler studiert zwischen 1958 und 1966 Germanistik, Anglistik und Sinologie in Köln und Archäologie und Urgeschichte in Basel, ohne jedoch diese Studien abzuschliessen. In dieser Zeit beginnt er seine literarische Tätigkeit mit Gedichten und Prosatexten. Er zieht 1967 nach Paris, wo er den Autorenverlag Agentzia mitgründet. Dort hat er eine erste Gruppenausstellung in der Galerie Davy und arbeitet an visueller Poesie, indem er zum ersten Mal Text mit Fotografie verbindet. Hier veröffentlicht er auch sein erstes Buch „Footing“ und verfasst das Bild-Tagebuch „The French Wall“ (1969–1975), das aus 88 Arbeiten aus diversen Materialien besteht und vor allem der Frage nach Bild und Abbild nachgeht. In dieser Zeit beginnt die Werkphase der von ihm so genannten „Foto/Texte“, in denen Gerz immer einen Text mit mehreren Fotos kombiniert.

Skeptisch gegenüber dem Kunstbetrieb realisiert Jochen Gerz Aktionen und Interventionen im öffentlichen Raum unter immer stärkerer Einbeziehung des Publikums; die erste Arbeit dieser Art („Attenzione l'arte corrompe“) findet 1968 statt. Von Interesse für Gerz ist die Verbindung von Kunst und Leben, eine veränderte Sichtweise des Alltags bei gleichzeitiger Hinterfragung der eigenen Position als Künstler, seiner Autorschaft und der Rolle des Betrachters. Neben den traditionelleren Medien wie gedruckten Texten und Fotografien, wendet er sich früh auch den so genannten neuen Medien wie Film und Video zu, die zu wichtigen Bestandteilen in seinen Performances werden. Zum performativen Arbeiten kommt er unter anderem durch die Überzeugung, dass ein materielles Werk störend zwischen Künstler und Betrachter steht, wie sein viel zitierter Satz „den Medien den Rücken kehren – leben“ pointiert ausdrückt.

Seine erste Videoarbeit „Ces mots sont ma chair & mon sang“ stammt von 1971. 1975 bis 1979 folgt der von der griechischen Mythologie inspirierte Zyklus „Griechische Stücke“. Dabei handelt es sich meistens um Installationen, denen oft eine Performance vorausgeht, die wiederum als Videoarbeit in den Installationen auftaucht. Sowohl das Video „Marsyas“ (KML 83.17:1v), wie auch das Video „Snake Hoods & Dragon’s Dreams“ (KML 83.17:2v) sind Teil dieses Zyklus, jedoch in diesen Fällen nicht als Bestandteil von Installationen, sondern als reine Performance-Dokumentationen. In den griechischen Stücken geht es um einen ironischen Bezug zwischen den Protagonisten der Antike und den Mythen des Hier und Jetzt und um das Verhältnis von Bild und Abbild, Realität und Fiktion.

1976 nimmt Gerz an der Biennale in Venedig teil, 1977 an der documenta in Kassel. In der Schweiz hat er erste Ausstellungen in Zürich und Basel, 1979 im Kunstmuseum Luzern. 1978 bis 1984 erarbeitet gerz den Installationszyklus „Kulchur Pieces“, der sich wiederum um den Kunstbetrieb und dabei um das Verhältnis von Kunst, Künstler und Betrachter dreht und bei dem das Thema Rätsel eine zentrale Rolle spielt. Bei Aufenthalten an der Westküste Nordamerikas seit 1980 entstehen Mixed Media-Fotografien. Zusammen mit seiner damaligen Ehefrau Esther Shalev-Gerz arbeitet er ab 1984 an den so genannten „Anti-Monumenten“ sowie anderen Projekten im öffentlichen Raum und seit Mitte der 1990er weitet er sein Tätigkeitsfeld auf das Medium Internet aus. Sein früher Umgang mit verschiedenen Medien und deren Kombination scheinen wie Laborversuche einer später selbstverständlich werdenden Koexistenz derselben. Jochen Gerz plädiert in seiner Kunst aus einer kritischen Haltung gegenüber Kunst und Kultur für eine selbstbestimmte, subjektive Aneignung von Kultur.

Katharina Wetzel
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