Johannes Itten, 2 Entries
Die zweite Arbeitsphase Ittens beruht vornehmlich auf der Tätigkeit des Unterrichtens. In Weimar entstehen kaum Ölgemälde, vielmehr setzt sich der Künstler mit Skulpturen und Collage-Arbeiten auseinander. Als Kunstpädagoge versteht er seine Lehren als angewandte Kunst und eröffnet am Bauhaus den heute weltweit in Kunstschulen anerkannten gestalterischen Vorkurs. Stets respektiert er die Individualität seiner Schüler und versucht, ihre schöpferischen Kräfte freizulegen. Itten beschäftigt sich mit östlichen Lehren und Religionen, und es kommt vermehrt zu Spannungen mit Gropius. Schliesslich verlässt er 1923 das Bauhaus und kehrt nach Herrliberg (CH) zurück. An der Mazdaznan-Gemeinschaft erteilt er Kunstunterricht, richtet Werkstätten ein und entwirft Teppiche. 1926 zieht es ihn nach Berlin, dort gründet er die "Moderne Kunstschule", wo er Maler, Grafiker, Architekten und Fotografen ausbildet. 1934 muss er auf Druck des Nationalsozialismus die Schule schliessen und führt die bereits zuvor begonnene Tätigkeit an der "Höheren Fachschule für Textile Flächenkunst" in Krefeld weiter. Da er die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit verweigert, flüchtet Itten 1938 nach Holland und entwirft für das Stedelijk Museum in Amsterdam das "Velum", das für das Glasdach des Treppenhauses gedacht ist. Ende des Jahres 1938 übersiedelt Itten nach Zürich und wird zum Direktor des Kunstgewerbemuseums und der Kunstgewerbeschule ernannt, wo er bis zu seiner Pensionierung 1954 bleibt. Nebenher arbeitet er zusätzlich für das Museum Rietberg und die Textilfachschule der Seidenindustriegesellschaft.
Im Ruhestand schreibt Itten "Kunst der Farbe" (1961) und "Mein Vorkurs am Bauhaus" (1963). Seine Arbeit als freier Künstler nimmt er ebenfalls wieder auf und widmet sich insbesondere der abstrakten Malerei. Das Spätwerk entsteht in Kenntnis der aktuellen, abstrakten Bildsprache der Zürcher Konkreten. Im Gegensatz zu ihnen verleiht Itten den Formen und Farben seiner ungegenständlichen, geometrischen Bildkompositionen symbolischen Gehalt; er bezeichnet sich selbst als 'naturalistischen Symboliker'. Aus dieser letzten Schaffensphase stammt das Bild "Vor Ostern" (KML D 85.35x). Das Kunsthaus Zürich veranstaltet 1964 für ihn eine grosse Retrospektive. Johannes Itten stirbt am 25. März 1967 in Zürich.
Barbara Hatebur
Denaro, Dolores, "Johannes Itten. Wege zur Kunst", in: Berner Kunstmitteilungen, Nr. 337, 2003, S. 7-8
Bern, Kunstmuseum Bern/Krefeld, Kaiser Wilhelm Museum/Stuttgart, Galerie der Stadt Stuttgart (Ausst.-Kat.), Johannes Itten. Künstler und Lehrer, mit Beiträgen von Josef Helfenstein (et al.), Bern: Kunstmuseum Bern, 1984
Itten, Johannes, Elemente der Bildenden Kunst. Studienausgabe des Tagebuchs, Ravensburg: Otto Maier Verlag, 1980
Rotzler, Willy (Hrsg.), Johannes Itten. Werke und Schriften, hrsg. von Willy Rotzler, mit einem Werkverzeichnis von Anneliese Itten, Zürich: Orell Füssli Verlag, 1978
Itten, Johannes, Gestaltungs- und Formenlehre. Mein Vorkurs am Bauhaus und später, Ravensburg: Otto Maier Verlag, 1963
Itten, Johannes, Kunst der Farbe. Subjektives Erleben und objektives Erkennen als Wege zur Kunst. Studienausgabe, Ravensburg:Otto Maier Verlag, 1961