Franz Gertsch, 2 Entries
In den 1950er und 1960er Jahren ist diese einerseits durch die Romantik, später von der Pop Art beeinflusst. Er stellt Holzschnitte her, die er mit eigenen Gedichten zu Büchern zusammenstellt („This und Weit“, 1950, „Ein Sommer“, 1953), und experimentiert mit Collage. Die Zeit bis Ende der 1960er Jahre ist eine Zeit des Suchens und Auslotens der figurativen Möglichkeiten ohne auf eine für ihn befriedigende Lösung zu stossen. Diese folgt erst 1969 mit seinem ersten grossformatigen fotorealistischen Gemälde „Huaa...!“, das auf einer Abbildung aus einer Illustrierten basiert.
Gertschs Vorgehensweise bleibt nun immer dieselbe: er proijziert eine Fotografie als Diapositiv auf seine riesigen, zwischen 2 bis 4 und 3 bis 6 Meter messenden Leinwände und malt die Projektion ab. Er setzt dabei in äusserst zeitintensiver Arbeitsweise mit einem kleinen Pinsel Punkt neben Punkt und arbeitet sich so langsam Zentimeter um Zentimeter in monatelanger Kleinstarbeit an das Motiv heran.
1972 wird Gertsch mit den amerikanischen „Fotorealisten“ an der documenta 5 in Kassel gezeigt und sogleich mit ihnen in Verbindung gebracht. Jedoch unterscheidet er sich von diesen sowohl durch seine Technik wie Motivwahl. Dieser Unterschied wird mit den Jahren immer grösser. Wenn Gertsch sich anfänglich wie diese noch sehr stark für das urbane, zeittypische Leben vor allem des Hippiemilieus seiner Künstlerfreunde interessiert, schält sich Mitte der 1970er Jahre immer stärker seine Vorliebe für zeitlose Motive heraus. Deutlich wird nun die Konzentration auf das Einzelporträt, das mit seiner Patti Smith-Serie und 1980 mit seinem Selbstporträt eingeleitet wird.
Zur selben Zeit ereignet sich der Bruch mit der Malerei und Gertschs Hinwendung zum monumentalen Holzschnitt (1986-1995). Diese Technik – die man bei ihm eher Holzstich als Holzschnitt nennen muss, da er auch hier wie bei der Malerei Punkte und nicht Striche setzt – erlaubt es ihm, sich durch die Reduktion auf eine Farbe bei gleichzeitiger Beibehaltung des figurativen Motivs auf das Wesentliche, Zeitlose zu beschränken. Auch in der wieder neu aufgenommenen Malerei bestätigt sich der Hang zum Zeitlosen, vor allen in einem Porträt wie "Silvia". Dieses Porträt steht andererseits am Anfang der Erfüllung von Gertschs langersehntem Wunsch, der Errichtung eines eigenen Museums. Dieses Museum wird auf Initiative des Galeristen Maxe Sommer und des Industriellen Willy Michel 2002 in Burgdorf eröffnet.
Sylvia Rüttimann
Ammann, Jean-Christophe, "Das Glück zu sehen", in: Du, Nr. 7, 2008, S. 34
Affentranger-Kirchrath, Angelika, Franz Gertsch. Die Magie des Realen, Bern: Benteli, 2004
New York, The Museum of Modern Art/Washington, D.C., Hirshhorn Museum and Sculpture Garden/San José (CA), Museum of Art (Ausst.-Kat.), Franz Gertsch. Large-Scale Woodcuts, hrsg. von Riva Castleman und Dieter Ronte, mit Texten von Riva Castleman, Rainer Michael Mason und Dieter Ronte, Genf: Cabinet des estampes, 1990
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungsbilanz 11 Jahre - 1117 Werke - 211 Künstler und Künstlerinnen, Ergänzungsband 2 zum Sammlungskatalog, hrsg. von Martin Kunz, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1989
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Kunst '70-80'. Regionalismus/Internationalismus. Bilanz einer neuen Haltung in der Schweizer Kunst der 70er Jahre am Beispiel von 30 Künstlern, mit einem Text von Martin Kunz, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1981
Zürich, Kunsthaus Zürich (Ausst.-Kat.), Franz Gertsch, hrsg. von Erika Billeter, mit Texten von Jean-Christophe Ammann (et al.), Zürich: Kunsthaus Zürich, 1980
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Franz Gertsch, mit Texten von Jean-Christophe Ammann (et al.), Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1972
Kassel, Documenta (Ausst.-Kat.), documenta 5. Befragung der Realität. Bildwelten heute, mit Texten von Jean-Christophe Ammann, Harald Szeemann, Kassel: Documenta, 1972