Vom 22. Februar bis 26. April 1992 stellt Pia Fries elf Gemälde im Luzerner Kunstmuseum aus. Anlass ist die Verleihung des Nordmann-Preises 1991, die an der Vernissage feierlich durchgeführt wird. Drusch ist ein Gemälde dieser elf-teiligen Serie und fasst sämtliche Charakteristika der damaligen Arbeiten der Künstlerin zusammen.
Pia Fries behandelt die Farbe seit Beginn nicht lediglich als Mittel zur Darstellung von etwas Drittem (einem Gegenstand, einer Idee, einem Gefühl etc.), sondern lässt die Materialität der Farbe selbst wirken. Fernab der streng geometrischen Kunst eines Piet Mondrian oder der Zürcher Schule der Konkreten malt sie gegenstandslose Bilder, die in ihrer scheinbaren Unordnung eine genauso direkte Wirkung entfalten. Dazu wendet Fries eine für ihr Werk typische Technik an: Verschiedene, zumeist erdige Farbtöne werden üppig auf die Leinwand aufgetragen und mit dem Pinsel, einem Spachtel oder anderen Werkzeugen bearbeitet. Es entsteht eine reliefartige Topografie mit herausragenden, gesenkten, gesprenkelten, zerzausten, furchigen oder glatten Farbblöcken, die, teils ineinander hineinfliessend, teils strikt getrennt, ein kraftvolles, dynamisches Ganzes ergeben. Die Oberflächenstruktur und die Farbgebung erinnern an wilde Landschaften, woran in diesem Fall gar der Titel anknüpft: Drusch kommt vom mittel- und neuniederdeutschen Driesch, das «unangebautes, brach liegendes land, ungepflügter acker [!]» (Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm) bedeutet. Doch täuscht dieser rohe Eindruck natürlich über die Sorgfalt hinweg, die Fries bei der farblichen Komposition und der technischen Bearbeitung aufbringt. Nicht zuletzt das Spannungsfeld zwischen Rohem, Kraftvollem bzw. Wildem und dem Präzisen bzw. Filigranen macht die einnehmend unmittelbare Wirkung dieses Werks aus. Jan Miotti