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Description
Der „Buchenwald“ führt den Blick des Betrachters aus dem schattigen Waldinnern den sanft gebogenen Weg entlang um eine Kurve, die von hellem Licht durchflutet ist. Im Schatten fast unsichtbar zieht sich ein Waldbächlein durch den steinigen Boden. Im Hintergrund angedeutet ein Himmel, dessen helles Blau Unendlichkeit suggeriert.
Im Vergleich zu den „Eichwäldern“, dessen erste grossformatige Studie (KML M 87x) rund dreissig Jahre vor dem „Buchenwald“ angefertigt wurde, gibt Zünd die starke vertikal-horizontale Rhythmisierung auf, die die Bildelemente ineinander verzahnt und zusammen mit ihrer Monochromie eine grosse Geschlossenheit bewirkt. Die Erfolgsformel der „Eichwälder“ – es sind drei ausgeführte Fassungen bekannt – unterzieht Zünd einer beträchtlichen Revision: Geschickt modelliert er im „Buchenwald“ mit Hilfe einer grünen und mit Braun erweiterten Farbpalette einen Bildraum, der sich von der schattigen vorderen Bildebene in eine zweite ergiesst und den Betrachter ins Bild führt. Zünds „Buchenwald“ scheint ebenso monumental wie sein „Eichwald“, jedoch leichter in der malerischen und farblichen Auffassung. Man ist geneigt, seinen Blick von einem lichtgeschwängerten Blatt aufs andere gleiten zu lassen. Dieser meisterhaft inszenierte Lichteinfall, der sich auch auf dem schmalen mit frischem Herbstlaub bedeckten Waldweg weiterzieht, unterstützt die Impression eines wahrhaftigen Waldstücks, von dem uns frische klare Luft entgegenströmt.
Vorstudien zum „Buchenwald“ zeigen, dass sich Robert Zünd erst im Laufe der Arbeit am Bild entschieden hat, keine Staffagefiguren zu verwenden. Eine quadrierte Federvorzeichnung zu diesem Gemälde zeigt einen Schäfer mit seiner Herde, der auf dem zum Betrachter führenden Weg in der rechten Bildhälfte eingezeichnet ist. Auch weitere kleine Differenzen zwischen Vorzeichnung und ausgeführtem Gemälde zeigen, dass Zünd seinen Arbeitsprozess kritisch verfolgte und wo nötig Verbesserungen in Form leichter Verschiebungen der Pause vornahm. Im Grossen und Ganzen erweist sich jedoch der „Buchenwald“ wie praktisch alle Gemälde des Malers als Produkt eines genauen und akribischen Arbeitsprozesses, in dem jegliche Zufälle im Vorfeld ausgemerzt wurden.
Der „Buchenwald“ darf als eines der Meisterwerke Robert Zünds genannt werden. Diese Bildfindung hat ihn bis in sein hohes Alter beschäftigt. Noch 1902, sieben Jahre vor dem Tod des Malers, arbeitet er an einer zweiten, kleineren Fassung des Motivs (in Privatbesitz), an dem er entscheidende Veränderungen vornimmt. Die geschwungene Buche des Luzerner Gemäldes, die sich leicht rechts von der Bildmitte befindet, zentriert er nun und streckt sie gerade gen Himmel. Am unteren Bildrand, dort wo das Bächlein den Waldboden erreicht, kauert eine kleine Figur, den Rücken zu uns gewandt. Robert Zünd, dem seine Zeitgenossen grosse Bescheidenheit und Gläubigkeit nachgesagt haben, bringt seine anfängliche Komposition mit dem Schafe führenden Hirten – Sinnbild Jesu Christi und seiner Anhänger – in anderer Ausformung zu Tage, scheint doch, als dass die grosse gerade Buche zum Kreuz wird, das in den Himmel reicht, angebetet vom Menschen zu Füssen der schönen, reinen Natur.
Susanne Neubauer
Provenance
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung, 1934 Ankauf Galerie Neupert, Zürich
Eingangsjahr: 1934
Exhibition History
Von Anker bis Zünd – die Kunst im jungen Bundesstaat, Zürich, Kunsthaus Zürich, 13.02.1998 - 10.05.1998
Die Erwerbungen der Bernhard-Eglin-Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 15.12.1935 - 08.01.1936
Horizonte, Museum Franz Gertsch, Burgdorf, 25.04.2003 - 27.07.2003
Innerschweiz. 11. Gemäldeausstellung Trubschachen, Trubschachen, Kulturverein Trubschachen, 23.06.1984 - 15.07.1984
Robert Zünd (1826-1909), Luzern, Kunstmuseum Luzern, 12.06.2004 - 26.09.2004
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
Mixing Memory and Desire – Wunsch und Erinnerung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 20.06.2000 - 24.09.2000
Landpartie. Die Luzerner Landschaftsmalerei zwischen "Paysage intime" und dem Aufbruch ins 20. Jahrhundert, Hochdorf, Kulturzentrum Braui, 07.11.1998 - 22.11.1998
Waldspaziergang. Der Wald in der europäischen Malerei, Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum, 16.04.1989 - 04.06.1989
6. Gemäldeausstellung Trubschachen, Trubschachen, Kulturverein Trubschachen
Robert Zünd. Gedächtnisausstellung., Luzern, Kunsthaus, 29.07.1934 - 26.08.1934
Robert Zünd in seiner Zeit, Luzern, Kunstmuseum, 01.07.1978 - 10.09.1978
La collection retrouvée. Von Füssli bis Hodler: Meisterwerke aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 25.07.1993 - 26.09.1993
Schweizer Meister. Sammlungsausstellung zum 75–Jahr–Jubiläum der Bernhard Eglin–Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 31.05.2008 - 20.10.2008
Terrain. Von Robert Zünd bis Tony Cragg – Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts und zeitgenössische Skulptur aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 02.03.2007 - 05.08.2007
Bibliography
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Lichtin, Christoph, "Bernhard Eglin und die ersten Jahre der Bernhard Eglin-Siftung", in: Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Meister / Swiss Masters, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli 2008, S. 11-19
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Loeliger, Walter / Wenzinger, Regula, Federleicht und vogelfrei. Lesebuch für das 4. Schuljahr, Buchs: Lehrmittelverlag des Kantons Aargau; Aarau: Sabe Verlag 2006, 2. Auflage
Biel, CentrePasquArt (Ausst.-Kat.), Stefan Banz – LAUGH. I NEARLY DIED. Installations 1992–2006, hrsg. von Dolores Denaro, Nürnberg: Verlag für moderne Kunst, 2006
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Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Robert Zünd, hrsg. von Susanne Neubauer, mit Texten von Cornelia Dietschi, Susanne Neubauer und Peter Fischer, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli, 2004
Burgdorf, Museum Franz Gertsch (Ausst.-Kat.), Horizonte. Franz Gertsch im Dialog mit Vija Celmins, Thomas Demand, On Kawara, Yves Klein, Wolfgang Laib, Roman Oplka, Gerhard Richter, Thomas Ruff, Piero Steinle, Robert Zünd, hrsg. von Reinhard Spieler, mit Texten von Reinhard Spieler und Christin Markovich, Museum Franz Gertsch, Burgdorf, 2003
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Landpartie - Die Sammlung des Kunstmuseums Luzern auf Reisen im Kanton, mit Texten von Jean-Christophe Ammann, Theo Kneubühler, Ulrich Loock und André Rogger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1998
Zürich, Kunsthaus Zürich (Ausst.-Kat.), Von Anker bis Zünd: Die Kunst im jungen Bundesstaat 1848-1900, Zürich: Scheidegger & Spiess, 1998
Bühlmann, Karl, "175 Jahre Kunstgesellschaft Luzern.", in: Luzerner Neuste Nachrichten, Beilage, 23. Juni 1994, S. 1-7
Solothurn, Kunstmuseum Solothurn (Ausst.-Kat.), Otto Frölicher (1840–1890) und Landschaftsmaler seiner Zeit, mit einem Text von Roswitha Hohl-Schild, Solothurn: Kunstmuseum Solothurn, 1990