informationen
Description
Neben den bekannten Landschaftsbildern hat Maurice de Vlaminck Porträts und Stillleben gemalt. Seine Stillleben erinnern an das klassische Motiv des Tischstilllebens, deren Ursprünge in der flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts liegen. Damit greift er auf seine eigenen Wurzeln zurück, denn sein Vater ist – wie der Name bereits andeutet – flämischer Abstammung. Auch das "Stillleben" des Kunstmuseums Luzern nimmt die Kombination von Weinflaschen, Krügen, Gläsern, Obstschalen und Tellern mit kostbaren Esswaren auf einer weissen Tischdecke auf. Vorne auf dem Tisch, von der vorderen Bildkante angeschnitten, steht eine überbordende Schale mit buntem Obst – mit grünen Trauben, blauen Pflaumen, gelben Pfirsichen und roten Birnen. Die daneben liegenden Früchte sowie die dahinter stehenden Flaschen und der Krug sind in ihrer Farbigkeit zurückgenommen und nähern sich ihrem Hintergrund an. Das Augenmerk wird so durch die räumliche und farbliche Komposition auf die prächtige Obstschale in der Mitte gelenkt.
Die reduzierte Farbverteilung und die zusätzlich auf den Gegenständen angebrachten Glanzlichter verleihen der relativ schlichten Komposition ihre besondere Ausdruckskraft. Hinzu kommt die mit einfachen, groben Pinselstrichen erzeugte Plastizität. Die Art und Weise des Farbauftrags erinnert weniger an die klassischen flämischen Vorbilder denn an die Stillleben von Paul Cézanne. Dieser Künstler gilt de Vlaminck seit 1907 – nach der fauvistischen Periode, mit der er meistens identifiziert wird – als wichtiges Vorbild. Die Farben werden nicht mehr rein aus der Tube aufgetragen, sondern mit Weiss und Braun abgemischt.
Die mit wilden Pinselstrichen erzeugten weissen Lichtspuren durchziehen ebenso seine Landschaftsbilder seit den 1920er Jahren. Die dramatischen Hell-Dunkel-Kontraste können so in gewisser Weise als Milderung des fauvistischen Frühwerks des Künstlers betrachtet werden.
Das "Stillleben" ist, wie viele Arbeiten von de Vlaminck, nicht datiert. Anders als die Stillleben mit ihren kubistischen Versuchen aus den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, zeichnet sich das hier vorliegende durch die Glanzlichter auf den Gegenständen und den Hell-Dunkel-Kontrast aus. Deshalb ist die Arbeit vermutlich kurz darauf in den 20er Jahren entstanden. Als oberste Grenze ist allerdings das Datum 1928 zu nennen, das sich in einer Notiz von Walter Minnich auf der Rückseite des Bildes befindet, aus der die Schenkung des Bildes an seine Tochter Alice Minnich hervorgeht.
Annamira Jochim
Provenance
Kunstmuseum Luzern
Eingangsjahr: 1936
Exhibition History
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
1933-1993. 60 Jahre Kunstmuseum Luzern im Meili-Bau, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 20.04.1993 - 02.05.1993
Sammlung Walter und Alice Minnich 1936/37
Schenkung Minnich 1937
"Wühlen in Farben, Wälzen in Klängen". Schenkung Minnich, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 18.10.2002 - 27.04.2003
Modell für ein Museum. Werke aus der Sammlung, mit der integralen Schenkung Minnich, dazu ein "Bilderzimmer" von Anton Henning und Allan Porters "I Am a Museum", Luzern, Kunstmuseum Luzern, 21.10.2006 - 11.02.2007
Mein Freund Max Pechstein. Die Sammlung Walter Minnich, Pforzheim, Ausstellungshalle im Reichlinhaus, 14.09.2008 - 16.11.2008
Minnich Raum 12
Von früh bis spät. Bilder des Alltags aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, 04.03.2017 - 26.11.2017
Bibliography
Greschat, Isabel/Lichtin, Christoph (Hrsg.), Pechstein, Melzer, Soutine, Terechkovitch. Der Sammler Walter Minnich und das Kunstmuseum Luzern, Heidelberg: Kehrer; Luzern: Kunstmuseum Luzern, 2006
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Reinle, Adolf, Das Luzerner Kunstmuseum. Ein Führer durch die Sammlung, hrsg. vom Stadtarchiv Luzern und einer vom Stadtrat bestellten Kommission, Luzern: Kommissionsverlag Eugen Haag, 1958