1973 schafft Sigmar Polke für die Griffelkunst-Vereinigung in Hamburg-Langenhorn eine Serie von sechs Offsetdrucken, von welchen das Kunstmuseum Luzern neben einer Arbeit aus dem Jahr 1971 vier Blätter besitzt. Als gemeinnütziger, kultureller Verein 1925 gegrün¬det, realisiert die Griffelkunst-Vereinigung Editionen preiswerter grafischer Blätter, um das breite Interesse an der bildenden Kunst und die Freude am Sammeln zu fördern und zugleich Künstlerinnen und Künstler zu druckgrafischen Arbeiten anzuregen. Die Liste bisheriger Künstlerinnen und Künstler liest sich mit Namen wie Joseph Beuys, Marlene Dumas, Nan Goldin, Ernst Ludwig Kirchner, Albert Oehlen und Lawrence Weiner wie ein «Who is Who» der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.
Der Druck mit dem Titel Figur mit Hand (Es schwindelt…) verbindet wie die zuvor beschriebenen Blätter ebenfalls Bild, Text und Struktur des Papiers. Zu sehen ist in erster Linie eine übergrosse Hand mit vier Fingern, welche nach einer kleinen Figur mit langen Beinen greift. Die bedrohliche Hand ist im Verhältnis zum Arm sehr klobig, was sie unmenschlich wirken lässt. Die Darstellung suggeriert eine Geschichte – möglicherweise das Ende eines Dramas oder gar eines Alb¬traums. Das Bild ist auf dem Blatt zentriert und liegt unter einem Raster mit handschrift¬lichen Buchstaben, welche vereinzelt Worte ergeben, als ob es sich um ein Wortsuchspiel handle. Die blaue Schrift auf dem blauen Grund erschwert die Lesbarkeit zusätzlich. In der obersten Zeile ist «E S S C H W I N D E L T», ganz unten «G E N Ü S S E» zu erkennen. Auffallend ist auch hier die Struktur des Papieres. Es handelt sich um Eidechsenpapier, wel¬ches für Foto- oder Briefmarkenalben verwendet wird – dies mag eine Anspielung auf die klein¬bürgerliche Welt des Briefmarken sammelnden und Kreuzworträtsel lösenden Spiessers sein. Martin Hentschel meint dazu: «Bei allem Spott, den das Blatt auf hintergründige Weise entfacht, erkennen wir doch die heimliche Liebe Polkes zu der kleinbürgerlichen Welt, die er so durchtrieben ins Bild setzt.» Claudio Vogt