John M Armleder, 3 Entrées
Das Ziel der Gruppe Ecart ist es, alle Phasen der künstlerischen Produktion zu kontrollieren, von der eigentlichen Schöpfung über die Präsentation bis zum Vertrieb des Kunstwerks. Dieses Postulat und die Affinität zu Fluxus, wo Aleatorik und Prozesshaftes Prinzip ist, bringt es mit sich, dass Armleder in seinen künstlerischen Anfängen vor allem performative Arbeiten realisiert. Wenn er Werke mit Objektcharakter schafft, verwendet er zu dieser Zeit mit Vorliebe Objets trouvés, insbesondere Abfall, und allgemein povere Materialien (vgl. KML 180w). Ende der 1970er Jahre ändert sich die Form der Arbeiten. Aus einem vom Künstler als "refocusing“ benannten Ansatz heraus entstehen Gemälde, in denen Versatzstücke der klassischen (oft konstruktivistischen) Moderne isoliert und diese in neue Zusammenhänge integriert werden (vgl. KML M 96.3x). Über Zitat und Appropriation wird der Status des autonomen Werks ironisch hinterfragt. Die Leinwand als herkömmlicher Malgrund wird dabei mitunter durch Dinge des täglichen Lebens ersetzt. So schafft Armleder Bilder auf Lochplatten und Malereien auf gebrauchten Möbelstücken, die er ihrerseits wiederum mit klassisch abstrakten Gemälden kombiniert (vgl. KML 86.38:1-3w).
Seine Arbeit kann als Versuch verstanden werden, den Status des Kunstwerks auf die Ebene seiner Wahrnehmung und Rezeption auszuweiten. Die Komplexität der Beziehungen, die das Werk mit verschiedenen Milieus unterhalten kann und die Interaktionen, die es hervorruft, stehen im Zentrum des Vorgehens. Diese stark konzeptionell ausgerichtete Arbeitsweise gibt Armleder in der Funktion sowohl des Kunstprofessors (seit 1995 an der Kunsthochschule Braunschweig) als auch des Kurators (zuletzt der eigenen Werke im MAMCO Genf) weiter.
Stets dandyhaft gekleidet, hebt sich Armleder ab von der Figur des Dandys dahingehend, dass er über seine oft mit künstlerischem Eklektizismus spielenden Arbeiten keinerlei Genieanspruch erhebt. Darin nimmt er eine Gegenposition ein zum „Neuen Wilden“-Maler der frühen 1980er Jahre. Im Bewusstsein der eigenen elitären Herkunft versucht er erst gar nicht, sich in den 1960er Jahren als zeitgeistiger Hippie-Rebell oder danach als an der Welt leidender Genius zu inszenieren, sondern pflegt bewusst seit seinen künstlerischen Anfängen das Image des Künstlers als Teil der bestimmenden Gesellschaft.
Isabel Fluri
John M Armleder. Amor vacui, horror vacui, Genf, Musée d'Art Moderne et Contemporain (MAMCO) (Ausst.-Kat.) Genf: Musée d'Art Moderne et Contemporain (MAMCO) 2006
Hannover, Kunstverein Hannover (Ausst.-Kat.), John M. Armleder - Too much is not enough, hrs. von Stefan Berg, 2006
Bovier, Lionel (Hrsg.), John Armleder. La création contemporaine, Paris: Editions Flammarion, 2005
Zürich, Kunsthalle Zürich (Ausst.-Kat.), John M Armleder - About Nothing. Arbeiten auf Papier 1964-2004, hrsg. von Beatrix Ruf, Zürich: Kunsthalle Zürich, 2005
Nymphius, Friederike, John M Armleder. Pudding Overdose, Heidelberg: Kehrer Verlag, 2002
Baden-Baden, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden; Holderbank (Ausst.-Kat.), John M Armleder. At any speed, hrsg. von Margrit Brehm, mit Texten von Margrit Brehm, Parker Williams, Giacinto di Pierantonio, Axel Heil, Lionel Bovier, Christophe Cherix, Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz Verlag, 1998
Giacinto di Pierantonio, "Vom Umgang mit Bildern und Dingen / Images, Things and Participation", in: Parkett 50/51, 1997, S. 25-34
Bovier, Lionel, "Egal was und von wem", in: Parkett 50/51, 1997, S. 49-52
Ursprung, Philip, "Plötzlich diese Lockerung - John M Armleder und Peter Fischli & David Weiss", in: Kunst und Architektur in der Schweiz, 47. Jahrgang, 1996, Heft 1, S. 6-14
Utrecht, Centraal Museum Utrecht (Ausst.-Kat.), John M Armleder. Pour Paintings 1982-1992, hrsg. von Ellen de Bruijne, Utrecht: Centraal Museum Utrecht, 1992
Genf, Musée Rath (Ausst.-Kat.), John M. Armleder. Furniture Sculpture 1980 - 1990, Ritschard, Claude, Genf: Musée Rath, 1990
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungsbilanz 11 Jahre - 1117 Werke - 211 Künstler und Künstlerinnen, Ergänzungsband 2 zum Sammlungskatalog, hrsg. von Martin Kunz, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1989
Madrid, Círculo de Bellas Artes (Ausst.-Kat.), Escultura y dibujo: Cuatro artistas de Suiza. John M. Armleder, Martin Disler, Josef Felix Müller, Anselm Stalder, mit Texten von Martin Kunz, Bernhard Bürgi, Giovanni Testori, Patrick Frey, Madrid: Círculo de Bellas Artes, 1988
Winterthur, Kunstmuseum Winterthur (Ausstl.-Kat.), John M Armleder, hrsg. von Dieter Schwarz, mit Texten von Dieter Schwarz und Maurice Besset, Winterthur: Kunstmuseum Winterthur, 1987
Schwarz, Dieter, "Zu John M. Armleder", in: "Stiller Nachmittag". Aspekte Junger Schweizer Kunst. Kat. der Ausstellung im Kunsthaus Zürich, 1987, Zürich: Kunsthaus, 1987, S. 27-28
Genf, Centre d'art contemporain, 'Promenades'. Parc Lullin, Genthod (Genève), mit Texten von Bruno Corà und Denys Zacharopoulos, Genf: Centre d'art contemporain, 1985
Kunstmuseum Solothurn, Graphisches Kabinett (Ausst.-Kat.), John M Armleder: Arbeiten auf Papier, 1962-1983, 26. März bis 23. Mai 1983, Solothurn : Kunstmuseum Solothurn 1983
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Kunst '70-80'. Regionalismus/Internationalismus. Bilanz einer neuen Haltung in der Schweizer Kunst der 70er Jahre am Beispiel von 30 Künstlern, mit einem Text von Martin Kunz, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1981