Johann Baptist Marzohl, 48 Entrées
Am 10. Januar 1792 kommt der Landschaftsmaler Johann Baptist Marzohl in der luzernischen Vogtei Littau auf die Welt. Zwar ist über sein Leben nicht viel bekannt, doch zeugen sorgfältig ausgeführte Landschaftsveduten und unzählige Skizzen und Naturstudien (vgl. KML RH 814y) von einem der Kunst zugewandten Wirken, das sich vor allem nebenberuflich entfaltete. Als Autodidakt unterrichtete der Bäckergeselle, der sich früh der Aquarell-Malerei zuneigte, für kurze Zeit den Luzerner Maler Jakob Joseph Zelger, der später auch Schüler bei Alexandre Calame war und seinerseits den bekanntesten Innerschweizer Künstler Robert Zünd unterrichtete. Mit dieser Vorgängerrolle schreibt sich Marzohl in die Tradition der Luzerner Landschaftsmalerei ein, die sich dank zunehmendem Tourismus und dem damit verbundenen Wunsch nach visuellen Erinnerungsstücken zu einer führenden Gattung entwickelte.
Nachdem Luzern noch bis Ende des 18. Jahrhunderts die Prägung einer mittelalterlichen Kleinstadt aufweist, beginnt mit dem ansteigenden Fremdenverkehr die moderne Veränderung des Stadtbildes. Bis Mitte des 19. Jahrhundert werden durch Aufschüttungen am See der Jesuitenquai, die Promenade Unter der Egg und der Schweizerhofquai geschaffen, mit dem Schweizerhof entsteht 1845 der erste grosse Hotelkomplex. Gleichzeitig erfolgt zwischen 1834 und 1854 mit dem Abbruch der Hofbrücke und der Schleifung von über 40 Wachtürmen samt Ringmauern die Entfestigung der Stadt. 1856 wird Luzern auch von der Eisenbahn erschlossen und mit dem Bau des Bahnhofsgebäudes geschieht ein weiterer grosser Eingriff. Marzohls Werke sind in der Regel undatiert, doch zeigen sie ein Luzern, das vom Zahn des Fortschrittes scheinbar unberührt inmitten idyllischer Berg- und Hügelwelt gebettet liegt. Ob Marzohl ähnlich wie Zünd mit einem rückwärtsgewandten Blick sein Lebensumfeld einfängt oder ob seine Zeichnungen noch vor dem grossen Aufbruch entstanden sind? Dass er im Gegensatz zu Zünd der Industrialisierung nicht nur mit Skepsis entgegen sieht, beweist zumindest eine Zeichnung, die wohl die Jungfernfahrt des ersten Dampfschiffes im Jahr 1832 zeigt (RH 832y).
Marzohl ist mit den Kunstschaffenden seiner Heimatstadt gut vernetzt. Er gehört zu den Initiatoren der 1819 gegründeten Luzerner Kunstgesellschaft. Im Jahr 1825 kann er sich zusammen mit Jakob Schwegler, Karl Martin Eglin, Carl Ulrich und dem Italiener Santo Trolli als Kopist der Wandmalereien am Hertenstein-Haus verdient machen und hilft mit seinen Aquarellen, die Erinnerung an die Holbeinschen Kunstwerke, die einst die Aussenwand, den grossen Saal im Innenraum und die Privatkapelle der Familie Hertenstein zierten, zu bewahren. Während Marzohl nachzeichnet, wird das wertvolle Haus bedenkenlos abgebrochen, die ungelenken Zeichnungen, die heute in der Bürgerbibliothek Luzerns aufbewahrt werden, zeugen von der Hast des Künstlers.
Im Laufe seines Lebens reist Marzohl mehrmals nach Italien. Seit der Renaissance war das südliche Nachbarsland Ziel der internationalen Künstlergemeinde, die Reise nach Rom stellte oft Höhepunkt und Abschluss der künstlerischen Ausbildung dar. Während sich die Künstler im 18. Jahrhundert noch nach der idyllischen Landschaft verzehrten, zeichnete sich mit Beginn des 19. Jahrhundert ein Wandel zugunsten der naturgetreuen Darstellung ab. Bevorzugte Motive waren zu allen Zeiten die Überreste des antiken Roms, sowie die Landschaften der Campagna. Wie viele andere Italienreisende seiner Zeit konzentriert sich auch Marzohls Hauptinteresse vor allem auf die ruinenhaften Reste des Forum Romanum (vgl. KML RH 633y). Die überlieferten Werke sind eher skizzenhafter Natur und zeichnen sich durch eine realistische Wiedergabe aus. Ohne das Gesehene zu überhöhen, wählt Marzohl einen schon beinahe dokumentarischen Zugang. Wie oft Marzohl nach Italien reist, ist nicht überliefert. Am 1. März 1863 stirbt er in Rom.
Marzohls Werke wurden nur selten gezeigt. Im Jahr 1840 kann er in Basel an der 1. Schweizerischen Kunstausstellung italienische und schweizerische „Ansichten“ (so der die Ausstellung begleitende Katalog) ausstellen – dies sollte jedoch in der publikumswirksamen Turnusausstellung des Schweizerischen Kunstvereins die einzige Gelegenheit bleiben. Erst nach seinem Tod wird sein Werk wieder gezeigt: Im Jahr 1868 feiert die Kunstgesellschaft Luzern ihr 50-jähriges Bestehen mit einer umfassenden Ausstellung und zeigt unter anderem vier Werke Marzohls. 1997 wird mit der Ausstellung „Ein Zwischen Blick auf die Sammlung – die graphische Abteilung“ im Kunstmuseum Luzern ein vorläufig letzter Blick auf Marzohls Schaffen gewährleistet.
Denise Frey
Nachdem Luzern noch bis Ende des 18. Jahrhunderts die Prägung einer mittelalterlichen Kleinstadt aufweist, beginnt mit dem ansteigenden Fremdenverkehr die moderne Veränderung des Stadtbildes. Bis Mitte des 19. Jahrhundert werden durch Aufschüttungen am See der Jesuitenquai, die Promenade Unter der Egg und der Schweizerhofquai geschaffen, mit dem Schweizerhof entsteht 1845 der erste grosse Hotelkomplex. Gleichzeitig erfolgt zwischen 1834 und 1854 mit dem Abbruch der Hofbrücke und der Schleifung von über 40 Wachtürmen samt Ringmauern die Entfestigung der Stadt. 1856 wird Luzern auch von der Eisenbahn erschlossen und mit dem Bau des Bahnhofsgebäudes geschieht ein weiterer grosser Eingriff. Marzohls Werke sind in der Regel undatiert, doch zeigen sie ein Luzern, das vom Zahn des Fortschrittes scheinbar unberührt inmitten idyllischer Berg- und Hügelwelt gebettet liegt. Ob Marzohl ähnlich wie Zünd mit einem rückwärtsgewandten Blick sein Lebensumfeld einfängt oder ob seine Zeichnungen noch vor dem grossen Aufbruch entstanden sind? Dass er im Gegensatz zu Zünd der Industrialisierung nicht nur mit Skepsis entgegen sieht, beweist zumindest eine Zeichnung, die wohl die Jungfernfahrt des ersten Dampfschiffes im Jahr 1832 zeigt (RH 832y).
Marzohl ist mit den Kunstschaffenden seiner Heimatstadt gut vernetzt. Er gehört zu den Initiatoren der 1819 gegründeten Luzerner Kunstgesellschaft. Im Jahr 1825 kann er sich zusammen mit Jakob Schwegler, Karl Martin Eglin, Carl Ulrich und dem Italiener Santo Trolli als Kopist der Wandmalereien am Hertenstein-Haus verdient machen und hilft mit seinen Aquarellen, die Erinnerung an die Holbeinschen Kunstwerke, die einst die Aussenwand, den grossen Saal im Innenraum und die Privatkapelle der Familie Hertenstein zierten, zu bewahren. Während Marzohl nachzeichnet, wird das wertvolle Haus bedenkenlos abgebrochen, die ungelenken Zeichnungen, die heute in der Bürgerbibliothek Luzerns aufbewahrt werden, zeugen von der Hast des Künstlers.
Im Laufe seines Lebens reist Marzohl mehrmals nach Italien. Seit der Renaissance war das südliche Nachbarsland Ziel der internationalen Künstlergemeinde, die Reise nach Rom stellte oft Höhepunkt und Abschluss der künstlerischen Ausbildung dar. Während sich die Künstler im 18. Jahrhundert noch nach der idyllischen Landschaft verzehrten, zeichnete sich mit Beginn des 19. Jahrhundert ein Wandel zugunsten der naturgetreuen Darstellung ab. Bevorzugte Motive waren zu allen Zeiten die Überreste des antiken Roms, sowie die Landschaften der Campagna. Wie viele andere Italienreisende seiner Zeit konzentriert sich auch Marzohls Hauptinteresse vor allem auf die ruinenhaften Reste des Forum Romanum (vgl. KML RH 633y). Die überlieferten Werke sind eher skizzenhafter Natur und zeichnen sich durch eine realistische Wiedergabe aus. Ohne das Gesehene zu überhöhen, wählt Marzohl einen schon beinahe dokumentarischen Zugang. Wie oft Marzohl nach Italien reist, ist nicht überliefert. Am 1. März 1863 stirbt er in Rom.
Marzohls Werke wurden nur selten gezeigt. Im Jahr 1840 kann er in Basel an der 1. Schweizerischen Kunstausstellung italienische und schweizerische „Ansichten“ (so der die Ausstellung begleitende Katalog) ausstellen – dies sollte jedoch in der publikumswirksamen Turnusausstellung des Schweizerischen Kunstvereins die einzige Gelegenheit bleiben. Erst nach seinem Tod wird sein Werk wieder gezeigt: Im Jahr 1868 feiert die Kunstgesellschaft Luzern ihr 50-jähriges Bestehen mit einer umfassenden Ausstellung und zeigt unter anderem vier Werke Marzohls. 1997 wird mit der Ausstellung „Ein Zwischen Blick auf die Sammlung – die graphische Abteilung“ im Kunstmuseum Luzern ein vorläufig letzter Blick auf Marzohls Schaffen gewährleistet.
Denise Frey