Reinhold Kündig, 2 Entrées
Reinhold Kündig, am 15. Januar 1888 in Uster geboren, stammt aus einer kleinbürgerlichen Familie, die ohne grosses Geschick und Glück ein kleines Geschäft führt. 1902 siedelt sie nach Zürich-Wiedikon über, wo Kündig die Sekundarschule besucht und eine lebenslange Freundschaft mit dem angehenden Maler Hermann Huber schliesst. Als 15-Jähriger absolviert Kündig, zusammen mit Paul Bodmer, eine Lehre als Theatermaler bei Albert Isler in Zürich.
Nach Abschluss der Lehrjahre siedeln beide nach Deutschland über und arbeiten zunächst in Düsseldorf, dann in Berlin im angelernten Beruf. Doch schon bald muss Kündig erkennen, dass diese Tätigkeit mehr und mehr zur reinen Anstreicharbeit bereits vorgefertigter Requisiten verkommt und er beschliesst, sich von der oberflächlichen Dekorations- und Kulissenmalerei zu befreien. Zusammen mit seinem Freund Hermann Huber reist er nach München, wo er für zwei Monate die private Zeichenschule von Moritz Heimann besucht. Ein intensives Eigenstudium sowie der Besuch von Museen und Ausstellungen markieren den Übergang zur freien künstlerischen Tätigkeit. Gefördert wird er nach seiner Rückkehr in die Schweiz durch den Zürcher Eisenhändler, Mäzen und Sammler Richard Kisling sowie durch den Kunsthändler Albin Neupert. Beide nehmen Werke des jungen Malers in Zahlung, so dass nach Kislings Tod 1917 eine ansehnliche Sammlung früher Bilder Kündigs in den Besitz des Kunsthaus Zürich und der Pestalozzi-Gesellschaft übergeht. Das frühe Werk besteht hauptsächlich aus tonigen Landschaften, die noch durch den französischen Impressionismus geprägt sind.
1908 unternimmt Kündig mit Huber und anderen jungen Malern eine Reise nach Rom, die etwas ziellos bleibt. Von der Hafenstadt Terracina, zwischen Rom und Neapel gelegen, ist er allerdings so angetan, dass er während seines Lebens immer wieder dorthin zurückkehrt. Nach der Heimfahrt in die Schweiz folgt eine Zeit der äusseren Not und der Künstler zieht sich in die Einsamkeit nach Gfell bei Sternenberg zurück. Während eines Parisaufenthalts im Winter 1910/11 sieht Kündig zum ersten Mal Originale von Picasso und der Fauves, was eine entscheidende, wenn auch kurzzeitige Veränderung der eigenen Malweise nach sich zieht. Die Farben gewinnen eine expressive Leuchtkraft, der Auftrag ist heftig-pastos und die Landschaftsmalerei erfährt eine flächenhaft-dekorative Abstraktion. Er besucht ein zweites Mal Rom und Terracina und wird noch im selben Jahr Mitglied des "Modernen Bundes". 1912 nimmt er im Kunsthaus Zürich an der zweiten Ausstellung der avantgardistischen Künstlergruppe teil, wo neben Werken von den Mitgliedern Hans Arp, Wilhelm Gimmi, Walter Helbig, Hermann Huber, Oscar Lüthy und Emil Sprenger auch erstmals Werke des Blauen Reiters dem Schweizer Publikum vorgeführt werden.
Aus dieser Zeit stammen die elf Bogenfelder für die Eingangshalle des Universitätsneubaus sowie die Wandfresken für das Letten-Schulhaus in Zürich. Die Wandmalereien finden jedoch wenig Beifall. Während sich die Arbeiten in der Universität erhalten haben, werden die Bogenfelder mit den Kindermotiven im Schulhaus Letten auf Beschluss der Lehrerschaft bereits zwei Jahre nach ihrer Entstehung wieder entfernt.
Kündig wechselt erneut seinen Wohnort und verbringt acht Monate in Grächen im Oberwallis. Es folgt eine dreimonatige Tunesienreise, die künstlerisch ohne grosse Auswirkungen bleibt. Noch während des ersten Weltkriegs heiratet er die Schwester seines Freundes, Hedwig Huber, worauf er festen Wohnsitz, zunächst auf den Baldern am Uetliberg, dann in Hirzel und schliesslich in Hinterrüti oberhalb Horgen bezieht, wo er bis zu seinem Tod am 16. Juni 1984 im eigenen Atelierhaus arbeitet und lebt.
Eine künstlerisch entscheidende Wende bringt die Auseinandersetzung mit Gustave Courbet in den zwanziger Jahren. Im Werk des französischen Realisten sieht er seine eigene Auffassung und Anlagen bestätigt. Die Landschaft, schon zuvor zentrales Thema im künstlerischen Schaffen Kündigs, wird wieder tonig, realer, das Kolorit erdig, zurückhaltend. Von entscheidender Auswirkung ist der Gebrauch des Spachtels anstelle des Pinsels. Kündig bringt die Farbe mittels Spachtel in mehreren Schichten auf, so dass die obere, poröse Farbschicht die unteren stellenweise durchschimmern lassen. Formen und Umrisse ergeben sich aus dem Zusammentreffen der Farbe. In den unprätentiösen, vor den Türen seiner jeweiligen Wohnstätten entstandenen Landschaftsbildern sowie in Stilleben und Figurenbildern geht es Kündig nicht um naturalistische Detailtreue, sondern um Atmosphäre, um die Wiedergabe von Jahreszeiten oder das Wirken des Menschen in der Landschaft. Er, der noch 1910 in seinem Tagebuch schreibt: "Ich bin in jeder Beziehung voll Zweifel, wie der Käs voll Löcher", hat nach eigenem Dafürhalten die ihm gemässe künstlerische Sprache gefunden. Innerhalb ihrer Grenzen, die er bis zum Tod im hohen Alter von 96 Jahren nicht mehr überschreitet, fühlt er sich geborgen. Sein Werk präsentiert sich nach den kurzen impressionistischen und expressionistischen Phasen, über die er sich rückblickend kritisch äussert, so einheitlich, dass nachträgliche Datierungen der Gemälde kaum mehr möglich sind. Dieser konsequente Stil vermag ihm einen wachsenden Namen und wohl auch eine stetige Kunstklientel zu verschaffen. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland runden die lange Künstlerkarriere ab.
Regine Fluor-Bürgi
Nach Abschluss der Lehrjahre siedeln beide nach Deutschland über und arbeiten zunächst in Düsseldorf, dann in Berlin im angelernten Beruf. Doch schon bald muss Kündig erkennen, dass diese Tätigkeit mehr und mehr zur reinen Anstreicharbeit bereits vorgefertigter Requisiten verkommt und er beschliesst, sich von der oberflächlichen Dekorations- und Kulissenmalerei zu befreien. Zusammen mit seinem Freund Hermann Huber reist er nach München, wo er für zwei Monate die private Zeichenschule von Moritz Heimann besucht. Ein intensives Eigenstudium sowie der Besuch von Museen und Ausstellungen markieren den Übergang zur freien künstlerischen Tätigkeit. Gefördert wird er nach seiner Rückkehr in die Schweiz durch den Zürcher Eisenhändler, Mäzen und Sammler Richard Kisling sowie durch den Kunsthändler Albin Neupert. Beide nehmen Werke des jungen Malers in Zahlung, so dass nach Kislings Tod 1917 eine ansehnliche Sammlung früher Bilder Kündigs in den Besitz des Kunsthaus Zürich und der Pestalozzi-Gesellschaft übergeht. Das frühe Werk besteht hauptsächlich aus tonigen Landschaften, die noch durch den französischen Impressionismus geprägt sind.
1908 unternimmt Kündig mit Huber und anderen jungen Malern eine Reise nach Rom, die etwas ziellos bleibt. Von der Hafenstadt Terracina, zwischen Rom und Neapel gelegen, ist er allerdings so angetan, dass er während seines Lebens immer wieder dorthin zurückkehrt. Nach der Heimfahrt in die Schweiz folgt eine Zeit der äusseren Not und der Künstler zieht sich in die Einsamkeit nach Gfell bei Sternenberg zurück. Während eines Parisaufenthalts im Winter 1910/11 sieht Kündig zum ersten Mal Originale von Picasso und der Fauves, was eine entscheidende, wenn auch kurzzeitige Veränderung der eigenen Malweise nach sich zieht. Die Farben gewinnen eine expressive Leuchtkraft, der Auftrag ist heftig-pastos und die Landschaftsmalerei erfährt eine flächenhaft-dekorative Abstraktion. Er besucht ein zweites Mal Rom und Terracina und wird noch im selben Jahr Mitglied des "Modernen Bundes". 1912 nimmt er im Kunsthaus Zürich an der zweiten Ausstellung der avantgardistischen Künstlergruppe teil, wo neben Werken von den Mitgliedern Hans Arp, Wilhelm Gimmi, Walter Helbig, Hermann Huber, Oscar Lüthy und Emil Sprenger auch erstmals Werke des Blauen Reiters dem Schweizer Publikum vorgeführt werden.
Aus dieser Zeit stammen die elf Bogenfelder für die Eingangshalle des Universitätsneubaus sowie die Wandfresken für das Letten-Schulhaus in Zürich. Die Wandmalereien finden jedoch wenig Beifall. Während sich die Arbeiten in der Universität erhalten haben, werden die Bogenfelder mit den Kindermotiven im Schulhaus Letten auf Beschluss der Lehrerschaft bereits zwei Jahre nach ihrer Entstehung wieder entfernt.
Kündig wechselt erneut seinen Wohnort und verbringt acht Monate in Grächen im Oberwallis. Es folgt eine dreimonatige Tunesienreise, die künstlerisch ohne grosse Auswirkungen bleibt. Noch während des ersten Weltkriegs heiratet er die Schwester seines Freundes, Hedwig Huber, worauf er festen Wohnsitz, zunächst auf den Baldern am Uetliberg, dann in Hirzel und schliesslich in Hinterrüti oberhalb Horgen bezieht, wo er bis zu seinem Tod am 16. Juni 1984 im eigenen Atelierhaus arbeitet und lebt.
Eine künstlerisch entscheidende Wende bringt die Auseinandersetzung mit Gustave Courbet in den zwanziger Jahren. Im Werk des französischen Realisten sieht er seine eigene Auffassung und Anlagen bestätigt. Die Landschaft, schon zuvor zentrales Thema im künstlerischen Schaffen Kündigs, wird wieder tonig, realer, das Kolorit erdig, zurückhaltend. Von entscheidender Auswirkung ist der Gebrauch des Spachtels anstelle des Pinsels. Kündig bringt die Farbe mittels Spachtel in mehreren Schichten auf, so dass die obere, poröse Farbschicht die unteren stellenweise durchschimmern lassen. Formen und Umrisse ergeben sich aus dem Zusammentreffen der Farbe. In den unprätentiösen, vor den Türen seiner jeweiligen Wohnstätten entstandenen Landschaftsbildern sowie in Stilleben und Figurenbildern geht es Kündig nicht um naturalistische Detailtreue, sondern um Atmosphäre, um die Wiedergabe von Jahreszeiten oder das Wirken des Menschen in der Landschaft. Er, der noch 1910 in seinem Tagebuch schreibt: "Ich bin in jeder Beziehung voll Zweifel, wie der Käs voll Löcher", hat nach eigenem Dafürhalten die ihm gemässe künstlerische Sprache gefunden. Innerhalb ihrer Grenzen, die er bis zum Tod im hohen Alter von 96 Jahren nicht mehr überschreitet, fühlt er sich geborgen. Sein Werk präsentiert sich nach den kurzen impressionistischen und expressionistischen Phasen, über die er sich rückblickend kritisch äussert, so einheitlich, dass nachträgliche Datierungen der Gemälde kaum mehr möglich sind. Dieser konsequente Stil vermag ihm einen wachsenden Namen und wohl auch eine stetige Kunstklientel zu verschaffen. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland runden die lange Künstlerkarriere ab.
Regine Fluor-Bürgi