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Description
Aus dem dunkelgrauen Grund treten drei Objekte hervor: Ein Wasserglas, ein Fruchtteller und eine Lesepfeife. Der Tisch, auf dem sie sich befinden, lässt sich lediglich durch den Schattenwurf der Gegenstände und die sich leicht diagonal nach hinten durch den Bildraum ziehende schwarze Linie erahnen. Der nach rechts versetzte Teller ist in groben weissen Pinselstrichen um die beiden darin befindlichen Früchte herumgemalt. Vorne liegt ein schwarz-blaues Traubenbüschel mit senkrecht nach oben ragendem Ästchen, dahinter eine ovoide gelb-orange Frucht, die von einer dicken, schwarzen Umrisslinie eingefasst wird. An Details wie einzelnen Trauben hielt sich der Künstler nicht auf, sondern deutete sie lediglich durch Hell-Dunkel-Kontraste und eine runde Pinselführung an. Vor diesem Ensemble liegt die längliche Pfeife parallel zu der im Hintergrund verlaufenden Tischkante. Das Mundstück wird von dem unteren Bildrand leicht beschnitten. Der in warmem Brauntönen mit der gelben Frucht korrespondierende Holm endet in einer kalkweissen Brennkammer, deren dunkle Öffnung dem Betrachtenden zugewandt ist. Die Ähnlichkeit des Farbtons mit demjenigen der Früchteplatte irritiert, da es sich wohl kaum um dasselbe Material handelt. Der sichelförmige Schatten der Brennkapsel fällt nach links auf den Tisch und eine weissliche Reflexion nach vorne Richtung Bildrand. Ganz links befindet sich das anscheinend leere Wasserglas. Die Konturen sind mit einem heftigen, schnellen Pinselstrich gemalt, der an den Übergängen absetzt. Der Flachpinsel war nicht über die ganze Breite der Haare mit derselben Farbe getränkt, was zu einer polychromen weiss-grauen Linie führte. Die Materialität des Glases wird durch die Durchsicht auf die Rückseite und eine wässrige Verschmierung wiedergegeben.
Das Stillleben ist ein Bildtypus der seit dem 17. Jahrhundert existiert und nie aus der Mode kam. Lediglich der Schwerpunkt des künstlerischen Interesses an den arrangierten Gegenständen verschob sich laufend. So wurde Anfang des 20. Jahrhunderts meist nicht mehr versucht eine illusionistische Wiedergabe anzufertigen. Auch Vanitas-Inhalte oder die realistische Darstellung und Farbmodulation, die anhand dieses Motivs im 19. Jahrhundert zum Ausdruck kamen, wichen einem Experimentieren mit der Perspektive, Form, Struktur und Materialität des Abgebildeten. Im Kunstmuseum Luzern befinden sich mehrere Blumen- und Früchte-Stilleben aus der Sammlung Minnich unter anderem von Maurice Vlaminck, Max Pechstein, Charles Dufresne und Pinchus Krémègne. In all diesen Gemälden ist diese neue malerische Haltung zu Anfang des 20. Jahrhunderts spürbar, was darauf schliessen lässt, dass Minnich ein grosses Interesse am traditionellen Bildtypus in moderner Ausführung hatte.
Chonja Lee
Provenance
Kunstmuseum Luzern, Leihgabe Alice Minnich
Eingangsjahr: 1939
Exhibition History
Sammlung Walter und Alice Minnich 1936/37
1933-1993. 60 Jahre Kunstmuseum Luzern im Meili-Bau, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 20.04.1993 - 02.05.1993
Legat 1990 und nachträgliches Legat Alice Minnich 2006
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
"Wühlen in Farben, Wälzen in Klängen". Schenkung Minnich, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 18.10.2002 - 27.04.2003
Modell für ein Museum. Werke aus der Sammlung, mit der integralen Schenkung Minnich, dazu ein "Bilderzimmer" von Anton Henning und Allan Porters "I Am a Museum", Luzern, Kunstmuseum Luzern, 21.10.2006 - 11.02.2007
Minnich Raum 12
Bibliographie
Greschat, Isabel/Lichtin, Christoph (Hrsg.), Pechstein, Melzer, Soutine, Terechkovitch. Der Sammler Walter Minnich und das Kunstmuseum Luzern, Heidelberg: Kehrer; Luzern: Kunstmuseum Luzern, 2006
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983