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Description
Die steile Felswand links und das dichte Blattwerk rechts versperren in Steffans „Idyllischer Landschaft“ den Blick in die Ferne und schaffen einen hohen Horizont. Das kleine Dreieck Himmel, welches zu sehen bleibt, leuchtet dafür in umso strahlenderem Blau. Diese Form des Dreiecks wird in den ebenfalls heller gestalteten Steinen im linken Vordergrund spiegelverkehrt nochmals aufgenommen, ansonsten ist die "Idyllische Landschaft" eher in dunklen Farben gehalten. Die Kante des Felsens links und der Baumstamm rechts vereinen sich zu einer prägnanten diagonalen Linie, in deren Achse im rechten Vordergrund, im Schatten des dunklen Gehölzes, ein Pan sitzt.
Der gewählte Bildausschnitt entspricht den Prinzipien der „paysage intime“, bei welcher klar eingegrenzte und überschaubare Bildausschnitte gewählt werden, die im Grunde unspektakulär, dafür aber „intim“ sind. Diese aus Frankreich kommende Strömung der Landschaftsmalerei stösst in München ab den 1860er Jahren vermehrt auf Interesse, wobei Steffan künstlerischen Entwicklungen gegenüber grundsätzlich eher verhalten bleibt. Mit der integrierten Darstellung des mythologischen Pans stellt diese als "idyllisch" betitelte Landschaft eine Ausnahme in Steffans Werk dar. Das seltsame Auftauchen der mythologischen Gestalt liesse sich vielleicht mit seiner Bekanntschaft zu Arnold Böcklin erklären, welcher als mittelloser Künstler 1858 in Steffans Atelier Aufnahme findet. Böcklin distanziert sich von der Landschaftsmalerei wie sie Steffan pflegt, indem er seine Landschaften symbolisch auflädt und mythologischen Wesen eine zentrale Rolle zuspricht. Im selben Jahr, in dem Böcklin in München ist, 1858, entsteht sein Bild „Pan im Schilf“ (Neue Pinakothek München). Steffans „Idyllische Landschaft“ kann als später Kommentar zu den Arbeiten des inzwischen erfolgreichen Böcklin verstanden werden.
Im Gegensatz zu Böcklin ordnet Steffan seinem Pan eine dezentrale Position im Bild zu und gibt ihm eine relativ unscheinbare Grösse. Das monochrome rotbraune Kolorit, Komplementärfarbe zum dunkelgrünen Dickicht, verleiht der Figur den Charakter eines unnatürlichen, ins Bild gesetzten Fremdkörpers, lässt sie zugleich jedoch aufgrund der übereinstimmenden Farbstärke beinahe im Dickicht verschwinden. Steffans Pan behält dadurch die Funktion einer Staffagefigur bei, er wird nicht wie bei Böcklin eindeutig als Inhaltsträger in die Landschaft integriert.
Indem Steffan seinen mythologischen Pan so offensichtlich zurückdrängt, distanziert er sich auf kühne Weise von Böcklins Bildkonzept. Der beinahe im Dickicht verschwindende Pan entspricht Steffans Auffassung, dass zeitlose figürliche Darstellungen nicht notwendig sind, um idyllische Landschaften zu präsentieren. In Steffans Augen ist die wahre Idylle eines Bildes alleine in der Natur zu finden.
Seraina Werthemann
Provenance
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung, 1935
Eingangsjahr: 1935
Provenienz/ Provenance
Fritz Nathan
Ernst Meyer, Zürich
Bernhard Eglin-Stiftung, 1935
Bibliografische Referenz/ Bibliographical References
Sandor-Schneebeli, Eva: Johann Gottfried Steffan. Landschaftsmaler 1815-1905, Wädenswil: Nimbus, 2009
Unmittelbare Quellen (Dokumente mit unmittelbarem Bezug zum Objekt)/ Primary Sources
• Brief F. Nathan, München, an Walter Hugelshofer, Zürich, vom 21.10.1933, Unterlagen Bernhard Eglin-Stiftung, Stadtarchiv Luzern
• Brief W. Meyer-Rahn an Schweizerische Kreditanstalt, Luzern, vom 01.03.1935, Unterlagen Bernhard Eglin-Stiftung, Stadtarchiv Luzern
Weitere konsultierte Quellen/ Further sources
• Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Berlin
• Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg: Database of Art Objects at the Jeu de Paume
• Database “Central Collecting Point München” Database “Kunstsammlung Hermann Göring”
• Getty Provenance Index, German Sales Catalogs
• Lootedart.com Lost Art
• Répertoire des Biens Spoliés
• Verzeichnis national wertvoller Kunstwerke (“Reichsliste von 1938”)
Zusammenfassung/ Conclusion
Das Gemälde wurde 1935 von der Bernhard Eglin-Stiftung für CHF 800,- von einem Ernst Meyer, Sternenstr. 16, Zürich 2, erworben. In einem Schreiben von Fritz Nathan an Walter Hugelshofer, den Ankäufer der Bernhard Eglin-Stiftung, identifiziert Nathan diesen als seinen Vertreter in Zürich. Das Gemälde könnte also durchaus aus deutschem Besitz stammen. Da die Geschäftsunterlagen der Ludwig-Galerie in München im 2. Weltkrieg untergingen, lässt sich ein Vorbesitzer vor 1935 nicht ausfindig machen.
Kategorie B
Exhibition History
Die Erwerbungen der Bernhard-Eglin-Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 15.12.1935 - 08.01.1936
Waldspaziergang. Der Wald in der europäischen Malerei, Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum, 16.04.1989 - 04.06.1989
Il viaggio verso le Alpi, Bellinzona, Civica Galleria d'Arte, Villa dei Cedri, 15.03.1997 - 01.06.1997
Grüner Heinrich - Schweizer Künstler in München 1840-1890, Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum Pfäffikon, 26.02.2005 - 17.04.2005
Terrain. Von Robert Zünd bis Tony Cragg – Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts und zeitgenössische Skulptur aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 02.03.2007 - 05.08.2007
Johann Gottfried Steffan, 1815–1905, Kunsthaus Glarus, 24.04.1955 - 28.05.1955
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
Modell für ein Museum. Werke aus der Sammlung, mit der integralen Schenkung Minnich, dazu ein "Bilderzimmer" von Anton Henning und Allan Porters "I Am a Museum", Luzern, Kunstmuseum Luzern, 21.10.2006 - 11.02.2007
Ins Offene! Landschaftsdarstellungen von Ferdinand Hodler und Robert Zünd bis Max von Moos, Luzern, 08.03.2014 - 16.11.2014
Paesaggi a confronto Arte, natura e società in Svizzera 1850-1920, Bellinzona, Civica Galleria d'Arte, Villa dei Cedri, 18.09.2021 - 16.01.2022
Bibliographie
Sandor-Schneebeli, Eva, Johann Gottfried Steffan. Landschaftsmaler 1815-1905, hrsg. von Walter Feilchenfeldt, Wädenswil: Nimbus, 2009 (Schriftenreihe der International Music and Art Foundation, Bd. 2)
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Meister / Swiss Masters. Publikation zum 75-Jahr-Jubiläum der Bernhard Eglin-Stiftung / Publication for the 75-year Jubilee of the Bernhard Eglin Foundation, hrsg. von Peter Fischer und Christoph Lichtin, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli, 2008
Lichtin, Christoph, "Die Sammlung im Kunstmuseum Luzern", in: s/w visarte.bern, Nr. 3, 2007, unpaginiert
Pfäffikon, Seedamm Kulturzentrum Pfäffikon/Wädenswil, Villa Grünenberg (Ausst.-Kat.), Grüner Heinrich. Lebensläufe zwischen Scheitern und Erfolg, hrsg. von Adrian Scherrer, mit Texten von Bernhard Echte, Markus Schöb (et al.), Stäfa: Th. Gut, 2005
Bellinzona, Civica Galleria d'Arte (Ausst.-Kat.), Viaggio verso le Alpi, Bellinzona: Villa dei Cedri, 1997
Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum (Ausst. Kat.), Waldspaziergang. Walddarstellungen in der europäischen Malerei, hrsg. von Willy Rotzler und Martin Küper, 1989
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Gantner, Joseph/Reinle, Adolf, Kunstgeschichte der Schweiz. Vierter Band. Die Kunst des 19. Jahrhunderts. Architektur, Malerei, Plastik, Frauenfeld: Huber, 1962
Reinle, Adolf, Das Luzerner Kunstmuseum. Ein Führer durch die Sammlung, hrsg. vom Stadtarchiv Luzern und einer vom Stadtrat bestellten Kommission, Luzern: Kommissionsverlag Eugen Haag, 1958
Glarus, Kunsthaus Glarus (Ausst.-Kat.), Johann Gottried Steffan. 1815–1905, hrsg. vom Kunstverein Glarus, mit einem Text von Fritz Brunner, Glarus: Kunsthaus Glarus, 1955
Meyer-Rahn, Hans, Gesamtbericht über die Gründung und Tätigkeit der Bernhard Eglin-Stiftung von 1933-1946, Luzern: Bernhard Eglin-Stiftung, 1946
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Die Erwerbungen der Bernhard-Eglin-Stiftung, mit einem Vorwort von Paul Hilber, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1935