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Description
Das von Ferdinand Hodler in das Jahr 1895 datierte Gemälde "Frauenbildnis" zeigt eine junge Frau in einem weissen Kleid. Über die Schultern ist ein schwarzer Mantel mit einem hohen Kragen gelegt, der wie ein Gerüst den leicht zur Seite geneigten Kopf trägt. Die rot geschminkten Lippen dominieren das frontal angelegte Gesicht, das fast in der vertikalen Bildachse platziert ist, während das Kinn auf der horizontalen Mitte zu liegen kommt. Anton Müller spricht 1951 von „straffer Parallelität der Bildaufbaus und starker Kontrastwirkung“, die dem Gemälde „den Ausdruck eines monumentalen Kompositionswillen“ verleihe.
Das Original lässt im unteren Bereich deutlich die Spuren einer Übermalung erkennen. Einst hielt die Frau eine mit wenigen Strichen angedeutete Blume in den Händen – Anklänge an die weiblichen Engel in „Der Auserwählte“ aus dem Jahr 1894. 1981 wurde die Dargestellte mit der Schriftstellerin und Tochter des Grafen Louis de Romain in Verbindung gebracht. Die Identität der Porträtierten ist jedoch nicht eindeutig geklärt.
Der erste dokumentierte Besitzer war der Hamburger Sammler Jerôme Friedmann. Dieser war eine der in Kunstdingen fortschrittlich gesinnten Persönlichkeiten, die in Deutschland französische und deutsche Moderne sammelten. Friedmann vereinigte in seiner Kollektion neben einer Anzahl von modernen französischen Bildern so bedeutender Meister wie Courbet, Corot, Pissarro und Daubigny vor allem deutsche Impressionisten und Secessions-Künstler und reihte in diese auch Hodler-Gemälde ein. Friedmann musste das Gemälde wegen finanzieller Probleme 1912 erstmals versteigern lassen, was offensichtlich misslang. Ein nachträglicher Bericht in der Neuen Zürcher Zeitung am 7. November 1912 wies auf die Auktion und mehrere Hodler-Gemälde hin, das Frauenbildnis blieb allerdings unerwähnt. 1916 wurde es erneut bei Lepke in Berlin – nun aus dem Erbe des 1913 verstorbenen Sammlers – angeboten. Danach verliert sich die Spur bis das Gemälde durch den Kunsthandel 1950 der Gottfried-Keller-Stiftung angeboten wurde. Detaillierte Angaben dazu unter Provenienz.
Matthias Fischer
Provenance
Kunstmuseum Luzern, Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Gottfried Keller-Stiftung, Bern, 1950
Eingangsjahr: 1950
Kunstmuseum Luzern, Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Gottfried Keller-Stiftung, Bern, 1950
Eingangsjahr Kunstmuseum Luzern 1950
Provenienz/Provenance
1912-1916 Jérôme Friedmann, Hamburg [1]
29.10.1912 Rudolph Lepke's Kunst-Auction-Haus, Berlin, Lot 82 [2]
10.10.1916 Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin, Lot 44 [3]
ohne Datum deutscher Privatbesitz [4]
Bis 1950 Julius Gugger, Basel, erworben aus deutschem Privatbesitz [5]
Seit 1950 Schweizerische Eidgenossenschaft, Sammlung der Gottfried Keller-Stiftung, erworben von Julius Gugger, Basel [6]
Aktuell untersucht das Bundesamt für Kultur weitere Quellen um die Provenienz-Lücke zwischen 1916 und 1950 (deutscher Privatbesitz, unbekannt) zu füllen.
Quellen
[1] Inventar GKS / Werkverzechnis (WV) Hodler online (SIK-ISEA) / Bericht GKS 1950/51 / alte Archivkarte
[2] Inventar GKS / WV / Getty Provenance Index Databases / Wahrscheinlich nicht verkauft und zurück an Friedmann
[3] Inventar GKS / WV / Getty Index Databases
[4] Brief von Marcel Fischer an Hermann Holderegger vom 15. Januar 1950 / Laut diesem Brief weigert sich J. Gugger, die Herkunft des Gemäldes zu nennen.
[5] Inventar GKS / WV
[6] Inventar GKS
Exhibition History
Hodler. Amiet. Giacometti. Werke aus Innerschweizer Sammlungen, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 10.07.2010 - 10.10.2010
Hodler und Freiburg. Die Mission des Künstlers, Freiburg, Museum für Kunst und Geschichte, 11.06.1981 - 20.09.1981
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
August Babberger. Zum 100. Geburtsjahr und 50. Todesjahr. Ein Zwiegespräch mit Hodler, Kirchner, Amiet, Augusto Giacometti und Danioth, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 22.06.1986 - 10.10.1986
F. Hodler, Hamburg, Hamburger Kunsthalle
Der Lesesaal. Werke aus der Sammlung von Hodler, Augusto und Giovanni Giacometti, Amiet, Vallotton, Markowitsch, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 06.05.2006 - 27.08.2006
Picasso, Beckmann, Nolde und die Moderne. Meisterwerke aus frühen Privatsammlungen in Hamburg, Hamburg, Hamburger Kunsthalle, 16.03.2001 - 17.06.2001
F. Hodler, Köln, Wallraf-Richartz-Museum
F. Hodler, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen
La collection retrouvée. Von Füssli bis Hodler: Meisterwerke aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 25.07.1993 - 26.09.1993
Schweizer Meister. Sammlungsausstellung zum 75–Jahr–Jubiläum der Bernhard Eglin–Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 31.05.2008 - 20.10.2008
Figuren und Porträts von Hans Holbein bis Ugo Rondinone aus der Sammlung, Kunstmuseum Luzern
Horizont Jawlensky. Alexej Jawlensky im Spiegel seiner künstlerischen Begegnungen 1900-1914, Emden, Kunsthalle Henri Nannen, 21.06.2014 - 19.10.2014
Silence. Ausgewählte Werke aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 04.07.2009 - 22.11.2009
Horizont Jawlensky. Alexej Jawlensky im Spiegel seiner künstlerischen Begegnungen 1900-1914, Wiesbaden, Museum, 14.02.2014 - 01.06.2014
Bibliographie
Zieglgänsberger, Roman mit Beiträgen von Felix Billeter .. [et al.], Horizont Jawlensky. Alexej Jawlensky im Spiegel seiner künstlerischen Begegnungen 1900-1914, Hirmer Verlag 2014
Bätschmann, Oskar/Brunner, Monika/Walter, Bernadette, Ferdinand Hodler. Catalogue raisonné der Gemälde. Band 2. Die Bildnisse, hrsg. vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft, Zürich: Scheidegger und Spiess; Zürich: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 2012
Beltinger, Karoline (Hrsg.), Kunsttechnologische Forschungen zur Malerei von Ferdinand Hodler, Zürich, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 2007
Hamburg, Hamburger Kunsthalle (Ausst.-Kat.), Private Schätze. Über das Sammeln von Kunst in Hamburg bis 1933, Katalog Ulrich Luckhardt, mit einem Beitrag von Karin Schick, Hamburg: Christians, 2001
Landolt, Hanspeter, Sammeln für die Schweizer Museen. Gottfried Keller-Stiftung. Collectionner pour les musées suisses. Fondation Gottfried Keller. Collezionare per i musei svizzeri. Fondazione Gottfried Keller. 1890–1990, mit Texten von Hugo Wagner (et al.), Bern: Benteli, 1990
Mühlestein, Hans/Schmidt, Georg, Ferdinand Hodler. Sein Leben und sein Werk, Zürich: Unionsverlag, 1983
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Brüschweiler, Jura, "Ferdinand Hodler (Bern 1853-Genf 1918). Chronologische Übersicht: Biographie, Werk, Rezensionen", in: Berlin, Nationalgalerie/Zürich, Kunsthaus Zürich/Paris, Musée du Petit Palais (Ausst.-Kat.), Ferdinand Hodler, Zürich: Kunsthaus Zürich, 1983, S. 43-170
Freiburg, Museum für Kunst und Geschichte (Ausst.-Kat.), Hodler und Freiburg. Die Mission des Künstlers, mit Texten von Yvonne Lehnherr, Margrit Hahnloser-Ingold und Hans A. Lüthy, Bern: Benteli, 1981
Kneubühler, Theo, "Aus dem Kunstmuseum Luzern. Ferdinand Hodler: Frauenbildnis.1895. Öl auf Leinwand, 42 x 30 cm", in: Vaterland Luzern, Nr. 241, 17.10.1975, S. 15
Reinle, Adolf, Das Luzerner Kunstmuseum. Ein Führer durch die Sammlung, hrsg. vom Stadtarchiv Luzern und einer vom Stadtrat bestellten Kommission, Luzern: Kommissionsverlag Eugen Haag, 1958
Gottfried Keller-Stiftung, Bericht über die Tätigkeit der Eidgenössischen Kommission der Gottfried Keller-Stiftung für das Jahr 1951, Bern: Verlag der Eidgenössischen Kommission der Gottfried Keller-Stiftung, 1951
Bender, Ewald, Die Kunst Ferdinand Hodlers. Gesamtdarstellung. Band 1. Das Frühwerk bis 1895, Zürich: Rascher, 1923
Loosli, Carl Albert, "Generalkatalog", in: Carl Albert Loosli, Ferdinand Hodler. Leben, Werk und Nachlass, Band 4, Bern: Suter, 1921-1924, S. 52-161
Berlin, Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus (Auktions-Kat.), Auktion vom 10.10.1916, Berlin: Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, 1916
Berlin, Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus (Auktions-Kat.), Auktion vom 29.10.1912, Berlin: Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, 1912