Franz Ludwig Raufft
Der Heilige Ambrosius erscheint den Mailändern
um 1680
Öl auf Leinwand
52.5 x 41.5 x 5 cm
signiert unten rechts: "Francesco.L.Raufft.fecit.Roma."
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung
Inv.-Nr. M 29x
Kunstmuseum Luzern
informationen
Description
Das Ölgemälde mit dem Titel "Der Heilige Ambrosius erscheint den Mailändern" hat Franz Ludwig Raufft während seines Aufenthaltes in Rom gemalt, wie aus der Signatur des Künstlers hervorgeht.
Die Darstellung hält das historische Ereignis fest, bei dem Mailand im Jahre 1338 von den Heerscharen des Kaisers Ludwig des Bayern angegriffen wird. Gemäss der Legende rufen die Mailänder in ihrer Angst ihren Schutzpatron, den heiligen Ambrosius um Unterstützung an – Ambrosius, der zwischen 374–396 selber Bischof von Mailand war und schon zu Lebzeiten mit sagenumwobenen Taten für das Heil der Stadt gesorgt hatte.
Auf dem Gemälde ist die Schlacht in vollem Gange. Ein wildes Durcheinander von Köpfen, Händen und Beinen erzählt von einem hitzigen Gefecht und chaotischen Zuständen in einem fast verlorenen Kampf. Der Heerführer der Mailänder geht in grossen Schritten auf den amtierenden Bischof zu, um ihm von einer bevorstehenden Niederlage zu berichten. Der Bischof aber, legt ihm besänftigend die Hand auf die Schulter und zeigt in die Höhe, dahin, wo der Himmel aufreisst und auf einer Wolke schwebend der heilige Ambrosius herannaht. Attribute wie die Bischofsmütze und der Bischofsstab sowie der Bienenkorb, den einer der Putti herbei trägt, zeichnen ihn als solchen aus.
Ambrosius hat die Hände zu einem segnenden Gestus ausgestreckt. Anders als in gewohnten Darstellungen, in denen er auf einem Pferd reitend durch die kämpfende Menge rauscht und eine Peitsche mit drei Geisseln schwingt, lässt er die Feinde auf der Wolke thronend durch seine mit Pfeilen bewaffneten Putti in die Flucht jagen. Die Kraft, die von der himmlischen Erscheinung ausgeht, breitet sich wie ein stürmisches Gewitter über die Kämpfenden aus. Blitze zucken. Die Äste eines Baumes werden wie von starkem Wind zurück gebogen und der Vorhang, der einst den innerkirchlichen Bereich vom weltlichen Aussenraum trennte, in die Lüfte gehoben. Motivisch vereint Raufft auf diese Weise verschiedene Realitätsebenen miteinander: Irdisches fliesst mit himmlischem Geschehen zusammen.
Die allgemein turbulente Bildkomposition ist von stark räumlicher Wirkung. Elemente wie die in den Bilddiagonalen angelegte Lanze, der Bischofsstab, oder der geraffte Vorhang, aber auch die ausgeprägte Bewegtheit der einzelnen Figuren erinnern an die Effektmalerei des Pietro da Cortona, die Raufft in Rom eingehend studiert hat.
Die Erscheinung des Heiligen Ambrosius ist in der Technik der Grisaille, also ausschliesslich in verschiedenen Grautönen gemalt. Möglicherweise ist das kleinformatige Gemälde als Ölskizze für ein Altarbild gedacht, auf dessen Funktion die Darstellung bildlich Bezug zu nehmen scheint: Der gemalte Altar findet nach vollendeter Arbeit seine Fortsetzung im plastischen Altar, über dem das Gemälde zu hängen kommt. Ebenso scheint sich auf diese Weise die dargestellte Schlacht vermeintlich in den Raum ausbreiten und in ihrer lebendigen Form direkt und ganz nah an das Geschehene erinnern zu können.
Fabienne Sutter
Provenance
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung, 1934 Ankauf / Durch Tausch mit dem Germanischen Museum in Nürnberg erworben Mai 1934.
Eingangsjahr: 1934
Provenienz/ Provenance
James Goldschmidt
Germanisches Nationalmuseum, seit 1923
Erwerbung durch Bernhard Eglin Stiftung im Tausch gegen ein Gemälde von Joh. Bapt. Holzer
BEST Art Collection, Depositum Kunstmuseum Luzern, seit 1937
Bibliografische Referenz/ Bibliographical References
• Reinle, Adolf, Das Luzerner Kunstmuseum. Ein Führer durch die Sammlung, Luzern: Eugen Haag Kommissionsverlag, 1958, S. 8.
Unmittelbare Quellen (Dokumente mit unmittelbarem Bezug zum Objekt)/ Primary Sources
Weitere konsultierte Quellen/ Further sources
• Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Berlin
• Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg: Database of Art Objects at the Jeu de Paume
• Database “Central Collecting Point München” Database “Kunstsammlung Hermann Göring”
• Getty Provenance Index, German Sales Catalogs
• Lootedart.com Lost Art
• Répertoire des Biens Spoliés
• Verzeichnis national wertvoller Kunstwerke (“Reichsliste von 1938”)
Zusammenfassung/ Conclusion
Das Gemälde befindet sich als Depositum der BEST ART Collection Luzern im Kunstmuseum. Die BEST ART Collection, vormals Bernhard Eglin-Stiftung, wiederum gelangte an das Werk durch einen Tauschhandel mit dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg und vermittelte diesem im Gegenzug ein anderes Werk aus dem Besitz des Ulrich Hilbers aus Wil.
Das Germanische Nationalmuseum seinerseits gibt an, dass das Gemälde 1923 aus dem Besitz von James Paul Goldschmidt aus Frankfurt am Main erworben worden sei – eine Information, die nachträglich ebenfalls durch die Unterlagen im Stadtarchiv Luzern bestätigt werden konnte. Da Goldschmidt das Gemälde Franz Ludwig Rauffts bereits 1923 dem Germanischen Nationalmuseum verkaufte, also zehn Jahre vor der repressiven Einflussnahme des nationalsozialistischen Regimes auf den deutschen Kunstmarkt, ist die Provenienz unbedenklich.
Kategorie A
Exhibition History
Die Erwerbungen der Bernhard-Eglin-Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 15.12.1935 - 08.01.1936
Barocke Kunst der Schweiz, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 07.07.1956 - 23.09.1956
Hauptwerke der Museen Winterthur und Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 03.03.1940 - 31.12.1940
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
Von Angesicht zu Angesicht. Füssli, Böcklin, Rondinone und andere, Luzern, 28.02.2015 - 22.11.2015
Bibliographie
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Meister / Swiss Masters. Publikation zum 75-Jahr-Jubiläum der Bernhard Eglin-Stiftung / Publication for the 75-year Jubilee of the Bernhard Eglin Foundation, hrsg. von Peter Fischer und Christoph Lichtin, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli, 2008
Oberholzer, Niklaus, "Ambrosius hilft den Mailändern. Aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern", in: Luzerner Zeitung, Nr. 152, 4.7.1994, S. 31
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Bénézit, E., Dictionnaire critique et documentaire des peintre, sculptures, dessinatuers et graveurs, Paris: Gründ, 1976
Reinle, Adolf, Das Luzerner Kunstmuseum. Ein Führer durch die Sammlung, hrsg. vom Stadtarchiv Luzern und einer vom Stadtrat bestellten Kommission, Luzern: Kommissionsverlag Eugen Haag, 1958
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Barocke Kunst der Schweiz. Sommerausstellung, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1956
Gantner, Joseph / Reinle, Adolf, Kunstgeschichte der Schweiz. Die Kunst der Renaissance, des Barock und des Klassizismus, 1956 (Kunstgeschichte der Schweiz)
Schmid, Alfred A., "Luzerner Malerei", in: Journal des Arts, Nr. 11, 1946, S. 12-15
Meyer-Rahn, Hans, Gesamtbericht über die Gründung und Tätigkeit der Bernhard Eglin-Stiftung von 1933-1946, Luzern: Bernhard Eglin-Stiftung, 1946
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Die Hauptwerke der Museen Winterthur und Luzern, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1940
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Die Erwerbungen der Bernhard-Eglin-Stiftung, mit einem Vorwort von Paul Hilber, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1935
Luzern, Kunsthaus Luzern (Ausst.-Kat.), Katalog der Eröffnungsausstellung, Luzern: Kunsthaus Luzern, 1933
Zimmermann, Heinrich (Hrsg.), Neuerwerbungen des Germanischen Museums in Nürnberg. 1921–1924, Nürnberg: Germanisches Museum, 1925