Die Serie „Leo“ aus dem Jahre 2003 gehört zu Mosbachers neuerer Werkgruppe. Die fünf Bilder aus der genannten, insgesamt grösseren Serie zeigen ein Frauenporträt und vier Männerporträts, die aufgrund ihrer grob umschriebenen Gesichter einen anonymen Charakter erhalten. Die Farbigkeit ist im Vergleich zu seinen früheren Werken gedämpfter, zwei Bildnisse gibt er in Grautönen und in präziserer Beschreibung wieder. Die farbigen Porträts erscheinen vor weissem, leeren, die grauen Bildnisse vor grauem Hintergrund. Als gemeinsamer Nenner fungiert die Schirmmütze, die jede der abgebildeten Personen trägt. Den Ausgangspunkt von „Leo“ bildet eine reale Person, die Mosbacher als Modell wählte und fotografierte. Für den Künstler funktionieren die Porträts, die Typen verkörpern, als Identifikationsfiguren, die wie ein Spiegel die Betrachtenden in das Bild nehmen und ihnen eine Rolle zuweisen. Für ihn stellt die Möglichkeit ihres Mitspielens in der Geschichte eine Qualität guter Bilder dar. Interessant scheint in diesem Zusammenhang auch der Aspekt von Person und Persona. Eine einzelne Person, ein Individuum, nimmt im Alltag unterschiedliche soziale Rollen ein, die mit der Übernahme einer sozialen Maske, der Persona, verbunden sind. Das Wort Persona, von dem sich das Wort Person ableitet, stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Maske des Schauspielers, die getragen wurde um eine soziale Rolle zu spielen. Je nach Situation und Kontext wählt das Individuum bewusst oder unbewusst eine andere Persona, um bei seinem Gegenüber einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen.
Die Serie „Leo“ bildet den Ausgangspunkt für die spätere Werkentwicklung, in der er weitere anonyme städtische Bewohner bildlich sowie filmisch festhält, die Figuren im Kontext des Waldes situiert und jedem Portätierten zur Vereinheitlichung eine Schirmmütze aufsetzt (Serie „Walker“, 2003). Erweitert sich der Blick auf sein gesamtes Oeuvre zeigt sich, dass der Wald eine gewichtige Rolle einnimmt. Mosbacher stuft ihn als komplexe Angelegenheit ein, in der immer etwas Unheimliches mitschwingt, wobei er auf die Sujets in den Märchen der Gebrüder Grimm hinweist. Für ihn eignet sich der Wald als Bühne für Aussenseiterrollen: Eine Gegenwelt, ein Zufluchtsort zur Realität, in der Leos und Spielvereine („Game“ 2002, Inv.-Nr. 2009.13x) ihren Raum finden. Diese Gegenwelten bilden ein durchgehendes Thema in Mosbachers Malerei: In seinen neueren Arbeiten sind es einsame Menschen im Wald („Braut im Wald“, 2003, Inv.-Nr. 2009.20x und „Out There“, 2005, Inv.-Nr. 2009.21:1-5z), Häuser von Aussteigern („My Cabin“, 2005) oder Schafe auf Müllhalden („Aftermath“, 2009). Im Jahre 1996 führt er sogar ein Projekt im Wald durch: Er verlegt sein Atelier nach draussen und malt ein riesiges Bild im Wald. Mit Hilfe einer Konstruktion befestigt er die Leinwand, malt tagsüber und am Abend deckt er das entstehende Werk mit einer Plane zu („Geisterhaus“, 1996).
Karoliina Elmer