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Description
Die Arbeit Crash wird anlässlich der Ausstellung «Revolution» von John Chamberlain, Ida Ekblad und Christine Streuli 2013 im Kunstmuseum Luzern gezeigt und nach der Ausstellung von der BEST Art Collection Luzern für das Kunstmuseum Luzern erworben.
Betrachterin und Betrachter erkennen auf dem 8,5m langen Querformat vermutlich zu allererst die beiden riesigen geschwungenen Pinselstriche, die die linken beiden Drittel des Bildgrundes dominieren. Um die beiden «Hauptpinselstriche» schlingen sich noch diverse weitere geschwungene Formen, die als Haarstränge, flache Geschenkbänder und Spaghetti-Spray gelesen werden können. Die gedrehten Haarstränge finden sich einerseits als abgeschlossene Einzelformen unter dem linken Hauptpinselstrich und andererseits als netzartiges Ornament auf der linken Seite des Bildes. Dieses zieht sich auf dieser Seite über die gesamte Höhe des Bildes und bricht – wie eine abgerissene Tapete – plötzlich ab. Der Rest des Bildgrundes ist mit einer Art Strahlen bedeckt, die von der Mitte des Formates auszugehen scheinen. Aus einem Strahl in der oberen Bildhälfte kommt ein wolkenartiges Gebilde heraus, das vom oberen Bildrand angeschnitten wird. Weiter findet sich in der rechten Bildhälfte eine schwarze gesprayte Form auf den Strahlen. In der unteren Bildhälfte scheint der Hintergrund unbehandelt zu sein und weist lediglich ein paar Tropfspuren und Farbflecken auf.
Die Reihenfolge der additiv übereinander geschichteten Elemente erschliesst sich nur schwer; es lässt sich kaum ausmachen, welches Motiv zuerst auf die Leinwand kam: der Spaghetti-Spray oder die Pinselstriche; die Tapete oder die verschiedenfarbigen Strahlen aus der Bildmitte.
Trotz diesem «Ausgangspunkt» der Strahlen hat das Bild kein wirkliches Zentrum, was bis auf wenige Ausnahmen in jedem Bild von Streuli der Fall ist.
Farblich dominieren vor allem die fluoreszierende Orange-, Rot- und Pinktöne der Pinselstriche, das Gelb der Haarstränge und die grünblauen Pastelltöne der Strahlen.
Betrachterin und Betrachter stehen also vor einem riesigen Bildträger, der riesige «gestisch hingeworfene» Pinselstriche – und somit Malerei – zeigt. Und genau das ist der Punkt: Dies wird lediglich gezeigt, es ist nicht wirklich das, was man sich bei dieser Beschreibung vorstellt, nämlich grossformatiges leidenschaftliches Actionpainting à la Jackson Pollock.
Die Pinselstriche sind nicht wirklich Pinselstriche, sondern nur vorgefertigte aufgeblasene Illustrationen von Pinselstrichen, die seriell wiederholt werden. Die einen Pinselstriche weisen eine comic-artige, lineare Darstellung auf, die anderen sind ausgemalte Flächen und nur durch ihre äussere Begrenzung als geschwungene Pinselstriche zu erkennen.
Das Konzept, banale Motive aufzublasen, diese seriell zu wiederholen und in künstlichen Farben, die für Werbung und Konsum stehen, wiederzugeben, kennt man aus der Pop Art.
Verglichen mit der farblichen und formalen Gestaltung der Haarsträhnen der blonden Heldinnen in den Bildern von Roy Lichtenstein beispielsweise können die verdrehten Stränge in Streulis Werk als deutliches Zitat der Pop Art gedeutet werden.
Auch Elemente von Street Art lassen sich bei genauerer Betrachtung erkennen: Die strahlenförmige Fläche (verstanden als wandfüllender Werbebanner) wurde in der rechten Bildhälfte – fast wie in einem Vandalenakt – mit schwarzer Farbe besprüht. Wie beispielsweise der Street Art Künstler Banksy arbeitet auch Streuli mit Schablonen, um viele ihrer Motive auf die Leinwand zu sprayen, im Falle von Crash wurde eine Reihe verschiedener Pinselstrich-Motive meist mehrfach verwendet.
Streuli zitiert also in ihrer Arbeit diverse Stile der Malerei. Dies tut sie sehr subtil, da sie bei keinem Zitat in ein Klischee verfällt, sondern die Zitate immer wieder unterläuft.
So weist der Titel Crash einerseits auf den wenn auch bloss abgebildeten, wilden, emotionalen Zusammenstoss von Farbspritzern auf der Leinwand hin, aber auch auf den Crash von Attributen verschiedener Epochen der modernen Malerei. Der Titel könnte sich aber auch auf den Gegensatz zwischen dem dynamischen Eindruck von Streulis Arbeiten und ihrem sorgfältig vorbereiteten, langwierigen Arbeitsprozess beziehen.
Die sorgfältig vorgefertigten Schablonen für die Motive in ihren Arbeiten (hier beispielsweise die Pinselstriche und der «Zopfstrang») werden bewusst auf dem Bildträger angebracht, gesprayt, und, erst nachdem die Farbe getrocknet ist, wieder entfernt. Durch Streulis additive Arbeitsweise kann man ihre Arbeiten als «gemalte Collagen» verstehen. Streuli ist daran interessiert, mehrschichtig zu arbeiten, die einzelnen Motive übereinander zu legen, und nicht alles auf einer Fläche miteinander zu «verreiben».
Nicolas Wirth
Provenance
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung
Eingangsjahr: 2013
Exhibition History
Revolution: John Chamberlain, Ida Ekblad, Christine Streuli, Luzern, 06.07.2013 - 13.10.2013
NEWS! Erwerbungen im Kontext der Sammlung , Luzern, 09.03.2019 - 16.06.2019