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Description
Charles Dufresnes Vorbilder – neben dem von ihm verehrten Delacroix nennt die Literatur insbesondere Veronese, Tiepolo und Rubens – waren allesamt grosse Koloristen. Wie jene ist Dufresne nicht sonderlich an zeichnerischer Präzision, sondern an satten, teilweise recht autonomen Farben und an Bewegung interessiert. Um den Farbauftrag möglichst dynamisch gestalten zu können, hat der Maler die Ölfarbe mit Benzin versetzt und ihr somit zu einer flüssigeren Konsistenz verholfen. Die fliessenden, pastosen Farbflächen im Hintergrund des vorliegenden Stilllebens deuten darauf hin, dass er diese Technik hier angewandt hat.
Das querrechteckige Gemälde zeigt auf einer leicht nach vorn geneigten Tischplatte verschiedene Früchte und Meerestiere. In der Mitte der Bildfläche befinden sich zwei grosse Jacobsmuscheln in gelb und orange, umgeben von ein paar Austern und zwei Fischen. Ein grüner Weinkelch und eine mit Birnen und Zitrone gefüllte Obstschale sowie einzelne Früchte vervollständigen das zum Stillleben arrangierte Ensemble. Die Objekte sind gleichmässig über das gesamte Bild verteilt, und es kommt praktisch zu keinerlei Überschneidungen, weder auf der Tischplatte, die in leichter Obersicht gezeigt wird, noch in der Zinnschale, wo sich das Obst türmt. Ein eigentlicher Bildraum ist nicht vorhanden und das perspektivische Hintereinander wird zum schlichten Übereinander. Der Tisch, dessen vordere Kante bildparallel verläuft, geht in einen farbigen Hintergrund über, ohne dass ein klares Ende ersichtlich wäre.
Die Gegenstände scheinen den Maler aufgrund ihrer Formen – neben den klar umrissenen finden sich auch organisch unförmige – und besonders hinsichtlich ihrer Farben zu interessieren. Diese sind stark und lebendig und prägen, wie bei den zeitgleichen Fauves, das Emotionale des Gemäldes entscheidend. Zum Teil lösen sich die Farben von den Gegenständen, die nur gelegentlich durch schwarze oder weisse Konturlinien umrissen sind. Das helle, leuchtende Rot und das kräftige Blau der Fische wird im Hintergrund in verschiedenen formlosen Farbflächen wieder aufgenommen. Gleiches geschieht mit dem Gelb-Orange der Muscheln und Früchte und dem Grün des Weinglases. Auch als farbiger Glanz auf der Zinnschale oder als gelber Schatten auf dem über die Tischkante drapierten Tuch tauchen die gelben, roten und grünen Farbtöne wieder auf. Trotz wilder Farbakkorde wird somit eine übersichtliche, ausgewogene Farbgebung erreicht. Die vorsichtig austarierte Buntheit sowie die fehlende perspektivische Tiefenschichtung des Stilllebens erinnern an Dufresnes Tätigkeit als Kunsthandwerker. Der Maler, der sich durch ein besonderes dekoratives Gespür auszeichnet, hat mehrere Teppichkartons entworfen, die von der Manufaktur in Beauvais ausgeführt worden sind. Daneben hat der Künstler, der den Unterschied zwischen Gemälden und Dekorationen selber nicht als bedeutsam betrachtete, auch Bühnenausstattungen entworfen und ist als Kostümzeichner tätig gewesen.
Regine Fluor-Bürgi
Provenance
Kunstmuseum Luzern, 1937
Eingangsjahr: 1936
Exhibition History
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
Schenkung Minnich 1937
"Wühlen in Farben, Wälzen in Klängen". Schenkung Minnich, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 18.10.2002 - 27.04.2003
Sammlung Walter und Alice Minnich 1936/37
1933-1993. 60 Jahre Kunstmuseum Luzern im Meili-Bau, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 20.04.1993 - 02.05.1993
Minnich Raum 12
Modell für ein Museum. Werke aus der Sammlung, mit der integralen Schenkung Minnich, dazu ein "Bilderzimmer" von Anton Henning und Allan Porters "I Am a Museum", Luzern, Kunstmuseum Luzern, 21.10.2006 - 11.02.2007
Mein Freund Max Pechstein. Die Sammlung Walter Minnich, Pforzheim, Ausstellungshalle im Reichlinhaus, 14.09.2008 - 16.11.2008
Karneval der Tiere Tierdarstellungen aus der Sammlung, Luzern, 24.02.2018 - 06.01.2019
Bibliographie
Greschat, Isabel/Lichtin, Christoph (Hrsg.), Pechstein, Melzer, Soutine, Terechkovitch. Der Sammler Walter Minnich und das Kunstmuseum Luzern, Heidelberg: Kehrer; Luzern: Kunstmuseum Luzern, 2006
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Reinle, Adolf, Das Luzerner Kunstmuseum. Ein Führer durch die Sammlung, hrsg. vom Stadtarchiv Luzern und einer vom Stadtrat bestellten Kommission, Luzern: Kommissionsverlag Eugen Haag, 1958