Hanne Darboven, 1 Einträge
Hanne Darbovens Familie väterlicherseits führte das Harburger Unternehmen «J.W. Darboven», von 1895 bis 1968.
1962 beginnt Darboven ihr Studium an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg bei Willem Grimm und Almir Mavignier. Frühe Materialbilder und Perforationen, sogenannte «Permutationen» entstehen.
Von 1966–1968 lebt die Künstlerin in New York, wo sie Sol LeWitt, Carl Andre, Joseph Kosuth und andere Künstler der Minimal und Concept Art sowie bekannte Galeristen wie Leo Castelli kennenlernt. In dieser Zeit entstehen erste Konstruktionszeichnungen auf Millimeterpapier, tagebuchähnliche Kalendereinträge und erste Arbeiten, die auf Berechnungen basieren.
Zurück in Hamburg arbeitet Darboven an ersten Werken, die das Tagesdatum zum Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Strategie machten. Einzelne Zahlen des Tagesdatums wurden von ihr zu Quersummen verrechnet und mit den sogenannten Konstruktions- oder «K-Werten» versehen.
1967 hat Darbeoven ihre erste Einzelausstellung in der Galerie Konrad Fischer, Düsseldorf, der sie über die Jahre konstant präsentiert. Es folgten ab jetzt konstant und regelmäßig zahlreiche Ausstellungen in renommierten Museen und Galerien in Europa und den USA.
Seit 1969 entstehen abstrakte, systematische Schreibarbeiten - Wellenlinien oder U-Bögen - entstehen, die Darbovens Umgang mit dem Schreiben als konzeptuellen Akt markieren. Die Künstlerin selbst spricht von einem „Schreiben ohne zu beschreiben“ oder von einem „konkreten Schreiben“. Darboven nimmt an der Ausstellung When Attitudes Become Form, Kunsthalle Bern, Museen Haus Lange/Haus Esters, Krefeld, Institute of Contemporary Arts, London.
Ab 1971 integrierte sie durch ihr Schreiben als künstlerische Ausdrucksform historische Texte, tagespolitische Ereignisse, handschriftlich übertragene Aufsätze, Zeitungsartikel und Fotografien oder Drucke in ihre Arbeiten. Die Abschrift der Odyssee von Homer (1.–5. Gesang) ist eine der ersten handschriftlichen Werke.
Seit 1972 wird das Schaffen der Künstlerin immer wieder an bedeutenden internationalen Ausstellungen präsentiert, so an der documenta 5,6, 7 und 11, an der Biennale di Venezia 1982 (als Repräsentantin Deutschlands) und zahlreiche andere.
1975 beginnt Darboven mit der Arbeit an ihrem Hauptwerk Schreibzeit, in der sie Geschichte durch Zahlencodierungen, Worttexte, Diagramme und Fotografien festhält, und an Weltansichten 00–99, 1975–1980. Beide Arbeiten werden visuell stark geprägt durch das von ihr nun eingeführte, rot umrandete «Schreibzeit»-Papier, das eine grafische Anleihe beim Magazin Der Spiegel nahelegt. Die Künstlerin trägt eine umfangreiche Materialsammlung aus alltäglichen Gebrauchsgegenständen, Antiquitäten, Musikinstrumenten, Büchern, Plakaten, Spielzeug, Kuriositäten und Souvenirs zusammen, die neben der Verwendung von Texten als Speicher von Erinnerungen dient.
1979 integriert Darboven in die Arbeit Bismarckzeit entsteht erstmals eine Skulptur integriert und schreibt 1981 dazu: «In der Arbeit über die Bismarckzeit nehme ich auch Bilder auf. Weil ich das, was ich mit Zahlen nicht mehr schreibe, abbilde.» Ab 1979 entstehen auch verschiedene Musikpartituren. Hanne Darboven setzt dabei ihre komplexen Zahlenaufzeichnungen in vertonbare Notationen um. Einige ihrer Kompositionen werden aufgenommen und bei Ausstellungen vorgeführt.
In der komplexen Werkinstallation Kinder dieser Welt, die seit 1990 entsteht, visualisiert und schreibt Hanne Darboven das Jahrhundert 1900 bis 1999 durch Berechnungen, setzt es in das musikalische Werk Blechbläsertrio Opus 43 A um und integriert Spielzeug aus aller Welt.
Im Jahre 1997 wird Hanne Darboven Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Im Jahr 2000 wird die Hanne Darboven Stiftung, Hamburg im Atelierhaus Am Burgberg in Hamburg, Rönneburg gegründet. Sie hat das Ziel, «das umfangreiche Schaffen ihrer Stifterin als international anerkannter Künstlerin zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.»
Am 9. März 2009 erliegt Hanne Darboven einem Krebsleiden. In den folgenden 2013 Jahren präsentieren deutsche und internationale Museen wie die Bundeskunsthalle, Bonn, das Haus der Kunst, München, oder das Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid, das Schaffen der Künstlerin in grossen Ausstellungen.
Susanne Kleine, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH, Bonn
Berlin, Kupferstichkabinett (Ausst.-Kat.), Where are you standing? - Die Schenkung Paul Maenz Gerd de Vries im Kupferstichkabinett, mit Texten von H.-Th. Schulze-Altcappenberg (et al.), Berlin, Köln: DuMont, 2004
Hamburg, Hamburger Kunsthalle (Ausst.-Kat.), Hanne Darboven. Das Frühwerk, Hamburg: Hamburger Kunsthalle, 1999
Hamburg, Deichtorhallen Hamburg, Hanne Darboven - ein Reader. Texte zum Werk, hrsg. von Felix Zdenek, Hamburg: Deichtorhallen, 1999
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Landpartie - Die Sammlung des Kunstmuseums Luzern auf Reisen im Kanton, mit Texten von Jean-Christophe Ammann, Theo Kneubühler, Ulrich Loock und André Rogger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1998
Oberholzer, Niklaus, "Papier und Bleistift - oder mehr?", in: Neue Luzerner Zeitung, Nr. 252, 31. Oktober 1998, S. 50
Honnef, Klaus, "Nichts als Kunst...". Schriften zu Kunst und Fotografie, hrsg. von Gabriele Honnef-Harling, Köln, DuMont Buchverlag, 1997
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Hanne Darboven - "Atta Troll" nach Heinrich Heine in: Zahlworte (abgezählte Worte) wieder aufgeschrieben, mit einem Text von Jean-Christophe Ammann, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1975