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Vito Acconci, 4 Einträge

Vito Acconci wird 1940 in New York (USA) geboren. Er studiert Literaturwissenschaft am College of the Holy Cross in Worcester (Mass./USA) und an der Universität von Iowa (USA). Anschließend unterrichtet er Kunsttheorie an verschiedenen Kunstschulen in New York, verfasst Kurzgeschichten und wirkt als Mitherausgeber der experimentellen Zeitschrift „0 to 9“. In seinem dichterischen Werk wendet Acconci formale Verfahren zur Untersuchung von Alltags- und Umgangssprache an. Das Schreiben versteht er als Ausdruck materieller Unmittelbarkeit ohne narrativen Gehalt. Seine Aufmerksamkeit richtet sich auf das Verhältnis zwischen dem physischen Ort der Schrift, etwa dem Blatt Papier, und dem Handlungsaspekt der Schreib- oder Lesetätigkeit.

Seit 1969 entstehen künstlerische Experimente, die Acconci auf der Basis einer verschriftlichten Anleitung ausführt und fotografisch dokumentiert. Er beobachtet alltägliche Handlungen, wie beispielsweise seine Bewegung auf der Strasse oder überträgt seine Privat- und Intimsphäre in den öffentlichen Raum. Zugrunde liegt die Frage, inwieweit ein Verhalten, eine Haltung oder das Selbst an sich von sozialen und räumlichen Kategorien bestimmt und geformt wird.

In seinen Performances, sei es vor Publikum oder allein im Atelier vor der Super 8- beziehungsweise Videokamera, wird sein Körper zum Forschungsobjekt. Er begreift den Körper dabei als Objekt soziokultureller Einschreibung, die somit an ihm untersucht werden können. Um die Fixiertheit des Betrachters auf seine Person zu lösen, integriert er eine zweite Person in seine Performances wie beispielsweise in den Videos „Remote Control“, 1971 (KML 1983.15:1v) und „Pryings“, 1971 (KML 1983.15:2v). Die Konzentration der beiden Performer aufeinander steigert seiner Auffassung nach jedoch die Isolierung vom Betrachter. Infolge dessen kreiert er Galerieinstallationen, in denen er sich vor dem Besucher verbirgt und lediglich per Stimmenübertragung vernehmbar ist. Seine Präsenz im Raum wandelt sich in eine nicht mehr sichtbare, sondern nur noch vorstellbare Anwesenheit, die den ganzen Raum erfüllt. Auf diese Weise wird der Betrachter in das Werk hineinversetzt und die Performer-Betrachter-Dichotomie überwunden.

Ab 1974 folgen installative Arbeiten, die direkten Bezug auf den Ausstellungsraum und dessen kulturelle Verortung nehmen. Während sie nun vollends Acconcis Anwesenheit entbehren, gewinnen wieder die Sprache, nunmehr auf Tonband, und der partizipative Charakter an Bedeutung. Das Gefahrenpotential einiger dieser Installationen, das sich schon bei bloßer Berührung zu entfalten droht, versetzt den Besucher in ein Spannungsverhältnis von risikobereiter Versuchung und Bedrohung. Diese Arbeiten, die Acconci „Cultural Space Pieces“ tituliert, sind auch in seiner Retrospektive im Kunstmuseum Luzern 1978 vertreten, für die er eigens die Installation „Asylum (Call the Others Seek Asylum)“ kreiert.

Das für sein gesamtes Werk bestimmende Interesse am Betrachter und am kulturellen Raum führt Acconci schließlich dazu, sein Arbeitsfeld außerhalb der Galerie zu begreifen. Er entwickelt benutzbare Installationen und Skulpturen im öffentlichen Raum sowie landschaftsarchitektonische Projekte. Letzteren ist ein Modell für ein „War Memorial“ aus dem Jahre 1984 zuzuordnen (KML L 89.28w). Gemeinsam ist diesen Projekten, dass der Besucher oder Benutzer mit einer Situation konfrontiert wird, die seiner konventionellen Raumerfahrung widerspricht. Erweitert um architektonische Projekte setzt Acconci diese Arbeit seit 1988 in Kollaboration mit seinem Team von Acconci Studio fort.

Martina Becker
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