Meister der Pietà, 1 Einträge
Wer hat die Luzerner „Beweinung Christi“ gemalt? Durch seinen präzisen zeichnerischen Stil tritt das Gemälde zwar qualitativ deutlich aus der Reihe der Luzerner Malerei des frühen 16. Jahrhunderts hervor, doch lässt sich die Identität des Urhebers nicht eindeutig festlegen. Nachdem das Werk bis zur Richtigstellung durch Walter Hugelshofer (1928) dem Deutschen Maler Bartholomäus Zeitblom zugeschrieben wurde, hat sich die Forschungsliteratur in Ermangelung einer präzisen Identifizierung bis anhin mit der Umschreibung „Meister der Pietà“ beholfen – obschon das Werk keine eigentliche „Pietà“ zeigt. In der Folge versuchte die Forschung, dem unbekannten Künstler weitere Werke zuzuordnen und machte dabei auf die besonderen Merkmale der Malerei aufmerksam: Augenfällig sind die ausgeprägte Körperlänge der Figuren, die kleinen Köpfe mit zapfenartig vorspringendem Kinn und die sperrige Gestaltung. Die Gliedmassen sind zudem seltsam kantig geformt und die prägnanten Gesichtszüge weichen beschönigenden Formen aus. Diese Kennzeichen veranlassten Hugelshofer, dem Meister ein weiteres Werk zuzuschreiben, nämlich die Malereien auf den Aussenseiten der Flügel und auf der Predella des Magdalenen-Altars in der Friedhofskapelle zu Engelberg. Zwar seien die Malereien an untergeordneten Stellen angebracht und daher nicht mit besonderer Liebe bedacht, doch lasse sich das bedeutende Talent leicht wiedererkennen. Während Uta Bergmann (1994) bei dem gleichen Altar grundsätzlich eine andere Künstlerhand vermutet, soll gemäss Bernd Konrad (1992) der Meister der Pietà nur die Malerei der Predella erschaffen haben; die Flügel sind seiner Meinung nach das Ergebnis des Konstanzer Malers Christoph Bockstorffer, der sich um 1512/13 in Luzern aufhielt. Dessen Ausdrucksweise zeigt stilistische Übereinstimmungen, weshalb eine Entscheidung zwischen dem etwas differenzierteren Pietà-Meister und Bockstorffer nicht immer leicht fällt. So sind sich Hugelshofer und Konrad auch bei weiteren Zuweisungen nicht einig: Während Hugelshofer und Bergmann (1997) einen Scheibenriss mit der Hl. Anna Selbdritt vor einer knienden Stifterin, der sich heute im Kunstmuseum Bern befindet, dem Meister der Pietà zuschreiben, erkennt Konrad in besagtem Entwurf die Handschrift Bockstorffers. Einhellig wird dem Meister der Pietà die zusammengehörigen Altarflügel aus dem Heiliggeistspital am Krienbach in Luzern zugeschrieben, die sich heute im Historischen Museum Luzern befinden. Die Verwandtschaft zeigt sich sowohl in der Malweise wie auch im Detail: Der heilige Johannes, der in der Luzerner Beweinung die Mutter Gottes stützt, trägt ein ähnliches Antlitz wie der hilfsbereite Engel auf dem Spitalflügel, der die Wunde des heiligen Rochus versorgt. Vergleichbar sind auch die länglichen Proportionen der Figuren, die etwas mürrisch verzogenen Mundpartien, die grosszügig geknitterten Gewandfalten und die feine zeichnerische Ausführung. Auf beiden Werken ist eine noch mittelalterlich typisierte Landschaftsgestaltung mit klar umgrenzten Hügeln, Bäumen und Städten zu erkennen.
Auch ein Fragment einer aus Beromünster stammenden Predella mit dem Schmerzensmann sowie Maria und Johannes zwischen den Wappen des ersten Hauptmanns der päpstlichen Schweizergarde Kaspar von Silinen und seiner Gattin Anna von Roverea (um 1506, Privatbesitz) soll vom Meister der Pietà stammen. Uta Bergmann (1994) erfasst mit dem im Haus zu Gilgen in Luzern befindlichen Bildnis des Luzerner Ratsherren Melchior zu Gilgen (1506), der im Dreiviertelprofil mit roter Mütze und einem Schriftstück in den Händen wiedergegeben ist, zudem noch eine weitere mögliche Arbeit. Tatsächlich sind Parallelen feststellbar: Ähnlich gestaltet sind hier die klare Struktur der Gewandfalten, die – trotz des Bildnischarakters – kräftig akzentuierte Physiognomie sowie die fedrigen Bäume des Hintergrundes.
Auch wenn die Identität des Pietà-Meisters bis anhin nicht geklärt werden konnte, so darf doch angenommen werden, dass ihn sein eigenwilliger Stil und handwerkliches Geschick nicht nur zum „fähigsten Künstler seiner Zeit in Luzern“ (Hugelshofer) auszeichnen, sondern auch in unmittelbarer Umgebung nachhaltige Resonanz gefunden haben. Späte Werke Bockstorffers, die noch Merkmale des Pietà-Meisters erkennen lassen, führen Bergmann zu der These, dass sich der Stil des Konstanzer Malers unter dem Eindruck des Meisters der Pietà herausgebildet und individuell entwickelt hat.
Denise Frey
Auch ein Fragment einer aus Beromünster stammenden Predella mit dem Schmerzensmann sowie Maria und Johannes zwischen den Wappen des ersten Hauptmanns der päpstlichen Schweizergarde Kaspar von Silinen und seiner Gattin Anna von Roverea (um 1506, Privatbesitz) soll vom Meister der Pietà stammen. Uta Bergmann (1994) erfasst mit dem im Haus zu Gilgen in Luzern befindlichen Bildnis des Luzerner Ratsherren Melchior zu Gilgen (1506), der im Dreiviertelprofil mit roter Mütze und einem Schriftstück in den Händen wiedergegeben ist, zudem noch eine weitere mögliche Arbeit. Tatsächlich sind Parallelen feststellbar: Ähnlich gestaltet sind hier die klare Struktur der Gewandfalten, die – trotz des Bildnischarakters – kräftig akzentuierte Physiognomie sowie die fedrigen Bäume des Hintergrundes.
Auch wenn die Identität des Pietà-Meisters bis anhin nicht geklärt werden konnte, so darf doch angenommen werden, dass ihn sein eigenwilliger Stil und handwerkliches Geschick nicht nur zum „fähigsten Künstler seiner Zeit in Luzern“ (Hugelshofer) auszeichnen, sondern auch in unmittelbarer Umgebung nachhaltige Resonanz gefunden haben. Späte Werke Bockstorffers, die noch Merkmale des Pietà-Meisters erkennen lassen, führen Bergmann zu der These, dass sich der Stil des Konstanzer Malers unter dem Eindruck des Meisters der Pietà herausgebildet und individuell entwickelt hat.
Denise Frey