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Werkbeschrieb
Thek beginnt ca. 1966 Fleischstücke aus Wachs zu formen, zu bemalen und sie mit einem Plexiglaskasten zu versehen. Über das Motiv der "Fleischstücke" sagt er retrospektiv in einem Interview: „Ich ging mir eine Jasper Johns-Ausstellung ansehen und sah, dass er mit Wachs arbeitete, und so begann ich, in Wachs zu arbeiten. Dann passierten die Fleisch-Stücke. Ich sah dieses Fleisch sehr klar an einer Wand, fast wie gekreuzigt, an der Wand hängen wie ein Bild. Die erste Skulptur war einfach ein Stück Fleisch in einem merkwürdigen Kasten. Nachdem ich das drei- oder viermal gemacht hatte, wurden die Stücke zu Quadraten auf Quadraten – eine Art Wortspiel mit den Albers-Bildern jener Zeit. Ich machte Fleisch in nahezu jeder denkbaren Weise, immer eingeschlossen in einem Käfig oder einem Kasten oder einem Rahmen. (…) In den glitzernden, protzigen Kästen – den Materialien der ‚Modernen Kunst’, die damals der letzte Schrei waren, Resopal und Glas und Plastik – war etwas, das sehr unangenehm, sehr furchteinflössend war und absolut real aussah.“ (1981)
Auf die wahrnehmungsverändernde Wirkung der Fleischstücke weist Thek bereits 1966 hin. Sie würden seine Empfindungen angreifen, „nicht wie im Falle eines Schocks. Ich arbeite mit dem Motiv [des Fleisches] um mich von ihm zu lösen, es ist wie wenn man versucht, den Herzschlag zu kontrollieren. Ich versuche etwas zu nehmen, das unberechenbar und glibberig ist – unkontrollierbar – um es dann zu kontrollieren. Es ist ein ziemliches Wagnis, einfach hinzugucken, ohne dass einem schlecht wird; aber alles muss genau angeschaut werden, einfach gesehen werden…“ (1966)
Das "Meat Piece" in der Sammlung des Kunstmuseums Luzern ist in Amsterdam entstanden und ist als Bestandteil des "Chicken Coop" im Stedelijk Museum und an den weiteren Stationen gezeigt worden (vgl. "Fishman").
Susanne Neubauer
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, Schenkung George Paul Thek Estate, New York, 1994
Eingangsjahr:1973
Ausstellungsgeschichte
Paul Thek Luzern 1973/2005 – exemplarische Präsentation, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 11.06.2005 - 24.07.2005
The Procession / The Artist's Co-op, Amsterdam, Stedelijk Museum, 17.04.1969 - 01.06.1969
Pyramid / A Work in Progress, Stockholm, Moderna Museet, 06.11.1971 - 09.01.1972
Paul Thek - The wonderful world that almost was, Zürich, Kunsthalle Zürich und Museum für Gegenwartskunst Marseille, Galeries contemporaines des Musées, MAC 15.1.-11.5.1997, 06.07.1996 - 22.09.1996
Paul Thek - The wonderful world that almost was, Marseille, Galeries contemporaines des Musées, MAC, 15.01.1997 - 11.05.1997
Paul Thek - The wonderful world that almost was, Berlin, Nationalgalerie, 07.12.1995 - 18.02.1996
documenta 5, Kassel, Museum Fridericianum, Neue Galerie, 30.06.1972 - 08.10.1972
Paul Thek - The wonderful world that almost was, Barcelona, Fundacio Antoni Tápies, 14.03.1996 - 19.05.1996
Labor Sammlung: Paul Thek, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 16.10.2004 - 24.06.2005
Paul Thek. Werkschau im Kontext zeitgenössischer Kunst, Karlsruhe, ZKM Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Museum für Neue Kunst, 15.12.2007 - 30.03.2008
Paul Thek. Werkschau im Kontext zeitgenössischer Kunst, Hamburg, Sammlung Falckenberg, 31.05.2008 - 15.10.2008
Paul Thek in Process, Luzern, Luzern, 11.08.2012 - 18.11.2012
Paul Thek, Madrid, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia, 06.02.2009 - 20.04.2009
Nightfall, Genf, Musée Rath, 02.12.2016 - 19.03.2017
FOOD - Ökologien des Alltags Triennale der Kleinplastik, Fellbach, 11.06.2016 - 02.10.2016
Portraits in Life and Death: Peter Hujar & Paul Thek, Salzburg, Museum der Moderne , 25.03.2023 - 25.06.2023
Literatur
Neubauer, Susanne, Paul Thek in Process, Zürich: JRP Ringier, 2012
Madrid, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia (Ausst.-Kat.), Paul Thek: artista de artistas. Obras y Procesiones de 1958–1988, hrsg. von Manuel Borja-Villel, Harald Falckenberg und Peter Weibel, Madrid: Edición de Raul Rispa, 2009
Karlsruhe, Zentrum für Kunst und Medientechnologie ZKM/Hamburg, Sammlung Falckenberg/Madrid, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia (Ausst.-Kat.), Paul Thek. Artist's Artist, hrsg. von Harald Falckenberg und Peter Weibel, Cambridge, London: The MIT Press, 2008
Ullrich, Jessica, Wächserne Körper. Zeitgenössische Wachsplastik im kulturhistorischen Kontext, Berlin: Dietrich Reimer Verlag, 2003
Maier, Anne, "Give Love, not Advice", in: Künstler. Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst, München: Weltkunst und Bruckmann, Ausgabe 46, Heft 15, 1999, S. 3-16
Wittmann, Philipp, "Paul Thek und die ars moriendi. Das „heißeste Thema“ der Kunst’", in: Kunst und Kirche, Bd. 4, 1997, S. 214-216
Braun, Alexander, "Die wunderbare Welt des Paul Thek", in: Kunstforum International, Bd. 132, 1996, S. 229-253
Braun, Alexander, "Paul Thek. Silence. Silence. Silence", in: Artis, Bd. 47, 1995/96, S. 56-61
Rotterdam, Museum Witte de With (Ausst.-Kat.), Paul Thek: The Wonderful World that Almost Was, mit Texten von Ann Wilson, Harald Szeemann, Richard Flood, Marietta Franke und Holland Cotter, Rotterdam: Museum Witte de With, 1995
Franke, Marietta, Work in Progress - Art is Liturgy. Das historisch-prozessuale und betrachterbezogene Ausstellungskonzept von Paul Thek, Frankfurt, Bern: Peter Lang, 1993 (Europäische Hochschulschriften: Reihe 28, Kunstgeschichte, Bd. 164)
Cotter, Holland, "Paul Thek. Frei sein von jeglicher Verdorbenheit. Gelobt sei der Herr - PAUL THEK", in: Parkett, Bd. 27, 1991, S. 130-136
Cotter, Holland, "Thek’s Social Reliquaries", in: Art in America, Bd. 6, 1990, S. 132-142, 195-97, 205
Philadelphia, Institute of Contemporary Art, University of Pennsylvania (Ausst.-Kat.), Paul Thek/Processions: The Tower of Babel, Uncle Tom's Cabin, Bandwagon, The Burning Bridge, Bo Jangles, Jack Lantern, Paul Thek, Zhivago, mit Texten von Susanne Delehanty, Philadelphia: Institute of Contemporary Art, University of Pennsylvania, 1977