Laure Prouvost beschäftigt sich in ihrem multimedialen Werk auf leichte und ironische Weise mit Sprache, Bild-Erzählung und der Frage des Künstlerinnen-Seins. Um diese Aspekte geht es auch in ihrer raumgreifenden Installation «WANTEE», die sie 2013 für die grosse Ausstellung «Schwitters in Britain» als Hommage an den im Exil in Grossbritannien lebenden Hannoveraner Dadaisten, Sprach- und Installationskünstler Kurt Schwitters (1887-1948) geschaffen hat.
Betrachter und Betrachterinnen können in der Installation aus unzähligen Möbelstücken und selbst getöpfertem Geschirr, Gemälden und obskuren Objekten um den zentralen Tisch wie zu einem Teekränzchen Platz nehmen und das rund 15 Minuten dauernde Video anschauen. Darin berichtet die Künstlerin über ihren Grossvater, einen Konzeptkünstler und engen Freund von Kurt Schwitters. Dieser habe den Grosseltern bei Besuchen immer wieder eigene kleine Skulpturen als Geschenk mitgebracht, so dass das Haus von ihnen schliesslich überquoll. Deshalb habe die eher praktisch veranlagte Grossmutter jene Objekte – wie auch verschiedene Arbeiten des Grossvaters – einer alltäglichen Nutzung als Türstopper, Seifenschale oder Ähnlichem zugeführt.
Der Grossvater der Künstlerin habe – gewissermassen als das sein Schaffen krönendes Werk – damit begonnen, einen Tunnel zwischen seinem Haus in der englischen Provinz und Afrika anzulegen und sei dafür von der Grossmutter mit Tee und Chips versorgt worden. Abends habe er die abgetragene Erde aus dem Tunnel ins Haus geschaufelt, so dass die Grossmutter immer vergeblicher gegen dessen zunehmende Verschmutzung angekämpft habe. Eines Tages nun sei der Grossvater nicht mehr aus dem Tunnel zurückgekehrt, woraufhin seine verzweifelte Gattin die Enkelin mit der Suche nach ihm beauftragt habe.
So schafft die Künstlerin aus der Kombination von Installation und Video einen – wie sie es selbst nennt – «3D-Film ohne 3D», der Betrachterin und Betrachter mit allen Sinnen und mit ihrer Imagination vollkommen einbezieht. Typisch für Prouvosts Schaffen ist, dass dabei auch die ironisch gebrochene Reflexion über grundsätzliche Fragen zur Kunst nicht zu kurz kommen wie diejenigen über den Gegensatz zwischen Laie und Fachperson, über die Bedeutung der Partnerinnen von Avantgardekünstlern oder über die Rolle von Künstlerinnen allgemein.
In der Ausstellung 2016 im Kunstmuseum Luzern, in welcher «WANTEE» eine zentrale Stellung einnahm, war offensichtlich, wie die Künstlerin die Geschichte um den verschwundenen Grossvater mit den in anderen Räumen ausgestellten Kunstwerken verwob und so die ganze Schau zu einer grossen Erzählung gestaltete.
Heinz Stahlhut