Johann Gottfried Steffan
Landschaft aus dem Kanton Wallis
1869
Öl auf Leinwand
83 x 127.5 x 9.5 cm
signiert, datiert und bezeichnet unten rechts: " J.G. Steffan pt. 1869/München"
Kunstmuseum Luzern, Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Gottfried Keller-Stiftung, Bern
Inv.-Nr. E 77x
Kunstmuseum Luzern
informationen
Werkbeschrieb
1861 unternimmt Steffan eine Reise an den Genfersee und ins Wallis. Laut seinen eigenen Notizen fasziniert ihn das Wallis besonders wegen der Gegensätzlichkeit zwischen südlicher Vegetation und nordischer Bergwelt und der daraus resultierenden starken Kontraste in Bezug auf Form und Farbe. Das Bild „Le Mont d’Orge“ scheint diese Eindrücke gezielt zu rezipieren: die sonnigen Hügel mit olivenbaumähnlicher Vegetation im Vordergrund sind in südlich anmutende gelb-grüne Töne getaucht, während sich im Hintergrund die grau-blauen Alpen felsig und karg aus der Ebene erheben. Diese Kombination verleiht dem Bild eine ganz spezielle, für Steffans Werk nicht unbedingt typische Stimmung.
Im Bildaufbau entspricht der „Mont d’Orge“ jedoch einem häufig angewandten Konzept Steffans: Der Betrachter und die Betrachterin befinden sich auf einer leicht erhöhten Terrasse im Vordergrund und blicken auf die breit vor ihnen liegende Landschaft. Im Vordergrund wird der Blick über einen Weg auf der rechten Bildseite in den Bildraum geleitet, im Mittelgrund suggeriert ein See Tiefe für die linke Bildseite, und im Hintergrund wird dieser Eindruck durch die hintereinander gereihten Bergketten zusätzlich verstärkt. Auch die Staffagefiguren haben meistens die Funktion, den Blick des Betrachters und der Betrachterin in die Bildtiefe zu leiten. Dies geschieht hier in Form der beiden Figuren auf dem Weg und mittels des Hirten im Mittelgrund, die sich alle ins Bild hinein orientieren. Zudem wird durch die Platzierung der Staffagen in verschiedene Bildebenen eine zusätzliche Tiefenwirkung erzeugt.
Mit dem gewählten Bildausschnitt präsentiert Steffan eine äusserst harmonische, ausgewogene Komposition. Der nach rechts verlaufende, einen Bogen bildende Weg findet seine Entsprechung im nach links verlaufenden runden Seeufer, und der dominantere Mont d’Orge erhält ein Gegengewicht durch die kleineren, dafür verdoppelten Bergketten im rechten Hintergund. Deren niedrigere Erscheinung wird mit darüber schwebenden, luftigen Wolken ausgeglichen, dafür betont das ausgeprägte Breitformat der Leinwand die horizontale Ausrichtung der Landschaft. In dieser Konzeption spiegelt sich Steffans Interesse an idealisierten Landschaften. Er übernimmt im Atelier die Landschaften grundsätzlich ziemlich genau von seinen Skizzen, jedoch passt er die Anordnung der einzelnen Elemente gerne zugunsten einer ausgewogenen Erscheinung an.
Seraina Werthemann
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Gottfried Keller-Stiftung, Bern
Eingangsjahr:1964
Ausstellungsgeschichte
Meisterwerke der Gottfried Keller-Stiftung. Schweizer Kunst aus neun Jahrhunderten, Zürich, Kunsthaus Zürich, 10.06.1965 - 21.07.1965
Grüner Heinrich - Schweizer Künstler in München 1840-1890, Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum Pfäffikon, 26.02.2005 - 17.04.2005
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
La collection retrouvée. Von Füssli bis Hodler: Meisterwerke aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 25.07.1993 - 26.09.1993
Terrain. Von Robert Zünd bis Tony Cragg – Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts und zeitgenössische Skulptur aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 02.03.2007 - 05.08.2007
Modell für ein Museum. Werke aus der Sammlung, mit der integralen Schenkung Minnich, dazu ein "Bilderzimmer" von Anton Henning und Allan Porters "I Am a Museum", Luzern, Kunstmuseum Luzern, 21.10.2006 - 11.02.2007
Ins Offene! Landschaftsdarstellungen von Ferdinand Hodler und Robert Zünd bis Max von Moos, Luzern, 08.03.2014 - 16.11.2014
Literatur
Sandor-Schneebeli, Eva, Johann Gottfried Steffan. Landschaftsmaler 1815-1905, hrsg. von Walter Feilchenfeldt, Wädenswil: Nimbus, 2009 (Schriftenreihe der International Music and Art Foundation, Bd. 2)
Bianchi, Paolo, "Das 'Medium Ausstellung' als experimentelle Probebühne", in: Kunstforum International, Bd. 186, Juni/Juli 2007, S. 44-55
Pfäffikon, Seedamm Kulturzentrum Pfäffikon/Wädenswil, Villa Grünenberg (Ausst.-Kat.), Grüner Heinrich. Lebensläufe zwischen Scheitern und Erfolg, hrsg. von Adrian Scherrer, mit Texten von Bernhard Echte, Markus Schöb (et al.), Stäfa: Th. Gut, 2005
Landolt, Hanspeter, Sammeln für die Schweizer Museen. Gottfried Keller-Stiftung. Collectionner pour les musées suisses. Fondation Gottfried Keller. Collezionare per i musei svizzeri. Fondazione Gottfried Keller. 1890–1990, mit Texten von Hugo Wagner (et al.), Bern: Benteli, 1990
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Zürich, Kunsthaus Zürich (Ausst.-Kat.), Meisterwerke der Gottfried Keller-Stiftung. Schweizer Kunst aus neun Jahrhunderten, mit einem Beitrag von Michael Stettler, Bern: Verlag der Eidgenössischen Kommission der Gottfried Keller-Stiftung, 1965
Gottfried Keller-Stiftung, Bericht über die Tätigkeit der Eidgenössischen Kommission der Gottfried Keller-Stiftung 1963, 1964 und 1965, Bern: Verlag der Eidgenössischen Kommission der Gottfried Keller-Stiftung, 1965