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Werkbeschrieb
Das Gemälde „Waldinneres“ wird 1938 von der eidgenössischen Kunstkommission in Auftrag gegeben und im Rahmen eines Unterstützungsbeitrages 1939 vom Bund erworben, der damit zugleich einen bescheidenen finanziellen Beitrag an den von Geldnöten bedrängten Emmenegger leistet. Gleichzeitig ist dies auch eine Wertschätzung von Emmeneggers jahrelangem Engagement in kultur- und kunstpolitischen Angelegenheiten.
Die Waldbilder mit ihren für Hans Emmenegger charakteristischen starken Licht-Schatten-Kontrasten gewähren Einblicke ins Waldesinnere aus nächster Distanz. Sie spielen im Gesamtwerk Emmeneggers eine nicht unwesentliche Rolle: Es sind Gemälde, die nicht die Schönheit und Vielfalt der Natur zelebrieren, sie machen vielmehr Emmeneggers Hang zur Melancholie und Einsamkeit spürbar, eine Grundstimmung, die auch im Bild "Waldinneres" zum Ausdruck kommt.
Im Bildvordergrund windet sich ein dünnes, kahles Bäumchen in zwei sonderbaren Drehungen (Verrenkungen) in die Höhe. Dieses wird wie die beiden leicht zurückversetzten körperhaften Baumstämme stellenweise von der Sonne beschienen. Die waagrecht abstehenden Aststümpfe und deren kurze Schlagschatten fallen auf. Ansonsten weisen die Stämme keine organischen Verletzungen oder Verknotungen auf. Die grell beleuchteten Stämme kontrastieren mit den ganz im Schatten und im Hintergrund stehenden Baumgruppen, die zugleich nur vage den Blick in das gespenstisch anmutende, undurchdringliche Waldesinnere freigeben. Abgesehen von ein paar Moospölsterchen bleibt der Waldboden vegetationslos, ohne Unterholz und Gebüsch. Wie in anderen Waldstücken fehlen Spuren von Zivilisation. Durch die eigenartige Lichtführung erhält die Komposition etwas Irreales und Künstliches. Die Stimmung ist kühl, distanziert und schwermütig. Emmeneggers Lebensgefühl, das zwischen Skepsis und der Furcht vor dem Scheitern schwankt, kommt hier deutlich zum Ausdruck.
Ein Jahr später malt Emmenegger sein letztes Waldbild „Besonnte Stämme“ (Inv. Nr. GH 85.41x). Bereits während seiner Entstehungszeit ist er gesundheitlich angeschlagen. Nach einem kurzen Spitalaufenthalt stirbt er 1940 in Emmenbrücke.
Cornelia Ackermann
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Gottfried Keller-Stiftung, Bern
Eingangsjahr:1940
Ausstellungsgeschichte
Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger - ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 06.12.1987 - 20.01.1988
Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger - ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, Schaffhausen, Museum zu Allerheiligen, 08.05.1987 - 26.06.1988
Landpartie. Die Luzerner Landschaftsmalerei zwischen "Paysage intime" und dem Aufbruch ins 20. Jahrhundert, Hochdorf, Kulturzentrum Braui, 07.11.1998 - 22.11.1998
Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger - ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, Solothurn, Kunstmuseum Solothurn, 30.01.1988 - 20.03.1988
Ergriffenheit – Werke aus der Sammlung von Hodler bis Henning, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 11.06.2005 - 13.11.2005
Waldspaziergang. Der Wald in der europäischen Malerei, Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum, 16.04.1989 - 04.06.1989
Beispiel Schweiz. Entgrenzungen und Passagen als Kunst, Vaduz, Kunstmuseum Liechtenstein, 30.09.2011 - 15.01.2012
Hans Emmenegger "Jetzt will ich einmal schroff meinen Weg gehen.", Luzern, 05.07.2014 - 12.10.2014
Silence. Ausgewählte Werke aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 04.07.2009 - 22.11.2009
Catalogue raisonné Hans Emmenegger 1866-1940
Eidgenossenschaft Inventur 2011
NEWS! Erwerbungen im Kontext der Sammlung , Luzern, 09.03.2019 - 16.06.2019
Hans Emmenegger, Fondation Hermitage Lausanne , 25.06.2021 - 31.10.2021
Literatur
Lichtenstein, Kunstmuseum Lichtenstein (Ausst.-Kat.), Beispiel Schweiz. Entgrenzungen und Passagen als Kunst, hrsg. von Roman Kuzmeyer und Friedemann Malsch, Lichtenstein: Kunstmuseum Lichtenstein, 2011
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Landpartie - Die Sammlung des Kunstmuseums Luzern auf Reisen im Kanton, mit Texten von Jean-Christophe Ammann, Theo Kneubühler, Ulrich Loock und André Rogger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1998
Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum (Ausst. Kat.), Waldspaziergang. Walddarstellungen in der europäischen Malerei, hrsg. von Willy Rotzler und Martin Küper, 1989
Luzern, Kunstmuseum Luzern/Solothurn, Kunstmuseum Solothurn/Schaffhausen, Museum zu Allerheiligen (Ausst.-Kat.), Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger, ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, hrsg. von Franz Zelger, mit Texten von Stefan Banz (et al.), Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1987
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Kneubühler, Theo, "Aus dem Kunstmuseum Luzern. Hans Emmenegger: Besonntes Waldinneres, 1938/39, Öl auf Leinwand, 129 x 70 cm", in: Vaterland Luzern, Nr. 141, 21.06.1975, S. unpaginiert