Sophie Taeuber-Arp
12 flächige Räume und winklige Streifen
1938
Gouache auf Papier
55.0 x 45.5 x 3.0 cm
signiert und datiert auf Montagekarton unten rechts, mit Bleistift: "S H Taeuber Arp/1938"
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung
Inv.-Nr. M 94.41y
2008, ProLitteris, Zurich
informationen
Werkbeschrieb
Die Arbeit „12 flächige Räume und winklige Streifen“ ist 1938 in der produktiven Pariser Schaffensphase entstanden, während der sich Sophie Taeuber-Arp stark mit Flächen und deren räumlicher Wirkung auseinandersetzt.
Die Künstlerin unterteilt das Blatt in zwölf annähernd quadratische Felder – drei in der Breite und vier in der Höhe –, die den Grundraster bilden und in verschiedenen Farbtönen gehalten sind. Einzelne Bereiche verschmelzen durch eine einheitliche Farbgebung miteinander und setzen Akzente. Darüber zieht sich ein Geflecht von Streifen hinweg, die jedoch nicht geradlinig verlaufen. Sie werden vielmehr winklig gebrochen und ändern dadurch ihre Richtung, wobei sie ihre Breite beibehalten. Die auf den ersten Blick so offenkundig hervortretende geometrische, vermeintlich starre Struktur erweist sich bei näherem Hinsehen als ein relativ frei gestaltetes Gefüge. Jedes Gestaltungsprinzip, das man zu erkennen glaubt, wird sofort wieder durch eine Ausnahme gebrochen: Die Bänder verlaufen nicht parallel, sie knicken in verschiedenen Winkeln, manchmal ziehen sie sich bei gleicher Farbigkeit über mehrere Felder hinweg, ein andermal wechseln sie ihre Farbe beim Übertritt in ein anderes Quadrat oder sie erwecken den Eindruck, transparent auf dem Untergrund zu liegen.
Zwischen der klar festgelegten Ordnung des Hintergrunds und dem freien Prinzip der darüber liegenden Linien eröffnet sich ein Spannungsfeld, in dem die Künstlerin den im Titel angedeuteten Widerspruch auslotet: sie behandelt die quadratischen Flächen als eigene Raumeinheiten und benutzt die Streifen zur Erkundung dieses angedeuteten Raumes. Durch die farbliche Unterteilung und die von den Winkeln bestimmte Gliederung schreiben sich die darüber liegenden Bänder den einzelnen Farbfeldern ein und lassen an Charaktere eines eigenen Zeichensystems denken.
Diesen kleineren Raumeinheiten gegenüber steht der gesamte Bildraum, in dem sich die Streifen felderübergreifend mit den Farbflächen verzahnen und damit den Raster der Quadrate aufbrechen. Die klaren Farben – ein kräftiges Blau, Grün und Rot – betonen die aufwärts strebenden Hauptrichtungen der Diagonalen. Die Streifen bilden mit ihren tänzerisch anmutenden Bewegungen einen dynamischen Gegenpol zum Raumgefüge der Flächen. Die Künstlerin lässt ein subtiles Gleichgewicht zwischen Fläche, Raum und Farbe entstehen, ein Zwiegespräch zwischen Zeichen und Bewegung.
Agatha von Däniken
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung, Schenkung Stefan und Eva Rotzler im Andenken an Anne und Willy Rotzler, 1994
Eingangsjahr:1994
Ausstellungsgeschichte
Sophie Taeuber-Arp, Rolandseck, arp museum Bahnhof Rolandseck, 04.03.2010 - 06.06.2010
Sophie Taeuber-Arp – zum 100. Geburtstag, Ulm, Museum der Stadt Ulm, 28.07.1989 - 03.09.1989
Schweizer Meister. Sammlungsausstellung zum 75–Jahr–Jubiläum der Bernhard Eglin–Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 31.05.2008 - 20.10.2008
Sophie Taeuber-Arp – zum 100. Geburtstag, Bochum, Museum Bochum, 16.09.1989 - 29.10.1989
Sophie Taeuber-Arp, Winterthur, Kunstmuseum Winterthur, 23.01.1977 - 06.03.1977
Sophie Taeuber-Arp – nel centenario della nascita, Lugano, Museo Cantonale d'Arte, 27.05.1989 - 16.07.1989
Sophie Taeuber, Lausanne, Musée Cantonal des Beaux-Arts, 30.03.1990 - 13.05.1990
Sophie Taeuber-Arp – zum 100. Geburtstag, Aarau, Aargauer Kunsthaus, 09.04.1989 - 15.05.1989
Sophie Taeuber-Arp. 1889–1943, Ascona, Museo Communale, 02.04.1983 - 14.05.1983
Sophie Taeuber, Paris, Musée d'Art Moderne de la ville de Paris, 15.12.1989 - 18.03.1990
Sophie Taeuber-Arp. Retrospektive, Bottrop, Moderne Galerie Quadrat, 12.06.1983 - 14.08.1983
Sophie Taeuber-Arp, Aarau, Aargauer Kunsthaus, 22.08.2014 - 16.11.2014
Postkarten 2012
Sonja Sekula, Max Ernst, Jackson Pollock & Friends, Luzern, 11.06.2016 - 25.09.2016
Literatur
Schmutz, Thomas ; Aargauer Kunsthaus ... [et al.], Sophie Taeuber-Arp, Scheidegger & Spiess 2014
Davos, Kirchner Museum Davos, Bewegung und Gleichgewicht. Sophie Taeuber-Arp 1889–1943, hrsg. von Karin Schick, Oliver Kornhoff und Astrid von Asten, mit Texten von Astrid von Asten (et al.), Bielefeld: Kerber Verlag, 2009
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Meister / Swiss Masters. Publikation zum 75-Jahr-Jubiläum der Bernhard Eglin-Stiftung / Publication for the 75-year Jubilee of the Bernhard Eglin Foundation, hrsg. von Peter Fischer und Christoph Lichtin, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli, 2008
Luzern, Kunstgesellschaft Luzern, Jahresbericht, 1994
Aarau, Aargauer Kunsthaus (Ausst.-Kat.), Sophie Taeuber-Arp – zum 100. Geburtstag, Katalog von Beat Wismer, Aarau: Aargauer Kunsthaus; Baden: Lars Müller, 1989
Ascona, Museo Communale (Ausst.-Katalog), Sophie Taeuber-Arp. 1889–1943, hrsg. vom Museo Communale Ascona, mit Texten von Angela Thomas Jankowski, Ascona: Museo Communale, 1983