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Werkbeschrieb
Während Franz Elmigers Studienzeit in München ist einer seiner prägendsten Lehrer der auf Tierdarstellungen spezialisierte Maler Heinrich Zügel. Dementsprechend machen Tiere auch im Werk seines Schülers Elmiger einen grossen Teil der gewählten Motive aus, so auch im hier besprochenen Bild "Bauer mit Kühen".
Das zentrale Bildthema sind zwei Kühe in der Mitte des Bildes, welche sich frontal auf den Betrachter zu bewegen. Rechts neben ihnen, leicht nach hinten versetzt, geht der Bauer anscheinend gemächlich neben den Tieren her. Als Kulisse für diese Figurengruppe dient eine Schneelandschaft. Im Hintergrund, parallel zum oberen Bildrand, verläuft eine Hügelkette im Gegenlicht. Die beiden Tierkörper wirken schwer; bis auf ihre Rücken, welche vom schräg einfallenden Licht beleuchtet sind, stehen sie im Schatten.
Die beiden Kühe fungieren nicht nur als Figuren im fiktiven Bildraum, sondern auch als geometrische Einheiten im Bildaufbau. In dieser Funktion sind die Tiere eher als Fläche angelegt und bilden in diesem Zusammenhang mit den Schatten der Figuren, welche nach vorne zum unteren Bildrand hin fallen, eine Einheit. Die Beine der Tiere und die dazugehörigen Schatten bilden ein Bildfeld von senkrecht aneinander gereihten Streifen, die sich durch den hell-dunkel Kontrast vom Schnee abheben. Diese gestalterische Gliederung wiederholt sich auch im Fell der Tiere, wo sich vertikal ausgerichtete weisse und schwarze Partien abwechseln. Diese senkrecht ausgerichteten Streifen stehen in Kontrast zu dem horizontal verlaufenden Hintergrund und Vordergrund, welche das Bild sozusagen einrahmen. Das zentrale Thema des Bildes, die Bewegung und Präsenz der Tiere, wird zu Gunsten eines ausgewogenen und eher flächig konzipierten Bildaufbaus in den Hintergrund gerückt.
Bei solchen Beobachtungen kommt die Frage auf, inwieweit Elmiger mit Hodlers Parallelismustheorie vertraut war. Hodler, der sich selbst zum Erfinder des Parallelismus erkoren hatte, definierte diesen als jede Form von Wiederholungen innerhalb eines Bildes. Dies manifestiert sich meist in einer ausgeprägten Symmetrie innerhalb des Bildaufbaus. Hodler wollte damit die ordnenden Kräfte in der Natur sichtbar machen, wobei seine künstlerische Einflussnahme nicht gering war, da er vor allem mit der Bestimmung des Bildausschnitts etwa durch die Anordnung der Wolken die Symmetrie einer Bildkomposition entscheidend lenken konnte. Wenn man Elmigers Bildaufbau als eine Umsetzung Hodlers Theorie verstehen möchte fällt als erstes auf, dass er nicht wie Hodler eine Landschaft oder Figurengruppe wählt, um eine parallel verlaufende Wiederholung gleicher Formen zu erzeugen, sondern den Parallelismus auf eine Tierdarstellung überträgt.
Die Konsequenz zeigt sich vor allem in der künstlich anmutenden Haltung der Tiere. Ausser dem erreicht Elmiger nicht die gleiche Harmonie und Eleganz wie Holders in seinen horizontal ausgerichteten Landschaften. Doch kann man dieses Bild vielleicht als eine Vorstufe zu späteren Landschaftsbildern Elmigers sehen, in welchen ein neuerlicher Versuch besser ausfällt.
Mit dem Ausruf "Sie, Hodler!" hat Zügel anscheinend seinen jungen Schüler einst kritisieren wollen. Diese Anekdote beweist, dass Holders Bildauffassung durchaus ein Thema unter der jüngeren Generation war und dass Elmigers Entwicklung hin zu einer flächigen Malweise bereits während seinem Studium seinen Anfang fand. Das Bild, welches 1916, kurz nach Beendigung seiner Ausbildung entstand, verdeutlicht dies. Es markiert einerseits die Emanzipation des jungen Malschülers von seiner klassischen Ausbildung und gleichzeitig Elmigers Übergang von räumlicher zu flächiger Malweise.
Janine Moroni
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, 1935 anlässlich der Gedächtnis-Ausstellung
Eingangsjahr:1935
Ausstellungsgeschichte
Schnee, Land und Leute: Gemälde von Anker bis Emmenegger aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 07.02.2004 - 18.04.2004
Innerschweiz. 11. Gemäldeausstellung Trubschachen, Trubschachen, Kulturverein Trubschachen, 23.06.1984 - 15.07.1984
Franz Elmiger, Gelfingen, Schloss Heydegg
Franz Elmiger. 1882–1934. Gedächtnisausstellung. Mumien-Bildnisse El Fayum I.– IV. Jahrhundert, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 20.01.1935 - 13.02.1935
Gedenkausstellung Franz Elmiger, Hochdorf
Gemäldeausstellung Franz Elmiger (1882–1934), Littau, 23.03.1974 - 07.04.1974
Wir Tiere (Comme des bêtes). Bär Schwein, Katze und Co, Lausanne, Musée cantonal des Beaux-Arts, 28.03.2008 - 22.06.2008
Von früh bis spät. Bilder des Alltags aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, 04.03.2017 - 26.11.2017
Literatur
Lausanne, Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne (Ausst.-Katalog)/Fibicher, Bernard, Comme des bêtes. Ours, chat, cochon & Cie, hrsg. von Bernard Fibicher/Laura Maggioni/5 Continents Editions Mailand, mit Texten von Bernard Fibicher (et al.), Lausanne: Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne, 2008
Mosele, Franz, Franz Elmiger. Ermensee 1882–1934 Luzern, hrsg. von Albert Elmiger, mit Texten von Franz Mosele (et al.), Luzern: Harlekin-Verlag, 1983
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Elmiger, Albert, Franz Elmiger. Bilder und Gedanken zur Würdigung seines Werkes im Vierzigsten Todesjahr, Littau: Albert Elmiger, 1974
Reinle, Adolf, Das Luzerner Kunstmuseum. Ein Führer durch die Sammlung, hrsg. vom Stadtarchiv Luzern und einer vom Stadtrat bestellten Kommission, Luzern: Kommissionsverlag Eugen Haag, 1958
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Franz Elmiger, 1882–1934. Gedächtnisausstellung. Mumien-Bildnisse, El Fayum, I.–IV. Jahrhundert, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1935