Mit dem vorliegenden Gemälde hat sich der Maler, mit langen Unterbrüchen, während über zwanzig Jahren beschäftigt, wie die eigenhändig auf der rückwärtigen Leinwand festgehaltenen Jahrzahlen belegen.
Dargestellt ist der nackte Rücken einer Frau, der sich von links nach rechts diagonal über die Bildfläche erstreckt. Die mit kühlen Farben gemalte Haut unterscheidet sich kaum von der weissen Unterlage auf dem die Frau liegt. Erst die scharfe Umrisszeichnung lässt die Körperkonturen erkennen. Das Gesicht der Frau bleibt völlig verdeckt und unerkennbar durch das schwarze Haar und den rechten Arm, den sie angewinkelt unter ihr Kinn legt. In einem Ateliergespräch aus dem Jahre 1995 (Ausstellungskatalog Kunstmuseum Luzern, 1996) erwähnt Wyrsch, was ihn an der Aktmalerei interessiert. Er sagt, dass er „erspüren will, wie ein Rücken gebaut ist.“ Sein Malerauge interessiert sich für die Anatomie des menschlichen Körpers. Wyrsch arbeitet seit Jahren mit demselben Modell. Trotzdem ist in seinen Aktgemälden nicht die individuelle Person, sondern die Frau an sich dargestellt. Das Aktbild als erotisches Moment wird zugleich Sinnbild für die menschliche Verlorenheit. Die Intention des Künstlers, Einsamkeit, Eitelkeit und Vergänglichkeit des Menschen auszudrücken, wird durch den anonymen nackten Frauenkörper, der sich den Blicken des Betrachters präsentiert, spürbar.
Nicht nur dieses Bild, sondern die Aktdarstellung an sich ist, nebst der Porträtmalerei, das bestimmende Thema der letzten 30 Jahre von Wyrschs künstlerischem Schaffen.
Béatrice Cotter