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Werkbeschrieb
Der Begriff der "paysage composé" spielt im Spätwerk Vallottons eine wichtige Rolle. Der Künstler versteht darunter Landschaften, die zwar auf Beobachtungen in der Natur beruhen, die aber nicht die sichtbare Wirklichkeit wiedergeben sollen. Er verwendet dazu häufig in der Natur entstandene Skizzen, mit Hilfe derer er das Bild später im Atelier ausführt. Die Skizze selbst zeichnet sich dabei bereits durch eine Verdichtung der wesentlichen Teile aus, sie hilft, aus der tatsächlich geschauten Landschaft „ein idealtypisches Abstraktum der Wirklichkeit“ (Werner Hofmann) entstehen zu lassen. Vallotton benützt die Wirklichkeit als Baumaterial, aus dem er seine eigene Bildwirklichkeit erschafft. Ein grosser Anteil der Bildlemente ist deshalb zusammengesetzt oder stark interpretiert. In seinem Tagebuch drückt er es selbst so aus: „Ich träume von einer Malerei, die von jedem wörtlichen Respekt für die Natur befreit ist, ich möchte die Landschaften einzig mit Hilfe der Emotion wiedergeben, die sie in mir hervorgerufen haben, einige aussagekräftige Linien, ein oder zwei ausgewählte Details, ohne den Aberglauben der Exaktheit von Tageszeit oder Lichtverhältnissen“ (Documents, Vol. III, S. 128). Diese Absicht muss man sich vergegenwärtigen, wenn man Landschaftsbilder mit konkreten Ortsangaben einer bestimmten Position des Malers zuordnen will.
Auf seiner Reise nach Honfleur macht Vallotton im Juni 1922 einen Zwischenhalt in Tournedos. Hier bezieht er für zwei Wochen bei einem gewissen Monsieur Violletre Pension. Es entstehen mehrere Zeichnungen. Kaum in Honfleur angekommen setzt er diese in insgesamt sieben Gemälden um. Es ist eine Serie, die sich durch eine ähnliche Farbigkeit und, bis auf das letzte der Serie, durch ein identisches Bildthema auszeichnet. Immer ist die Seine zu sehen, einmal mit einem Uferweg, einmal mit dem Blick quer über den Fluss an das gegenüberliegende Ufer und die Hügel und Felsen. Nur auf einem Bild ist ein Fussgänger dargestellt, der auf einem Fahrweg den Fluss entlang schreitet. Auf einer erhaltenen Skizze hat Vallotton den Eintrag „Silence“ angebracht. Und von dieser Stille ist auch das Gemälde in der Sammlung des Kunstmuseums getragen, wenn auch bereits einen neue Wolke hinter dem Hügel aufzieht.
Christoph Lichtin
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung, Ankauf ermöglicht durch Herrn und Frau Dr. Felix von Schumacher-Nager, Luzern/Zürich
Eingangsjahr:1996
Ausstellungsgeschichte
Félix Vallotton, Lausanne, Galerie Vallotton, 19.11.1992 - 30.01.1993
Cinque Pittori vodesi: Vallotton, Borgeaud, Auberjonois, Bucher, Bosshard, Ascona, Museo Communale, 01.09.1984 - 30.09.1984
Félix Vallotton, Genf, Musée de l'Athénée, 12.07.1991 - 29.09.1991
Maîtres suisses et français des XIXe et XXe siècles, Lausanne, Galerie Vallotton, 12.02.1987 - 07.03.1987
Félix Vallotton, Zürich, Galerie Fischer - 19.10.1996
Ergriffenheit – Werke aus der Sammlung von Hodler bis Henning, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 11.06.2005 - 13.11.2005
Félix Vallotton, Lausanne, Galerie Vallotton, 30.06.1983 - 17.09.1983
Félix Edouard Vallotton 1865-1925. Peintures, gravures, sculptures, dessins, Basel, Galerie Bodenschatz, 02.05.1996 - 22.06.1996
Regard. 125 ans SPSAS. Socité des peintres, sculpteurs et architectes suisses, Section vaudoise, Lausanne, Musée historique de Lausanne, 13.12.1990 - 13.01.1991
Félix Vallotton 1865-1925, Paris, Galerie Druet, 14.10.1935 - 25.10.1935
Hommage an Viktor Lüthy (1924–1998), Luzern, Kunstmuseum Luzern, 25.08.2004 - 26.09.2004
Der Lesesaal. Werke aus der Sammlung von Hodler, Augusto und Giovanni Giacometti, Amiet, Vallotton, Markowitsch, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 06.05.2006 - 27.08.2006
Schweizer Meister. Sammlungsausstellung zum 75–Jahr–Jubiläum der Bernhard Eglin–Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 31.05.2008 - 20.10.2008
Terrain. Von Robert Zünd bis Tony Cragg – Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts und zeitgenössische Skulptur aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 02.03.2007 - 05.08.2007
Ins Offene! Landschaftsdarstellungen von Ferdinand Hodler und Robert Zünd bis Max von Moos, Luzern, 08.03.2014 - 16.11.2014
prospekt BEST
Literatur
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Ausst.-Kat.), Schweizer Meister / Swiss Masters. Publikation zum 75-Jahr-Jubiläum der Bernhard Eglin-Stiftung / Publication for the 75-year Jubilee of the Bernhard Eglin Foundation, hrsg. von Peter Fischer und Christoph Lichtin, Luzern: Kunstmuseum Luzern; Bern: Benteli, 2008
Ducrey, Marina, Félix Vallotton. L'oeuvre peint. Catalogue raisonné, Lausanne: Fondation Félix Vallotton; Mailand: 5 continents Editions srl; Zürich: SIK, 2005 (Catalogues raisonnés d'artistes suisses 22)
Lüthy, Viktor, "Bernhard Eglin-Stiftung", in: Jahresbericht der Kunstgesellschaft Luzern 1996, S. 30-31
Lausanne, Galerie Vallotton (Ausst.-Kat.), Félix Vallotton, Katalog von Marina Ducrey, Lausanne: Galerie Vallotton, 1992
Ascona, Museo Communale (Ausst.-Kat.), Cinque Pittori vodesi: Vallotton, Borgeaud, Auberjonois, Bucher, Bosshard, mit einem Beitrag von Bernard Wyder, Ascona: Museo Communale, 1984
Lausanne, Galerie Vallotton (Ausst.-Kat.), Félix Vallotton, Katalog von Doris Jakubec, Lausanne: Galerie Vallotton, 1983
Koella, Rudolf, Das Bild der Landschaft im Schaffen von Félix Vallotton, unveröffentlichte Dissertation Universität Zürich, 1969