John M Armleders unbetitelte Arbeit besteht aus einer quadratischen Leinwand, auf die 13 regelmässig angeordnete lila Kreisformen vor weissem Grund aufgemalt sind. Das fehlende gegenständliche Motiv und die Position der Kreise oder grossen Punkte auf dem Viereck verleitet den Betrachter dazu, zwischen den Bildelementen imaginäre Linien zu ziehen und sie als horizontal, diagonal oder vertikal miteinander verkettete Formen begreifen zu wollen.
Die nüchterne, von Gegenstandsbezügen befreite Malerei der Suprematisten oder der Konkreten scheinen für vorliegendes Gemälde Pate gestanden zu haben. Innerhalb des Œuvres von Armleder nimmt diese Leinwandmalerei formal Bezug auf die perforierten Pavatexplatten aus dem Baumarkt, die der Künstler oft für Installationen verwendet. In dieser Arbeit nimmt er das Raster der Perforierung jener Platten vergrössert als gleichförmig verteilte Farbkreise wieder auf.
Armleders Malerei, sei sie konkret oder abstrakt, ist wohl immer als direkte Auseinandersetzung mit dem kunsthistorischen Erbe zu sehen. Die Leinwandarbeiten seit den 1980er Jahren positionieren sich als Gegenentwürfe zu den dazumal vorherrschenden Tendenzen der „Neuen Wilden“, des „Neoexpressionismus“ oder der italienischen „Transavanguardia“, die alle für eine affektgeladene und unmittelbar impulsive Malerei stehen, und werden bisweilen unter die Stilkategorie „Neo Geo“ (Kurzform von „Neue Geometrie“) subsumiert. Armleder vertritt die Ansicht, dass sich künstlerische Positionen im Verlaufe der Zeit, abhängig vom jeweiligen Kontext, verändern. Dies besagt also, dass beispielsweise die suprematistische Arbeit eines Malewitsch aus der heutigen Perspektive mit ihrer ganzen historischen Last betrachtet werden muss. Deshalb erzählen Armleders Arbeiten, in denen er sich auf die Kunsthistorie und die Geschichte der Kunst bezieht, immer auch von gescheiterten künstlerischen wie gesellschaftlichen Utopien.
Isabel Fluri