Der Stanser Künstler Paul Stöckli erlebt die tiefgreifenden, stilistischen Umwälzungen in der Kunst der Kriegs- und Zwischenkriegsjahre intensiv mit. Sie zwingen ihn immer wieder zur Selbsthinterfragung und Neuorientierung. Geografisch bewegt er sich zeitlebens zwischen Stans, Basel, München und Paris, technisch changiert sein Werk zwischen Zeichnung, Radierung, Collage, Malerei, Glaskunst sowie plastischer Kunst (die letzteren beiden insbesondere für Werke in Kirchen) und stilistisch zwischen Expressionismus, Tachismus und Informel. Die langjährige Beschäftigung mit der Radierung – häufig als die einzige Konstante in Stöcklis Werk bezeichnet – prägt seine Einstellung zu Farbe in hohem Mass: Im Gegensatz zur konventionellen Farblehre behandelt er Schwarz und Weiss als eigenständige Farben. Diese Auffassung spiegelt sich in von Schwarz- und Dunkeltönen stark dominierten Gemälden wider. Allerdings ist eine ausschliessliche Zuschreibung Stöcklis zu Basels Graumalern angesichts der zumeist bunt kolorierten Landschaftsaquarellen zurecht relativiert worden.
Neben der Einbettung in das gesamte künstlerische Werk gilt es auch die kunstgeschichtlichen Umständen Ende der 1950er-Jahre zu beachten. Die abstrakte Kunst erreichte mit den Biennalen in Venedig von 1956 und 1958 den Höhepunkt öffentlichen Interessens in der Schweiz, das 1943 mit der «XXI. Nationalen Kunstausstellung» in Genf langsam eingesetzt hat. Auch Stöckli lässt sich inspirieren und kehrt der rein gegenständlichen Malerei vermehrt den Rücken. In seiner Einzelausstellung 1961 im Kunstmuseum Luzern steht vorab die Beschäftigung mit Farbkomposition sowie Farbräumlichkeit im Zentrum. Die 94 ausgestellten Werke sind mit «Zeichen», «Komposition» oder «Improvisation» betitelt und erforschen dementsprechend die Wirkung auf die Betrachterin und den Betrachter auf unterschiedliche Weise. Während die nicht zu dechiffrierenden «Zeichen» durch ihren Anklang an Mythisches und Urweltliches und die dynamischen «Improvisationen» durch ihre Spontaneität wirken, stellen die «Kompositionen» den Versuch dar, durch die bewusste Anordnung von Farben (inklusive Schwarz und Weiss) ein Erlebnis abstrakt wiederzugeben.
Komposition III besteht aus mehreren grösseren, schwarzen und weissen sowie kleineren, roten bis lachsfarbenen Flächen. Die einzelnen Figuren deuten in ihrer Anordnung ein Rechteck und einen darüber liegenden Rhombus an, der sich um ein schwarzes Zentrum formiert. Die jeweiligen Übergänge sind zwar konturlos, jedoch genauso deutlich erkennbar wie der Pinselstrich. Ausserdem sind kleine, splitterhafte Erhöhungen erkennbar, die unabhängig von der Komposition über das Bild verteilt sind. Die so entstehende Komposition wirkt dynamisch und bringt den geistigen, als auch den malerischen Prozess akzentuiert zum Vorschein. Zentral ist die Farbkomposition. Die verschiedenen Abstufungen von Schwarz und Weiss bzw. Grau sowie von Rot haben eine eigenwillige Wirkung: Die Schwarz-Weiss-Abstufungen entfalten einen ähnlichen Nuancenreichtum wie die Buntfarben. Somit stechen diese nicht hervor, sondern fügen sich nahtlos in die Gesamtkomposition ein. Jan Miotti