Blumen sind eines der Hauptmotive in Stalders Arbeiten. Nebst den „Pensées“ (Stiefmütterchen), die ab 1996 entstehen, malt er Blumensorten, wie Fleissige Lieschen, Alpenrosen, Kapuziner- oder Sonnenblumen. Die Arbeiten zeigen malerisch modellierte Blütenblätter, die, in wenigen und beinahe reinen Farbtönen gehalten, gleichwertig auf der Fläche arrangiert sind. Trotz der klaren Staffelung ergibt sich keine illusionäre Tiefenwirkung. Für seine Blumenbilder verwendete Stalder anfangs Samenbriefchen, wie sie in Gartenabteilungen in Einkaufszentren oder Gärtnereien zu haben sind, als Vorlage, mit der Zeit begann er mit den Motiven auch frei zu komponieren.
Das Bild „Pensée“ aus dem Jahr 2002, das sich im Besitz des Kunstmuseums Luzern befindet, zeigt eine weisse Blüte, die sich so weit ausbreitet, dass sie das Bildgeviert fast sprengt. Nur die Ecken und einige Randzonen sind noch nicht von der Blüte überdeckt, erkenntlich sind an diesen Stellen grüne Blätter und Wolken. Zwischen diesen Randzonen und dem weissen Blütenblatt ergibt sich eine eigentümliche Spannung, so scheint nicht ganz klar zu sein, welche Formen nach vorne, und welche Formen optisch zurücktreten. So wirken, die Eck- und Randzonen fast ein wenig wie bemalte und mit einer Laubsäge ausgeschnittene Formen eines Holzpuzzles auf weissem Grund. Der gelbe Blütenstempel, dessen Form der Künstler beim Label des amerikanischen Kleiderherstellers Carhartt entlehnt, ist der entscheidende Haken, der das Bild verankert und gerade noch im Bereich der Lesbarkeit festhält. Durch ihn wird die Blüte als Blüte lesbar.
Benjamin Altorfer