Das Kunstmuseum Luzern besitzt 10 Zeichnungen (KML Inv.-Nr. 2005.8-17y) von Aldo Walker, die zwischen 1965 und 1969 entstanden sind. Sie sind Konzepte für teilweise ausgeführte und ausgestellte Projekte, haben aber darüber hinaus einen autonomen Status. Die Veranschaulichung auf Papier zeugt von einer konzeptuellen Idee, die sich auch im Titel der Ausstellung „Visualisierte Denkprozesse“ von 1970 im Kunstmuseum Luzern niederschlägt. Die Zeichnungen vermitteln Vorgänge, betreffen aber nicht nur die künstlerische Produktion, sondern binden in gleichem Mass auch den Betrachter ein. Die Vorgänge beruhen auf einem Wechselverhältnis zwischen dem visuellen Zeichensystem der Bilder und ihrer begrifflichen Erfassung.
Die verschiedenen Ansichten eines Konzeptes, die auf einem Zeichenblatt festgehalten sind, verweisen auf dreidimensional gedachte Objekte und ihre möglichen Gesichtspunkte. In der Zeichnung „Stofflappen, naturfarbe und weiss gespritzt“ (KML Inv.-Nr. 2005.9y) sind zwei Ansichten der zwei nebeneinander liegenden Reihen mit drei Haufen von Stofflappen zu sehen, auf deren Innenseite ein Rechteck mit weisser Farbe gespritzt ist. Zum einen wird so die räumliche Dimension der Haufen und zum anderen die über das weisse Rechteck hervorgerufene Bildidee zum Ausdruck gebracht. Eine weitere Arbeit greift ein ähnliches Bild auf – räumlich und stofflich anders umgesetzt. Ebenfalls über einem Haufen Stofflappen wird eine weisse Fläche gebildet, diesmal mit einem Tisch (KML Inv.-Nr. 2005.8y). Zu dieser Zeichnung befindet sich auch die dreidimensionale Arbeit in der Sammlung des Kunstmuseums Luzern (KML Inv.-Nr. 2004.16w).
Ein ähnliches Verhältnis zwischen einer räumlichen Vorstellung und ihrer bildnerischen Darstellung in der Fläche thematisiert die Arbeit „Luftsäulen“ (KML Inv.-Nr. 2005.15y), sowohl auf dem Zeichenblatt als auch im Projekt, das für die Ausstellung „Visualisierte Denkprozesse“ 1970 realisiert wurde. Während die den Namen der Arbeit bildenden Luftsäulen in der installativen Arbeit nur als Kreisfläche an Boden, Wand und Decke existieren, deren Verbindung dann in der Vorstellung die Luftsäulen bilden, ist auf dem Blatt Papier die Idee ihrer Verbindung von „Wand - Wand, Wand - Boden, Boden - Decke“ sichtbar.
Die Zeichnungen setzen sich sowohl mit dem Thema Bild als auch mit energetischen Prozessen wie Luft („Dünnwandige, aufblasbare Gummischläuche“, „Gummimatte“ und „Luftsäulen“), Bewegung („Bewegungsablauf (0°, 90°, 180°, 270°, 360°)“, „Benzinfässer“ und „Modell“) und Licht („Drei Stahlplatten mit Glühlampen“) auseinander. Meist sind beide Aspekte vorhanden wie in den Arbeiten mit den Stofflappen. Diese werden in Haufen akkumuliert und nehmen ein Zusammenspiel von Material, Prozess und Symbolik auf, das aus Arbeiten von Joseph Beuys, Mario Merz und Michelangelo Pistoletto bekannt ist.
Annamira Jochim