informationen
Werkbeschrieb
Hans Emmenegger hat die Landschaften und Stillleben der Aktmalerei vorgezogen. So ist der "Weibliche Akt" auch der einzige gemalte Akt in seinem Œuvre, abgesehen von wenigen Zeichnungen, die ebenfalls Aktdarstellungen zum Motiv haben. Der Rückenakt wird 1908 zum ersten Mal an der Luzerner Weihnachtsausstellung gezeigt und erregt Aufsehen: Des Motivs wegen ordnet der Erziehungsrat nach dem achten Ausstellungstag die Entfernung des Gemäldes von Emmenegger an. Gleichzeitig werden zwei kleinere Akte von Karl Friedrich Schobinger und Ernst Hodel entfernt.
Emmenegger gewährt uns Einblick in einen schlicht möblierten Raum. Die rechte dunkle Zimmerwand ist in erdigen Tönen gemalt. Eine nackte Frau, den Rücken den Betrachtenden zugewandt, sitzt auf einem mit hellen Laken verhüllten Ruhebett. Sie stützt ihre linke Hand auf dem Bett ab, ihr rechter Arm ist angewinkelt und ruht auf ihrem Körper. Die Füsse berühren den Holzboden. Eine braune Haarspange hält das aufgesteckte dunkle Haar zusammen. Ihr Blick ist gegen die ebenfalls mit weissen Tüchern dekorierte Wand gerichtet.
Die zur Anwendung kommende Maltechnik ist auffällig und steht dem Pointillismus eines Segantinis nahe, mit dem Unterschied, dass die einzelnen Farbstriche bei Emmenegger nicht einzeln wahrgenommen werden. Gleichmässig sind die Linien und Pinselstriche verteilt. Was aus der Entfernung als eine mehrheitlich einfarbige Fläche wahrgenommen wird, ist eine Zerlegung der Fläche in feine braungrüne Farbtöne (dunkle Zimmerwand, dunkler Holzboden). Dieselbe Technik gelangt auch in der "Schneeschmelze" zur Anwendung.
Zum vollendeten Rückenakt notiert Emmenegger am 22. August 1907 folgendes in sein Tagebuch: "Abends weibl. Akt endlich vollendet. Ist ziemlich korrekt, aber akademisch geschleckt & in d. Farbe russig. Das Frische, das ursprünglich darin war, ist ganz verloren gegangen."
Emmenegger, der auch Kunstsammler ist, beginnt schon früh seine eigenen Kunstwerke gegen Werke von Künstlerfreunden einzutauschen. Den weiblichen Akt wechselt er gegen eine Skulptur von Hugo Siegwart ein. Er schreibt an den Luzerner Bildhauer: "Dass Du den Akt ausgelesen, freut mich. Er ist zwar akademisch & hart, aber abgesehen davon hat er doch etwas Rassiges".
Cornelia Ackermann
Provenienz
Kunstmuseum Luzern, aus dem Nachlass des Vaters der Gebrüder Winter
Eingangsjahr:1952
Ausstellungsgeschichte
Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger - ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, Schaffhausen, Museum zu Allerheiligen, 08.05.1987 - 26.06.1988
Nationale Kunstausstellung der Schweiz, Basel, Kunsthalle und Stadtkasino Basel, 06.08.1908 - 27.09.1908
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger - ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, Solothurn, Kunstmuseum Solothurn, 30.01.1988 - 20.03.1988
Ausstellung Hans Emmenegger, Hermann Haller, Luzern, Kunstmuseum Musegg, 09.09.1928 - 14.10.1928
Weihnachtsausstellung, Luzern, Aula der Kantonsschule, 17.12.1908 - 04.01.1909
Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger - ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 06.12.1987 - 20.01.1988
Ergriffenheit – Werke aus der Sammlung von Hodler bis Henning, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 11.06.2005 - 13.11.2005
Innerschweiz. 11. Gemäldeausstellung Trubschachen, Trubschachen, Kulturverein Trubschachen, 23.06.1984 - 15.07.1984
Hans Emmenegger "Jetzt will ich einmal schroff meinen Weg gehen.", Luzern, 05.07.2014 - 12.10.2014
Catalogue raisonné Hans Emmenegger 1866-1940
Gegenleihgabe, St. Niklausen, Sammlung Porsche, 10.07.2010 - 10.10.2010
Figuren und Porträts von Hans Holbein bis Ugo Rondinone aus der Sammlung, Kunstmuseum Luzern
Hans Emmenegger, Fondation Hermitage Lausanne , 25.06.2021 - 31.10.2021
Literatur
Oberholzer, Niklaus, "Neuer Blick in die Sammlung", in: Neue Luzerner Zeitung, 10. Juni 2005, Nr. 132, S. 51
Schaffner, Lorenz, "Ergreifendes und ein krähender Hahn", in: Luzerner Woche, 22.6.2005
Vogel, Maria, "Bilder des Künstlers Hans Emmenegger", in: Die Heimat, 8.6.1995, S. 14
Bühlmann, Karl, "175 Jahre Kunstgesellschaft Luzern.", in: Luzerner Neuste Nachrichten, Beilage, 23. Juni 1994, S. 1-7
Oberholzer, Niklaus, "Aus der Sammlung des Kunstmuseums. Hans Emmenegger: Weiblicher Akt", in: Luzerner Zeitung, 18.8.1994, S. 14
Luzern, Kunstmuseum Luzern/Solothurn, Kunstmuseum Solothurn/Schaffhausen, Museum zu Allerheiligen (Ausst.-Kat.), Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger, ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, hrsg. von Franz Zelger, mit Texten von Stefan Banz (et al.), Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1987
Luzern, Kunstmuseum Luzern (Slg.-Kat.), Kunstmuseum Luzern. Sammlungskatalog der Gemälde, mit Texten von Tina Grütter, Martin Kunz, Adolf Reinle, Beat Wyss und Franz Zelger, Luzern: Kunstmuseum Luzern, 1983
Luzern, Kunstmuseum Luzern, Musegg (Ausst.-Kat.), Ausstellung Hans Emmenegger, Hermann Haller, mit einem Geleitwort von Dr. Paul Hilber, 1928
Klein, Rudolf, Ferdinand Hodler und die Schweizer, Berlin: Otto Beckmann Verlag, 1911
Basel, Kunsthalle und Stadtkasino Basel (Ausst.-Kat.), Nationale Kunstausstellung der Schweiz, Basel: Birkhäuser, 1908