Sprache spielt eine zentrale Rolle in Sladjan Nedelkovics Videos. Oft ist nicht zu entscheiden, ob das Bild den Ton illustriert, oder ob die Sprache das Bild kommentiert, ob Tonspur und Filmspur autonom nebeneinander oder sogar aneinander vorbeilaufen. Ton und Bild sind zwei Kommunikationsebenen, die sich in Nedeljkovics Videos reiben, sich nebeneinander durch die Handlung schieben, sich wieder annähern, bis sie sich von Neuem überschneiden. In diesen Momenten der Kongruenz setzt unsere Verwirrung aus, vielleicht sogar unser Denken, wir tauchen ein in das Gesehene und lassen und vom Handlungsablauf treiben, erleben und verstehen intuitiv, bis eine erneute Verschiebung uns in die Situation der Verunsicherung und des Zweifels versetzt und wir auf uns selbst zurückgeworfen werden. Dieses Moment der Verunsicherung ist zentrale Aussage im Video „Transformers“ aus dem Jahr 2004.
Hier begegnen uns drei Musiker an einem Küchentisch. Sie zeigen sich allerdings verdeckt. Die Gesichter sind mit roten Feldern abgedeckt, so dass sie anonym bleiben. Ihre Stimmen sind vom Computer verfremdet. Es sind eher Erscheinungen als wirkliche Personen. Sie entziehen sich der Öffentlichkeit, erzählen aber dennoch von ihren öffentlichen Auftritten, von ihren Songs, die sie geschrieben haben, und von den Gefühlen, die diese auslösen oder transportieren sollen. „Wer gestaltet die Träume und die Alpträume?“ fragt eine schnarrende Stimme. Die Musik der Band handelt von Hoffnung. Davon, dass sie in diesem Land, in dem sie fremd sind, bleiben wollen. Die Transformers sind selbst Transfomierte, von einer anderen Kultur in eine neue Umgebung Versetzte, Entrückte. Diese grundlegende Erfahrung wird als Verschiebung von Bild und Sprache vorgeführt. Die Stimmen stimmen nicht mit den Bildern überein. Die Sprache passt nicht zu den Bewegungen der Lippen. Alles wirkt angedeutet, bedrohlich und eindringlich. Und diese Bedrohung überträgt sich auf uns Betrachter. Mit den Mitteln der Narration hat Sladjan Nedeljkovic dem Erlebnis von Entrückung und ungewollter Transformation, die wir alle in irgendeiner Form kennen, ein nachhaltiges Bild verliehen.
Christoph Lichtin