Hans Emmeneggers bis heute bekanntes schmales Œuvre im Bereich der Historienmalerei kann als exemplarisch für die grundlegenden Veränderungen dieser Gattung angesehen werden.
Über Jahrhunderte in der akademischen Hierarchie als die bedeutendste unter den Gattungen (Porträt, Landschaft, Stillleben etc.) angesehen, geriet die Darstellung antik-mythologischer oder christlich-legendarischer Stoffe an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert aus mehreren Gründen in die Krise.
Der erste Grund war politischer Natur: Der durch die Aufklärung und die darauf folgenden dramatischen politischen Veränderungen bedingte Wechsel von der monarchischen zur demokratischen Regierungsform und der Aufstieg des Bürgertums als politische Kraft brachten auch einen Wandel des Helden im Historienbild mit sich. Hatten in der von Königtum, Adel und Kirche in Auftrag gegebenen Kunst vor allem mythologische Helden im Zentrum gestanden, mit denen sich vor allem die Auftraggeber selbst zu identifizieren meinten, waren nun andere Vorbilder erwünscht. Mit dem Aufkommen anonymer, alltäglicher Helden stieg auch die Zahl der Darstellungen von zeitgenössischen Ereignissen. Denn nun musste das Exemplum virtutis, das moralisch beispielhafte Verhalten des Protagonisten, nicht mehr in der Vergangenheit gesucht werden. Dadurch wurde die Gattung Historienbild dem allgemeinen Anspruch an die Künste gerecht, zeitgemässe Aufgaben und Lösungen zu finden , was im Zeitalter der entstehenden Nationalstaaten beispielsweise in der Stärkung des Nationalgefühls bestehen konnte.
Eng verbunden mit dem politischen Aufstieg der bürgerlichen Klasse war die Entwicklung eines grossen Kunstmarktes. Die dort entstehende Nachfrage verschob den Schwerpunkt der Kunstproduktion von der Historienmalerei zu den Gattungen Genre und Landschaft, Porträt und Stillleben; schliesslich verwandelte sich die grosse Historie in eine anekdotisch-psychologisierende Art von Genremalerei, und allegorische Inhalte traten zurück zugunsten einer Orientierung von Kostüm und Szenerie an der historischen Richtigkeit.
Die um die Mitte der 1890er Jahre entstandenen "Elchjäger" - wohl die Vorstudie zu einer 1895 ausgeführten, grossformatigen Komposition - kann als Szene aus der helvetischen Vorgeschichte gedeutet werden. Sie reiht sich ein in zahlreiche vergleichbare zeitgenössische Darstellungen aus einer Epoche, die schon in vorrömischer Zeit ihre eigene helvetische Nationalgeschichte heraufdämmern sehen wollte. Die "Elchjäger" schildern in diesem Sinne eine Episode aus der Eiszeit, als weite Teile Mitteleuropas mit Eis bedeckt waren und kleinere Gruppen von Menschen als Jäger und Sammler lebten.
Bildnerisch bedeutend ist die Spiegelung der Jäger im Wasser, die durch Wellen getrübt ist und so auf Emmeneggers bildkinetische Experimente Jahre später vorauszuweisen scheint.
Heinz Stahlhut