Das Aufeinandertreffen von zwei Kulturen wird in der Serie „The Mission“ thematisiert. Zu „The Mission“ gehören mehrere Gemälde mit Bambushäusern, vor denen 'fremde', modernistische Skulpturen der klassischen westlichen Moderne stehen, dann einige Vogelporträts sowie eine Serie von Einbaumdarstellungen, zu der auch das vorliegende Gemälde zu zählen ist.
Stefan à Wengen hat Papua-Neuguinea mehrmals besucht, wie vor ihm andere Künstler. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an Emil Nolde, der 1913 mit seiner Frau Ada Mitglied der „Medizinisch-demographischen Deutsch-Neuguinea-Expedition“ des Reichskolonialamtes war. Nolde hatte dabei keine Funktion, er zeichnete, malte und machte schriftliche Aufzeichnungen, in denen er die Brisanz des Zusammentreffens der Kulturen präzise und prägnant festhielt.
Im Titel „The Mission“ klingt die Geschichte der religiösen Sendungsbewegung an, die in ihrer historischen Genese mit der Kolonisation eine unglückliche Allianz einging. Die von à Wengen intendierte Mission erfolgt jedoch nicht unter den Fahnen der christlichen Lehre, sondern geht von der westlichen Kultur und deren künstlerischen Errungenschaften aus. Platziert sind sie nun in jenem ursprünglichen Kontext, aus dem die Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts einst ihre Inspiration schöpften, indem sie das 'Primitive' stilistisch adaptierten oder sich vom Exotischen gar in ihrer künstlerischen Lebenshaltung herausfordern liessen.
À Wengens Bilder der südpazifischen Kultur irritieren durch die Abwesenheit jeglicher lebenden Menschen. Während die Vogelporträts im Verständnis der Papua-Kultur als Stellvertreter von Verstorbenen zu deuten sind, evozieren die einbaumartigen Schiffe ebenso eine Todesthematik, indem sie uns an mythologische Vorstellungen des Übergangs vom Reich der Lebenden zu jenem der Toten erinnern.
In à Wengens Vision ist überhaupt niemand mehr da, der einen Übergang vollziehen könnte, vielmehr ist es das Gefährt und somit wohl die Kultur selbst, die im Übergang zum Totenreich begriffen ist. Dieses wird hier durch eine üppige, gefährliche Vegetation angedeutet, die sich auf der Wasseroberfläche markant spiegelt und in den Bildraum hineingreift.
Christoph Lichtin