Betrachterin und Betrachter von Jos Näpflins Multimedia-Installation Umnachten sehen sich plötzlich vom Museumsraum in den Wald versetzt: Wandmalerei und bemalte Kulissenelemente täuschen im leicht abgedunkelten Raum Stämme und Gebüsch vor.
Aus zwei auf Kopfhöhe hängenden kugelförmigen Lautsprechern ertönt ein Dialog zwischen einer männlichen und einer weiblichen Stimme. Obwohl er vornehmlich aus Fragen besteht, lassen sich doch die Umstände erahnen, unter denen er geführt wird: Die beiden scheinen sich in einem dunklen Wald zu befinden, von dem aus sie immer wieder vorbeihuschende Gestalten mit leichtem Gepäck sehen. Äussern sich in einem Moment im Dialog Angst und Abwehr gegenüber diesen flüchtigen Reisenden, scheinen Protagonistin und Protagonist der Szene im nächsten Augenblick selbst zu jenen zu gehören oder sich zumindest daran zu erinnern, dass sie sich selbst einmal in einer solchen Situation befunden haben.
Wie in seinem ganzen Schaffen kommen auch in dieser Arbeit Näpflins Freude am handwerk-
lichen Tun mit dem Konzeptuellen und der Verschränkung von zweiter und dritter Dimension zusammen. Hier wirkt überdies noch das Element des gesprochenen Textes mit, der in seiner schwebenden Sur¬realität an die Stücke des absurden Theaters erinnert: Die sich im Dialog andeutende Situation von Unbehaustheit und Flucht mag durch die aktuelle Weltlage inspiriert sein, hat aber auch überzeitlichen Charakter.
Heinz Stahlhut