Gebäude kommen in à Wengens Malerei in unterschiedlichen Erscheinungen vor. Eine umfangreiche, um das Jahr 1998 einsetzende Serie bilden die Baumhäuser. Es sind ephemere architektonische Strukturen, die sich mit der Natur zu symbiotischen Gebilden vereinen. Personen sind in diesen Gemälden nie zu sehen; ob die Baumhäuser benutzt werden oder verlassen wurden, bleibt unklar. Bei vorliegendem Gemälde verstärkt die starke Untersicht das beklemmende Gefühl des Betrachters, der Betrachterin.
Typisch ist die fast monochrome Malweise, die dem Gemälde eine andere Zeitlichkeit verleiht. Einerseits entsteht so der Eindruck, als ob sich seine Farbigkeit im Laufe der Zeit verändert hätte, andererseits kann es ebenso als Darstellung einer traumartigen Wirklichkeit interpretiert werden. Im ersten Fall könnte man von einer Suggestion sprechen, indem die Malerei das Dokumentarische der Fotografie imitiert, fordert sie die diesem Medium innewohnende Faktizität im Sinne von „So ist es gewesen“ ein. Der zweite Fall erscheint als Verweis auf eine traumhafte Wirklichkeit, da durch die gezielte farbliche Überbetonung eine irreale Wirkung hervorgerufen wird.
Das Baumhaus verweist als architektonische Form aber gleichzeitig auf die Kindheit, also auf eine weitere Erlebniswelt, in der die Wahrnehmung mit anderen Augen geschieht. In diesem Falle kann das mit reduzierter Farbpalette verfertigte Bild als ein Erinnerungsbild aus der Kindheit gelesen werden.
Die Gegenständlichkeit in à Wengens Malerei ist nicht mit einer abbildenden Wirklichkeit zu verwechseln. Auch wenn seine Vorlagen aus den unterschiedlichsten Quellen stammen – die meisten gehen auf gefundene oder selbst geschossene Fotografien zurück, deren Qualitäten er im Hinblick auf ein Gemälde vorerst in einem zeichnerischen Prozess auslotet – zielen sie letztlich auf unseren eigenen Bildspeicher. Seine Gemälde funktionieren als Referenz-Angebote in einem sehr unmittelbaren Prozess von der Wahrnehmung über die Erinnerung zur Wirkung. À Wengens Bilder zielen letztlich auf eine kollektive visuelle Erinnerung, die aber vom Betrachter individualisiert und als seine unmittelbare persönliche Erinnerung wahrgenommen wird.
Die Natur, die Architektur oder die Kindheit sind Parameter, die in der „Baumhaus“-Serie gesetzt werden. Stets handelt es sich um menschenleere Bilder, um Metaphern des verlassenen Hauses wie wir es aus der Kunst, aus dem Film oder aus unserer eigenen Erfahrung kennen. Die Leere in à Wengens Gemälden verschafft uns Raum, visuell selbst in den Bildraum einzutreten, uns in das Bild hineinzuversetzen. So verwandeln wir uns vom betrachtenden Subjekt zum bildimmaneten Objekt. Die Durchdringung von Architektur und Natur verstärkt den Aspekt der Gefährdung. So finden wir uns im Bild in latenter Bedrohung wieder.
Christoph Lichtin