Nils Novas zweiteilige Arbeit „Peter und Andy“ gehört zu einer Reihe von Werken, in denen sich der Künstler anhand von Abbildungen von Ikonen der Film- und Popkultur mit der „Figur“ des Rollenspiels auseinandersetzt. Zwei gleichformatige, gerahmte schwarzweisse Fotoprints zeigen je ein Männerporträt. Die beiden abgebildeten Figuren scheinen sich nicht nur physiognomisch stark zu gleichen, auch „reflektiert“ die eine Person gleichsam die Gestik und Haltung der anderen. Die spiegelbildliche Anordnung und die Verdoppelung sind gleichermassen irritierend, zumal die Figuren an eine Berühmtheit erinnern. Wegen des starken Licht-Schatten-Spiels, das die rechte Hälfte des linken und die linke Hälfte des rechten Bildes fast ganz schwarz erscheinen lässt, fügen sich die zwei Porträts ausserdem über den jeweiligen Bildrand hinaus zu einem einzigen Abbild zusammen. Der Titel, „Peter und Andy“, verweist nicht nur darauf hin, dass die beiden Personen nicht identisch sind, sondern er bestätigt auch den dringenden Verdacht des Betrachters, zumindest im einen Fall ein Abbild Andy Warhols vor sich zu haben. Wie in anderen ähnlich funktionierenden Arbeiten hat Nils Nova die physiognomische Ähnlichkeit des Direktors des Kunstmuseums Luzern, Peter Fischer, mit dem Pop Art-Künstler Warhol zum Anlass genommen, ersteren in der (gespiegelten) Pose des letzteren zu inszenieren.
Andy Warhol – auf den Nova sich auch anderweitig bezieht – hat mit seinen Arbeiten aufgezeigt, dass der Popkünstler Berühmtheit als bedeutenden neuen Bezugspunkt von Identität erkennt, wobei letztere zunehmend durch das Konzept des „Image“ ersetzt wird. Damit nicht nur die Rolle des Künstlers umdeutend, sondern auch die hochbrisante Frage nach Authentizität oder Wahrheit des (fotografischen) Bildes sowie jene nach Original und Kopie aufwerfend, bietet sich Warhol als Meister der Pose geradezu an, von einem Doppel gespiegelt, assistiert und zugleich widerlegt zu werden. Dass Nils Nova in dieser Ikonen-Fotografie-Serie immer auch seinen eigenen Status als Künstler reflektiert, beweist er nicht zuletzt mit der Arbeit, in der er sich selber neben dem Filmregisseur Luis Buñuel als dessen Doppel präsentiert. Wie in „Peter und Andy“ ist die Ähnlichkeit der beiden Figuren derart frappant, dass man plötzlich den „falschen“ Luis B. für den „echten“ hält. Anspielend auf die Fragwürdigkeit des (Künstler-)Individuums „im Zeitalter seiner (…) Reproduzierbarkeit“ – um Walter Benjamin zu zitieren – nennt Nova das Werk konsequenterweise nicht „Luis (Buñuel) und ich“, sondern „Luis und Nils“.
Diese Inszenierungen Nils Novas weisen aber auch darauf hin, dass Warhols implizite Subjekt- und Medienkritik ins Leere zu laufen droht insofern, als das Bild dieses Künstlers heute zur Ikone geworden ist, diesem „Image“ daher faktisch eine neue Art von Identität und Originalität zugestanden wird. Der „falsche“ Andy, Peter, steht umgekehrt für die Behauptung, „jedermann“ sei eine Ikone.
Isabel Fluri