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Description
Im Gesamtwerk Robert Zünds nimmt das Motiv des Waldes einen herausragenden Platz ein. Schon in seiner Ausbildung zum Landschaftsmaler bei Alexandre Calame (1810–1864) kopiert er die Werke seines Lehrers, vor allem dessen Baumstudien. Früh erreicht Zünd eine aussergewöhnliche zeichnerische Präzision. Seine Behandlung des Blattwerks verblüfft Zeitgenossen ebenso wie heutige Betrachterinnen und Betrachter. In seinen Darstellungen von Eichenwäldern wird das Blattwerk zum bestimmenden Bildmotiv. Eine Serie von kleinen Ölstudien zum «Eichwald» zeigt, wie der Maler die Bildkomposition reduziert und revolutioniert, wobei die Figurendarstellung zunehmend in den Hintergrund rückt und zum Nebenschauplatz wird. In einigen dieser Studien setzt er Staffagefiguren ein, beispielsweise eine Rehgruppe oder eine Frau mit Kind. Diese klein gehaltenen Figuren sollen der Landschaftsdarstellung eine Geschichte einschreiben. Schlussendlich verzichtet Zünd im «Eichwald» aber auf die Darstellung von Figuren.
Es gibt mehrere, beinahe identische Fassungen des Eichenwaldes, wobei das Gemälde «Eichenwald» (1882) aus dem Kunsthaus Zürich grösser ist als der «Eichwald» des Kunstmuseums Luzern. Der Luzerner Eichwald ist dennoch eine Besonderheit, denn auf dem Keilrahmen notiert der Maler das Datum: «8. Aug 59». Somit ist klar, dass es sich um die früheste bekannte Fassung des Eichenwaldes handelt. 1859 gelangt Zünd mit seiner zweiten Parisreise auch auf einem Höhepunkt seines Schaffens an, wobei sein Biograf Jules Coulin den Eichenwald als «Studie» abtut. In seinem 1882 für die Neue Zürcher Zeitung verfassten «bescheidenen Kunstreischen» beschreibt Gottfried Keller Zünds Zürcher «Eichenwald» als «nichts anderes als die vergrösserte Kopie einer bis zum letzten Strich nach der Natur gemalten Studie». 1883 präsentierte Zünd das fertige Gemälde an der Schweizerischen Landesausstellung in Zürich und durch die Abbildung in den Illustrierten wurde das Gemälde einem grösseren Publikum bekannt.
Der «Eichwald» folgt einem anderen Bildprinzip als sonstige Gemälde Zünds. Der mächtige Eichenstamm an der rechten Bildkante markiert die vorderste Bildebene. Die Tiefe des Bildraums verläuft zwischen dem Unterholz und dem hellblauen Himmel, der das Bild von oben fasst. Vor dem Original lässt sich feststellen, dass der Eindruck der Raumtiefe mit farblichen Mitteln erreicht wird. Die Schwarzweissreproduktion des Zürcher «Eichenwalds» in der Publikation der Zürcher Landesausstellung von 1883 könnte man leicht mit einer Fotografie verwechseln. Der Landschaftsausschnitt wirkt wie von weitem, durch ein Teleobjektiv gesehen. Der Raum wird zur Fläche.
Im «Eichwald» verbindet sich die die Detailversessenheit des Naturalismus mit der optischen Lebendigkeit einer Freilichtmalerei. Mit Hilfe der Lichtgebung und dem bewusst gewählten Ausschnitt entsteht somit ein fotografischer Eindruck. Dafür wurde Zünd auch gerne kritisiert. «Es ist», schreibt Arnold Böcklin, «künstlerisch betrachtet, ein Fehler, wenn Zünd seinen ‹Eichwald› bis ins Kleinste ausmalt und durcharbeitet. Das gerade ist sein Kardinalfehler. Das Bild ist nicht malerisch empfunden, nicht gross aufgefasst. Man sieht den Wald vor lauter – Blättern nicht. Man hat nicht das Gefühl, dass man im Walde ist, man sieht nur, dass da ein Wald gewissenhaft bis ins Kleinste abgemalt worden ist. Aber das gibt mir schliesslich eine gleich grosse Photographie noch viel, viel besser; sie liefert mir mit Haarschärfe alle Details. (...)»
Noch heute fasziniert die meisterhafte Ausführung von Zünds Eichenwäldern und die Detailgenauigkeit der drei Eichenwälder verblüfft. Bleistiftmarkierungen an den Spannrändern weisen auf eine Quadratur hin, die jedoch nicht über die Bildfläche gezogen wurde. Im Gegensatz zum «Buchenwald» (ebenfalls in der Sammlung des Kunstmuseums Luzern) besitzt der «Eichwald» keine Vorzeichnung, kann angenommen werden, dass Zünd das Motiv mit Hilfe einer Pause auf die Leinwand kopiert hat.
Susanne Neubauer
Provenance
Kunstmuseum Luzern, Depositum der Stiftung BEST Art Collection Luzern, vormals Bernhard Eglin-Stiftung, Galerie T. Fischer, Luzern
Eingangsjahr: 1942
Exhibition History
PROJEKT SAMMLUNG. Meisterwerke des 16. bis 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 26.06.1994 - 11.09.1994
Herrlich öde, einsame Gegend. Hans Emmenegger - ein Maler zwischen Böcklin und Hodler, Solothurn, Kunstmuseum Solothurn, 30.01.1988 - 20.03.1988
10. Gemäldeausstellung Trubschachen, Trubschachen, Kulturverein Trubschachen, 19.06.1982 - 11.07.1982
Waldungen, Berlin, Akademie der Künste, 20.09.1987 - 15.11.1987
Mixing Memory and Desire – Wunsch und Erinnerung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 20.06.2000 - 24.09.2000
Robert Zünd (1826-1909), Luzern, Kunstmuseum Luzern, 12.06.2004 - 26.09.2004
Wer hat dich, du schöner Wald, Recklinghausen, Städtische Kunsthalle
Ein bescheidenes Kunstreischen, Zürich, Kunsthaus Zürich, 09.06.1990 - 05.08.1990
Waldspaziergang. Der Wald in der europäischen Malerei, Pfäffikon, Seedamm-Kulturzentrum, 16.04.1989 - 04.06.1989
Otto Frölicher (1840–1890) und Landschaftsmaler seiner Zeit, Solothurn, Kunstmuseum Solothurn, 09.03.1990 - 13.05.1990
Mensch und Planung. Eine Generation formt die Zukunft, Zofingen, Neue Sporthalle Zofingen, Kunstkommission Zofingen, 14.09.1963 - 13.10.1963
Terrain. Von Robert Zünd bis Tony Cragg – Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts und zeitgenössische Skulptur aus der Sammlung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 02.03.2007 - 05.08.2007
Sonderausstellung Aspekt Landschaft, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 24.07.1982 - 22.08.1982
Robert Zünd in seiner Zeit, Luzern, Kunstmuseum, 01.07.1978 - 10.09.1978
La collection retrouvée. Von Füssli bis Hodler: Meisterwerke aus der Sammlung des Kunstmuseums Luzern, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 25.07.1993 - 26.09.1993
Schweizer Meister. Sammlungsausstellung zum 75–Jahr–Jubiläum der Bernhard Eglin–Stiftung, Luzern, Kunstmuseum Luzern, 31.05.2008 - 20.10.2008
Bibliographie
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