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Charles Georges Dufresne, 2 Einträge

Am 23. November 1876 wird Charles Dufresne in Millemont, Seine-et-Oise, in Frankreich geboren. Bereits mit 11 Jahren verlässt er die Schule, um für einen kommerziellen Kupferstecher zu arbeiten. Gleichzeitig besucht er einen Abendkurs in Zeichnen. Gegen den Willen seiner Familie, deren Mitglieder fast ausschliesslich Seefahrer sind, tritt er 1894 in die Ecole des Beaux-Arts in Paris ein. Er studiert bei Hubert Ponscarme, einem Medaillenstecher und Stempelschneider. Um selbstständig für seinen Lebensunterhalt sorgen zu können, arbeitet er ausserdem als Assistent im Atelier des Bildhauers und Kunsthandwerkers Alexandre Charpentier. Zunehmend interessiert er sich für die Malerei und schon bald folgen erste Pastelle von Pariser Theatern und Cafés. Mit diesen tritt er 1905 im Salon des Indépendants in einer ersten Ausstellung an die Öffentlichkeit.

1910 gewinnt der Künstler den "Prix de l'Afrique Nord", was ihm einen zweijährigen Aufenthalt in der algerischen Stadt Abd El Tif ermöglicht. Begeistert und voller Enthusiasmus bereist er das Land mit dem Ziel, die lokale Kultur möglichst genau kennen zu lernen. Das mediterrane Licht bezaubert ihn und er entwickelt eine Vorliebe für satte und sinnliche Farbigkeit, während er gleichzeitig die Formen einer Vereinfachung unterzieht. Anstelle von Pastellen produziert er von nun an kräftig farbige Arbeiten in Öl. Mit Eugène Delacroix, dem er grosse Bewunderung entgegenbringt, verbindet ihn nicht nur dieses südliche Farbenerlebnis, sondern auch die orientalischen Themen und Motive, die er von nun an in seiner Malerei aufgreift. Die ab 1911 entstandenen Jagdszenen, insbesondere die Löwenjagd, sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Algier und der Orient bedeuten also in verschiedener Hinsicht einen entscheidenden Wandel in Dufresnes künstlerischem Werdegang und bestimmen das Werk des Künstlers bis zu dessen Lebensende.

1914 wird Dufresne ins 33. Infanterieregiment eingezogen und nach einem Gasangriff in die Tarneinheit versetzt. Seine Kriegserlebnisse verarbeitet er in Zeichnungen und Aquarellen. Zu dieser Zeit setzt er sich ausserdem eingehender mit den Theorien des Kubismus auseinander, den er seiner winklig schematisierten Formen wegen schätzt. Nach dem Ersten Weltkrieg greift er verschiedene mythologische Themen auf, die von den meisten zeitgenössischen Künstlern als konservativ und abgedroschen abgelehnt werden. Ausserdem wagt er sich an religiöse Inhalte und scheint als einer der wenigen Maler seiner Generation fähig zu sein, diese Motive innerhalb der damaligen Kunstszene zu rehabilitieren.

Ein ausgeprägter Sinn für Dekoratives verhilft ihm zu Aufträgen für Bühnendekorationen, beispielsweise für das Odeon Theater in Paris. Kurz vor seinem Tod führt er die Aufträge für Wandbilder im Palais de Chaillot sowie einen Tafelbildzyklus für die Faculté de Pharmacie aus. Ausserdem entwirft er Kartons, nach denen die bekannte Manufaktur in Beauvais farbenfrohe Teppiche weben.

Heute ist der französische Künstler fast vergessen. Zu seiner Zeit muss Dufresne allerdings ziemlich bekannt gewesen sein. Erfolgreich beschickt er die Salons de Peinture, des Indépendants, Nationale und d'Automne und ist 1923 Mitbegründer des Salon des Tuileries. In den 20er Jahren werden seine Werke etwa zu den gleichen Preisen gehandelt wie jene von Raoul Dufy. Noch zu Lebzeiten sind seine Werke in Paris, London und Brüssel prominent vertreten und nach seinem Tod am 8. August 1938 wird ihm an der Biennale in Venedig ein ganzer Raum gewidmet. Im Musée d'Art Moderne in Paris ist er nach wie vor in einem eigenen Saal vertreten. Dufresne, dem ein bescheidenes, diskretes und unabhängiges Wesen nachgesagt wird, hat sich selbst jedoch kaum um den Absatz seiner Werke bekümmert und ist auch nie eine geschäftliche Beziehung mit einem Kunsthändler oder einer Galerie eingegangen. Ausserdem ist es der erfolgreichen, kunsthistorischen Rezeption seines Werks wenig förderlich, dass seine Kunst zu keinen der zahlreichen Bewegungen zu Beginn des neuen Jahrhunderts gezählt werden kann. Dabei ist es gerade die persönlich geprägte Verbindung verschiedener gegensätzlicher Kunstauffassungen wie Fauvismus und Kubismus sowie die Vorliebe für grosse Kompositionen, die dem Künstler eine besondere Stellung innerhalb der französischen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts sichern sollte.

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