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Cuno Amiet, 4 Einträge

Cuno Amiet wird am 28. März 1868 als Sohn eines Staatsschreibers und Historikers in Solothurn geboren. An der Kantonsschule erhält er ersten Zeichenunterricht und malt als Fünfzehnjähriger bereits ein Selbstporträt. 1884 lernt er den mit seinem Vater befreundeten Maler Frank Buchser (1828–1890) kennen und besucht diesen während der nächsten zwei Jahre sporadisch zu Unterrichtszwecken. Von ihm wird er mit der Wirkung des Lichts auf die Farbe vertraut gemacht. Insbesondere das Motiv des durch die Bäume fallenden Sonnenlichts wird Amiet immer wieder beschäftigen. 1886 beginnt Amiet sein Studium an der Akademie in München, wo er den gleichaltrigen Giovanni Giacometti (1868–1933) trifft, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbindet. Während der Ferien malt er wieder bei Buchser und führt gelegentlich Details in dessen Bildern aus.

An der Internationalen Kunstausstellung in München von 1888 ist Amiet von der französischen Malerei beeindruckt. Zusammen mit Giacometti beschliesst er, sein Studium in Paris fortzusetzen. In enger Wohn- und Arbeitsgemeinschaft besuchen die beiden Freunde die Académie Julian, wo sie mit dem Künstlerzirkel der "Nabis" in Kontakt kommen. Nach einem Besuch der Unteroffiziersschule in Zürich 1892 kehrt Amiet allein nach Paris zurück. Da ihn der Akademiebetrieb nicht mehr befriedigt, rät ihm der ungarische Maler Hugo Poll zu einem Aufenthalt in Pont-Aven in der Bretagne. Dort wohnt der Schweizer in einer Künstlerpension und trifft auf Paul Gaugins ehemalige Schüler Emile Bernard (1868–1941), Paul Sérusier (1863–1927), Roderic O'Conor (1860–1940) und Armand Séguin (1869–1903). In Pont-Aven entwickelt sich sein für das gesamte Werk charakteristischer Stil. Zugunsten der Anwendung von reinen, leuchtenden Farben wendet er sich von der Tonmalerei ab. Während dieser Zeit malt er einfache Männer und Frauen aus der Gegend, so genannte "Volkstypen", bei ihrer Arbeit. Ein Grossteil dieser Werke geht bei dem Brand des Münchner Glaspalastes 1931 verloren.

1893 kehrt Amiet aus finanziellen Gründen nach Solothurn zurück, wo er aber zunächst keinen Erfolg hat und sich keine Käufer für seine Bilder finden. 1896 wird der Papierfabrikant Oscar Miller aus Biberist auf den Solothurner aufmerksam. Zusammen mit Ferdinand Hodler (1853–1918) besucht er Amiet im benachbarten Solothurn und kauft das für die Ausschmückung des Bundesgerichtsgebäudes entworfene (aber zurückgewiesene) Gemälde "Das Paradies". Miller wird Amiets Gönner und Förderer. Mit achtundzwanzig heiratet der Maler Anna Luder und siedelt auf die Oschwand über. Diese wird später zum beliebten Treffpunkt von Künstlern, Sammlern und Literaten. Doch zu diesem Zeitpunkt bilden Oscar Miller und ein paar Basler Freunde nach wie vor die gesamte Klientel des Künstlers. 1900 erhält Amiet an der Weltausstellung in Paris die silberne Medaille für das Gemälde "Richesse du soir". In den folgenden Jahren reist er nach Dresden und in andere deutsche Städte und nimmt zusammen mit Hodler an der Ausstellung der "Wiener Secession" teil. Seine Malerei lehnt sich in jener Zeit stark an die Werke Hodlers an und die Kritiker sehen in ihm lediglich einen Nachahmer. Darauf gelingt es Amiet, den dominanten Einfluss Hodlers zu überwinden und zu seiner in Pont-Aven entwickelten Malweise zurückzukehren.

Langsam nimmt bei Sammlern aus Österreich und Deutschland das Interesse an Amiet zu. 1906 wird er auf Einladung Heckels Mitglied der Künstlergemeinschaft "Brücke" und beteiligt sich an deren ersten Ausstellung. Auf künstlerischer Ebene äussert sich diese Mitgliedschaft in einer intensiven Farbigkeit und in der Verwendung kräftiger, holzschnittartiger Konturen sowie im Behandeln des expressionistischen Themas des Kinderakts. Im Herbst 1907 unternimmt er seine zweite Pariser Reise, um die Werke von Paul Cézanne – neben Vincent van Gogh sein bedeutendstes Vorbild – an der grossen Ausstellung zu besichtigen. Nach einer mit Oscar Miller unternommenen Reise nach Florenz ereilt ihn der Auftrag zur Ausschmückung der Loggia des neuen Kunsthauses in Zürich. Eine Reise nach München führt 1911 zur Begegnung mit Wassily Kandinsky, Paul Klee, August Macke und Heinrich Campendonk. Zahlreiche Ausstellungen in Deutschland und eine umfangreiche Einzelausstellung im Kunsthaus Zürich bringen sein Werk einem breiten Kunstpublikum nahe. 1919 wird ihm der Ehrendoktortitel der Universität Bern zugesprochen. Die 20er Jahre warten dem Maler mit einer ganzen Reihe von Aufträgen für Wandbilder in Bern und Langenthal auf. Am 6. Juli 1961 stirbt Cuno Amiet im hohen Alter von 93 Jahren. Er hinterlässt ein Werk, das vermutlich mehr als 4000 Gemälde umfasst. Daneben hat er zahlreiche Aquarelle, Zeichnungen und Druckgraphiken sowie einige bildhauerische Arbeiten geschaffen.

Cuno Amiet zählt zu den Erneuerern der Schweizer Malerei um 1900. Anders als Ferdinand Hodler verarbeitet Amiet verschiedene ausländische Kunstströmungen der Moderne, wobei vor allem Van Gogh, Cézanne und die Künstler von Pont-Aven vorbildhaft sind. Seine vom Anekdotischen befreite Malerei wird durch die reine Farbe dominiert, die sich als Konstante durch die verschiedenen Entwicklungsphasen der langen Schaffenszeit zieht. Rund um die Themen vom in die Natur eingebetteten Menschen sind heitere, farbenfrohe Werke entstanden, deren Stil als "Fauvismus schweizerischer Prägung" (P. Wegmann) treffend umschrieben werden kann.

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