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Ken Lum, 1 Einträge

Ken Lum wird am 26. September 1956 als Sohn chinesischer Einwanderer in der Provinz British Columbia in Vancouver geboren. Es ist sein Grossvater, der 1908 auf der Suche nach einer beruflichen Zukunft und einer neuen kulturellen Identität aus China nach Kanada immigriert. Seine Kindheit verbringt Lum in Vancouvers Chinatown. Bereits im Rahmen der Primarschule entwirft er Spruchbänder und Plakate für Veranstaltungen und Feste, doch führen ihn soziale Umstände und die Notwendigkeit einer finanziellen Absicherung im Jahr 1974 zum Studium der Naturwissenschaften an die Simon-Fraser Universität in Vancouver. Mit der Aussicht auf einen Arbeitsplatz im Labor leitet ihn sein Weg wenige Jahre später zu seinem künstlerischen Interesse zurück, welches sich zudem durch Arbeiten als freischaffender Illustrator für die Bibliothek von Vancouver festigt. Noch immer als Student an der Universität, besucht Lum parallel private Kunstkurse und verwirklicht im Jahr 1978 seine erste Video-Performance „Entertainment for Surrey“. In einem Zeitraum von fünf Tagen hält sich Lum in den Morgenstunden am Seitenstreifen eines vielbefahrenen Highways auf und starrt auf den Fluss des Autoverkehrs. Zu dieser ersten vermerkten Arbeit wird der kanadische Künstler im in seinem künstlerischen Schaffen thematisch immer wieder zurückkehren. Es ist das Gewöhnliche, das Alltägliche und Banale in Bezug auf das persönliche Schicksal und die Hoffnungen vieler Immigranten auf eine sichere Zukunft, deren Aspekte Lum in seinen Arbeiten beständig thematisiert.

Von den Naturwissenschaften zur künstlerischen Praxis wechselnd, verfolgt Ken Lum in den späten 1970er Jahren weitere Kunstkurse und erfährt Unterricht bei dem international bekannten kanadischen Künstler Jeff Wall. Von Wall selbst wird hervorgehoben, dass sich Lum in den Jahren 1977 und 1978 als junger Biologiestudent sehr aufgeschlossen für die experimentelle Kunst zeigte und, dass dieser, typisch für Einwandererkinder, sich zuerst einem konformistischen Studiengang widmete. Dies scheint für Lum die erstmalige Begegnung mit der Form der konzeptuellen Kunst zu sein und so entschliesst er sich zu Beginn der 1980er Jahre, ein Kunststudium aufzunehmen. 1981 siedelt er von Vancouver nach New York über und besucht das Institut of Fine Arts der New York University, welches damals unter der Leitung des weltweit angesehenen Kunstprofessors Robert Rosenblum steht. Aufgrund gesundheitlicher Umstände seiner Mutter reist Lum jedoch ein Jahr später zurück nach Vancouver und schliesst sein Kunststudium 1985 an der Universität British Columbia ab.

Bereits seit Ende der 1970er Jahre beginnt der Künstler im internationalen Rahmen auszustellen. Zu seinen Arbeiten gehören komplexe Skulpturengruppen aus Möbeln oder auch Performances im öffentlichen Raum sowie fotografische Studioporträts mit Logos der Werbewelt, die teilweise mit undefinierbaren Schriften kombiniert sind. Lums Werke lassen sich von der Pop Art der 1950er und 1960er Jahre, der minimalistischen Kunst und nicht zuletzt von der Konzeptkunst leiten.
Neben den Inspirationen und Anlehnungen an unterschiedliche Kunstströmungen setzt sich der Künstler beständig, doch in verschiedensten Formen, mit dem sozialen System und seinen Torturen auseinander. Humorvoll doch stetig provokativ hinterfragt er die Grenzen zwischen der gesellschaftlich anerkannten Kunst und der Populärkultur. Das Alltägliche und die oftmals einflussreichen Strategien und Vorgehensweisen der Medien formen seine künstlerische Umsetzung, sodass sich vor allem Stilelemente der Werbung in seinen unterschiedlichen Plakatprojekten wiederfinden. Das Individuum in Form des Porträts sowie Schrift, Sprache, Zeichen und Symbole ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Werk. In diesem Zusammenspiel fungiert das Bild als komplexes narratives Medium und der Text öffnet weitere Interpretationsmöglichkeiten. Signalfarben und Grossbuchstaben setzen den Text in Szene und schildern den sichtlich verborgenen Gefühlszustand des Porträtierten. Eine direkte visuelle Aussage entsteht.

Durch die Lebensumstände und Erfahrungen als Kanadier mit chinesischen Wurzeln kommt in Lums Werken zudem der Stellung und Würdigung des Individuums in der heutigen Gesellschaft eine prägnante Rolle zu. Er entwickelt hierbei eine Faszination für den urbanen Raum, in welchem die Privatsphäre mit öffentlichen und kommerziellen Interessen konkurriert.

Die Benutzung von Schrift und Sprache erinnert seinen ehemaligen Lehrer Jeff Wall an frühe Kunstformen. Er sieht hierbei eine Parallele zu den dadaistischen Sprechopern eines Kurt Schwitters oder Raoul Hausmann. Diese Künstler befassten sich mit gestalterischen Möglichkeiten der Typografie, dem Sprechen oder auch der Tiersprache wie zum Beispiel dem Vogelgesang.

Ab den 1980er Jahren bekommen Lums Arbeiten weiteres Ansehen. Da die Fotografie in seinem Schaffen als neues Medium eine zentrale Position einnimmt, ist er eng mit der Gruppe der sogenannten „Vancouver School“ verbunden. Zu diesem Kreis von Künstlern, die sich gegenseitig inspirieren, zählen neben Jeff Wall auch Rodney Graham und Ian Wallace, welcher ebenfalls als Lehrer von Lum zu erwähnen ist.

Das Kunstmuseum Luzern widmet dem kanadischen Künstler 1991 eine Einzelausstellung. Diese macht zuvor Station in Kanada in der Winnipeg Art Gallery (1990) und der Vancouver Art Gallery (1991) sowie in den Niederlanden im Rotterdamer Center for Contemporary Art Witte de With (1991).

Der kanadische Künstler ist auch publizistisch tätig. Eine grosse Vielfalt an schriftlichen Aufsätzen entsteht, etwa über die kanadische Einwanderungspolitik, dies in Anlehnung und als Hommage an das Werk „Das Floss der Medusa“ des französischen Künstlers Théodore Géricault. Sein kuratorisches Wirken als Co-Kurator für die Sharjah Biennale der Arabischen Emirate oder als einer der Hauptsprecher der jährlichen CIMAM, des Internationalen Komitees für Museen und Kollektionen moderner Kunst, 2010 in Shanghai verdeutlicht zudem seine Präsenz in der internationalen Kunstszene. Ken Lums transdisziplinäres Schaffen findet sich nicht zuletzt in seinen Lehraufträgen wieder, wie an der Pariser École Nationale Supérieure des Beaux-Arts oder der Akademie der Bildenen Künste in München.

Jasmin Chanine
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