Hugo Suter, 3 Einträge
Hugo Suter, am 12. August 1943 in Aarau geboren, verbringt seine Kindheit und Schulzeit in Gränichen. Nach der Lehre als Tiefdruckretoucheur unterrichtet er von 1964 bis 1966 in der Zeichenlehrerklasse an der Kunstgewerbeschule in Zürich und absolviert anschliessend ein zweijähriges Praktikum im Atelier des Künstlers Bernhard Luginbühl in Mötschwil.
Zu Beginn der 1970er Jahre formiert sich in Aarau die Ateliergemeinschaft "Ziegelrain", in der Suter von 1968 bis 1974 neben Künstlern wie Heiner Kielholz, Max Matter, Markus Müller und Christian Rothacher arbeitet. In einer von Umbrüchen gekennzeichneten Zeit versteht sich die Gemeinschaft als ein mit neuen künstlerischen Konzepten experimentierendes Labor. Hugo Suter wendet sich in dieser Zeit von der Ölmalerei ab und widmet sich verschiedensten Medien, insbesondere Objekten, in denen er unterschiedliche Alltagsmaterialien so einsetzt und kombiniert, dass sie in ihrer ungewöhnlichen Zusammenstellung irritieren. Es entstehen Zeichnungen wie "Objekt" (KML 235y) und Arbeiten wie "Vogelhaus aus Holz" (KML 81.119x), deren zentrale Grundlage das Beobachten und Untersuchen bildet.
Mit dem Umzug an den Hallwylersee im Jahr 1972 eröffnet sich dem Künstler mit dem See ein neues Experimentierfeld. Zunächst ergründet Suter die topographischen Begebenheiten, studiert Landkarten, untersucht Hügel- und Seeformen und setzt die in der Natur gemachten Beobachtungen in Kunstwerke um. Der tägliche Blick auf das Wasser, dessen Oberfläche sich durch Wind, Lichteinfall oder Reflexionen stets verändert – die Flüchtigkeit des Augenblicks – fesselt Suter zusehends und beeinflusst fortan sein künstlerisches Schaffen. Die mit der Wahrnehmung bzw. dem Sehen in Verbindung stehenden Erfahrungen und Erlebnisse spielen dabei eine zentrale Rolle für bildgestalterische Fragestellungen. Mitte der 1970er Jahre findet Hugo Suter im Material Glas einen adäquaten Bildträger zur Umsetzung der vielfältigen Erscheinungsformen des Sees. Seine Zeichnungen überträgt er durch Ätzen oder Sandstrahlen auf das Glas oder bemalt es und bewirkt dadurch Veränderungen, einer Wasseroberfläche gleich kommend: Das Medium Glas widerspiegelt, wirkt stumpf oder transparent. Ebenso gewinnt das Verhältnis von Individuum, Raum und Kunstwerk an Bedeutung: Je nach Standort oder Bewegung des Individuums vor dem Objekt wechseln die wahrgenommenen Bilder; sie beginnen sich zu verschieben oder zu überlagern. Der Betrachter wird aktiver Teil der unterschiedlichen Lesarten einer Darstellung: Entschwindet in einem Moment ein Bild, erscheint im nächsten ein Neues. Die ständige Abfolge von sich auflösenden und neu entstehenden Sinneseindrücken schafft Übergänge, die wesentlicher Bestandteil von Suters Arbeiten sind.
In seinem Hauptwerk "Paravent" (Aargauer Kunsthaus, Aarau), das zwischen 1978 bis 1995 entsteht und aus 65 Teilen besteht, thematisiert der Künstler anhand der beobachteten und sich ständig verändernden Seefläche auf Fensterglas die Flüchtigkeit des Augenblicks sowie die Variabilität des Sehens – je nach Position der Betrachter und Betrachterinnen. Analog zur stetig wechselnden Wahrnehmung innerhalb eines Werkes ist die Tätigkeit des Künstlers einem konstanten kreativen Prozess ausgesetzt; die gewonnenen Erkenntnisse eines beendeten Objekts wecken Einfälle für ein weiteres. Anregungen erhält Hugo Suter zudem aus der Naturwissenschaft. Er beschäftigt sich mit Schriften von F.A. Forel, dem Begründer der Seenkunde (Limnologie), oder denjenigen von Jean Gebser, der sich mit der Aperspektive – verschiedene Bewusstseinsebenen haben ein gemeinsames Durchscheinen – auseinandersetzt. In einigen Arbeiten stellt Hugo Suter formale Bezüge zur Kunstgeschichte her. Insbesondere in seiner Installation "Wolf malte da eine Gegend" von 1987 (Aargauer Kunsthaus, Aarau) bezieht er sich auf den Maler Caspar Wolf, der in seinen alpinen Landschaften auch geologische Erkenntnisse ergründete. Ab 2000 befasst sich Hugo Suter mit seinen "Malerei"-Arbeiten, in denen er sich auf die Gattungen Stillleben, Bildnis und Landschaft beruft. Wiederum behandeln diese Kunstobjekte die Thematik des Sehens und wie die Betrachtenden das Gesehene in ihrer Vorstellung in ein Bild umwandeln. In einem Kasten stehen zwei Ebenen hintereinander: die hintere füllt er mit verschiedenen Materialien oder alltäglichen Gebrauchsgegenständen und die vordere zeigt in Glas geätzte Flecken oder teils mattes Glas. Bei der Betrachtung des Objekts fügen sich die Flecken im menschlichen Gehirn zu einem unscharfen, jedoch vertrauten Muster, zu einer Landschaft oder einem Blumenstillleben.
Hugo Suter, der bis heute am Hallwylersee wohnt, ergründet einfache Fragestellungen immer wieder von neuem und entwickelt sie unter dem Aspekt von wissenschaftlichem Forschen und bildnerischem Gestalten weiter. Die Motive wie auch die Gegenstände seiner Kunstwerke entnimmt er seiner unmittelbaren Umgebung. Die in den Objekten vor Augen geführte Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Wissen wie auch die Suggestionskraft der Malerei ziehen die Betrachter in Bann und versetzen sie in Staunen.
Barbara Hatebur
Zu Beginn der 1970er Jahre formiert sich in Aarau die Ateliergemeinschaft "Ziegelrain", in der Suter von 1968 bis 1974 neben Künstlern wie Heiner Kielholz, Max Matter, Markus Müller und Christian Rothacher arbeitet. In einer von Umbrüchen gekennzeichneten Zeit versteht sich die Gemeinschaft als ein mit neuen künstlerischen Konzepten experimentierendes Labor. Hugo Suter wendet sich in dieser Zeit von der Ölmalerei ab und widmet sich verschiedensten Medien, insbesondere Objekten, in denen er unterschiedliche Alltagsmaterialien so einsetzt und kombiniert, dass sie in ihrer ungewöhnlichen Zusammenstellung irritieren. Es entstehen Zeichnungen wie "Objekt" (KML 235y) und Arbeiten wie "Vogelhaus aus Holz" (KML 81.119x), deren zentrale Grundlage das Beobachten und Untersuchen bildet.
Mit dem Umzug an den Hallwylersee im Jahr 1972 eröffnet sich dem Künstler mit dem See ein neues Experimentierfeld. Zunächst ergründet Suter die topographischen Begebenheiten, studiert Landkarten, untersucht Hügel- und Seeformen und setzt die in der Natur gemachten Beobachtungen in Kunstwerke um. Der tägliche Blick auf das Wasser, dessen Oberfläche sich durch Wind, Lichteinfall oder Reflexionen stets verändert – die Flüchtigkeit des Augenblicks – fesselt Suter zusehends und beeinflusst fortan sein künstlerisches Schaffen. Die mit der Wahrnehmung bzw. dem Sehen in Verbindung stehenden Erfahrungen und Erlebnisse spielen dabei eine zentrale Rolle für bildgestalterische Fragestellungen. Mitte der 1970er Jahre findet Hugo Suter im Material Glas einen adäquaten Bildträger zur Umsetzung der vielfältigen Erscheinungsformen des Sees. Seine Zeichnungen überträgt er durch Ätzen oder Sandstrahlen auf das Glas oder bemalt es und bewirkt dadurch Veränderungen, einer Wasseroberfläche gleich kommend: Das Medium Glas widerspiegelt, wirkt stumpf oder transparent. Ebenso gewinnt das Verhältnis von Individuum, Raum und Kunstwerk an Bedeutung: Je nach Standort oder Bewegung des Individuums vor dem Objekt wechseln die wahrgenommenen Bilder; sie beginnen sich zu verschieben oder zu überlagern. Der Betrachter wird aktiver Teil der unterschiedlichen Lesarten einer Darstellung: Entschwindet in einem Moment ein Bild, erscheint im nächsten ein Neues. Die ständige Abfolge von sich auflösenden und neu entstehenden Sinneseindrücken schafft Übergänge, die wesentlicher Bestandteil von Suters Arbeiten sind.
In seinem Hauptwerk "Paravent" (Aargauer Kunsthaus, Aarau), das zwischen 1978 bis 1995 entsteht und aus 65 Teilen besteht, thematisiert der Künstler anhand der beobachteten und sich ständig verändernden Seefläche auf Fensterglas die Flüchtigkeit des Augenblicks sowie die Variabilität des Sehens – je nach Position der Betrachter und Betrachterinnen. Analog zur stetig wechselnden Wahrnehmung innerhalb eines Werkes ist die Tätigkeit des Künstlers einem konstanten kreativen Prozess ausgesetzt; die gewonnenen Erkenntnisse eines beendeten Objekts wecken Einfälle für ein weiteres. Anregungen erhält Hugo Suter zudem aus der Naturwissenschaft. Er beschäftigt sich mit Schriften von F.A. Forel, dem Begründer der Seenkunde (Limnologie), oder denjenigen von Jean Gebser, der sich mit der Aperspektive – verschiedene Bewusstseinsebenen haben ein gemeinsames Durchscheinen – auseinandersetzt. In einigen Arbeiten stellt Hugo Suter formale Bezüge zur Kunstgeschichte her. Insbesondere in seiner Installation "Wolf malte da eine Gegend" von 1987 (Aargauer Kunsthaus, Aarau) bezieht er sich auf den Maler Caspar Wolf, der in seinen alpinen Landschaften auch geologische Erkenntnisse ergründete. Ab 2000 befasst sich Hugo Suter mit seinen "Malerei"-Arbeiten, in denen er sich auf die Gattungen Stillleben, Bildnis und Landschaft beruft. Wiederum behandeln diese Kunstobjekte die Thematik des Sehens und wie die Betrachtenden das Gesehene in ihrer Vorstellung in ein Bild umwandeln. In einem Kasten stehen zwei Ebenen hintereinander: die hintere füllt er mit verschiedenen Materialien oder alltäglichen Gebrauchsgegenständen und die vordere zeigt in Glas geätzte Flecken oder teils mattes Glas. Bei der Betrachtung des Objekts fügen sich die Flecken im menschlichen Gehirn zu einem unscharfen, jedoch vertrauten Muster, zu einer Landschaft oder einem Blumenstillleben.
Hugo Suter, der bis heute am Hallwylersee wohnt, ergründet einfache Fragestellungen immer wieder von neuem und entwickelt sie unter dem Aspekt von wissenschaftlichem Forschen und bildnerischem Gestalten weiter. Die Motive wie auch die Gegenstände seiner Kunstwerke entnimmt er seiner unmittelbaren Umgebung. Die in den Objekten vor Augen geführte Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Wissen wie auch die Suggestionskraft der Malerei ziehen die Betrachter in Bann und versetzen sie in Staunen.
Barbara Hatebur